Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.62. Das Sehn hat man umsonst, wenn nicht das Sprichwort lügt; Verlust ist beim Besitz: wohl, dem das Sehn genügt! Doch sagt ein andres Wort! Vom Sehn wird man nicht satt; Wohl dem, der vieles sieht, und etwas eignes hat! 63. In jeder neuen Lag' ist freilich etwas schlimmer Als in der alten, doch auch etwas besser immer. Soll dir die neue Lag' erträglich seyn, so schlag Das Beßre richtig an, das Schlimmre still ertrag. 64. Sind wir zum Lebensmahl berufen, um zu fasten? O nein! da wäre schlimm bei unserm Wirthe gasten. Zum Fasten lud uns nicht der Herr zu seinem Feste,
Er freut sich, daß des Mahls sich freuen seine Gäste. 62. Das Sehn hat man umſonſt, wenn nicht das Sprichwort luͤgt; Verluſt iſt beim Beſitz: wohl, dem das Sehn genuͤgt! Doch ſagt ein andres Wort! Vom Sehn wird man nicht ſatt; Wohl dem, der vieles ſieht, und etwas eignes hat! 63. In jeder neuen Lag' iſt freilich etwas ſchlimmer Als in der alten, doch auch etwas beſſer immer. Soll dir die neue Lag' ertraͤglich ſeyn, ſo ſchlag Das Beßre richtig an, das Schlimmre ſtill ertrag. 64. Sind wir zum Lebensmahl berufen, um zu faſten? O nein! da waͤre ſchlimm bei unſerm Wirthe gaſten. Zum Faſten lud uns nicht der Herr zu ſeinem Feſte,
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62.
Das Sehn hat man umſonſt, wenn nicht das Sprichwort luͤgt;
Verluſt iſt beim Beſitz: wohl, dem das Sehn genuͤgt!
Doch ſagt ein andres Wort! Vom Sehn wird man nicht ſatt;
Wohl dem, der vieles ſieht, und etwas eignes hat!
63.
In jeder neuen Lag' iſt freilich etwas ſchlimmer
Als in der alten, doch auch etwas beſſer immer.
Soll dir die neue Lag' ertraͤglich ſeyn, ſo ſchlag
Das Beßre richtig an, das Schlimmre ſtill ertrag.
64.
Sind wir zum Lebensmahl berufen, um zu faſten?
O nein! da waͤre ſchlimm bei unſerm Wirthe gaſten.
Zum Faſten lud uns nicht der Herr zu ſeinem Feſte,
Er freut ſich, daß des Mahls ſich freuen ſeine Gaͤſte.
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