Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
57.
O klage nicht, mein Herz, daß dir zu spät nun kommen
Der Liebe Zeichen, da die Jugend dir verglommen.
Ja, wär' es Gold und Gut, und Würd' und Wohlbehagen,
So möchtest du, daß nun zu spät es komme, klagen.
Bald lassen müßtest du zurück dis Hausgeräth;
Doch was hinüber du mitnimmst, kommt nicht zu spät.

58.
Mein Meister (in der Brust genannt mit Andacht sei er)
Sprach auch: Melodisch klingt die durchgespielte Leier.
Er sprach es sich zum Trost und zur Beruhigung,
Weil er so schön noch spielt' und war schon alt genung.
Auch mir erzittert, und er sprachs auch mir zum Trost,
Die Brust von anderm Schaur als von des Alters Frost.
Der Geist, der mir dis Spiel besaitet, laß es zittern
Noch froh in seinem Hauch, bis es daran wird splittern.

57.
O klage nicht, mein Herz, daß dir zu ſpaͤt nun kommen
Der Liebe Zeichen, da die Jugend dir verglommen.
Ja, waͤr' es Gold und Gut, und Wuͤrd' und Wohlbehagen,
So moͤchteſt du, daß nun zu ſpaͤt es komme, klagen.
Bald laſſen muͤßteſt du zuruͤck dis Hausgeraͤth;
Doch was hinuͤber du mitnimmſt, kommt nicht zu ſpaͤt.

58.
Mein Meiſter (in der Bruſt genannt mit Andacht ſei er)
Sprach auch: Melodiſch klingt die durchgeſpielte Leier.
Er ſprach es ſich zum Troſt und zur Beruhigung,
Weil er ſo ſchoͤn noch ſpielt' und war ſchon alt genung.
Auch mir erzittert, und er ſprachs auch mir zum Troſt,
Die Bruſt von anderm Schaur als von des Alters Froſt.
Der Geiſt, der mir dis Spiel beſaitet, laß es zittern
Noch froh in ſeinem Hauch, bis es daran wird ſplittern.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0243" n="233"/>
        <div n="2">
          <head>57.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>O klage nicht, mein Herz, daß dir zu &#x017F;pa&#x0364;t nun kommen</l><lb/>
              <l>Der Liebe Zeichen, da die Jugend dir verglommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ja, wa&#x0364;r' es Gold und Gut, und Wu&#x0364;rd' und Wohlbehagen,</l><lb/>
              <l>So mo&#x0364;chte&#x017F;t du, daß nun zu &#x017F;pa&#x0364;t es komme, klagen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Bald la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;ßte&#x017F;t du zuru&#x0364;ck dis Hausgera&#x0364;th;</l><lb/>
              <l>Doch was hinu&#x0364;ber du mitnimm&#x017F;t, kommt nicht zu &#x017F;pa&#x0364;t.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>58.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Mein Mei&#x017F;ter (in der Bru&#x017F;t genannt mit Andacht &#x017F;ei er)</l><lb/>
              <l>Sprach auch: Melodi&#x017F;ch klingt die durchge&#x017F;pielte Leier.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Er &#x017F;prach es &#x017F;ich zum Tro&#x017F;t und zur Beruhigung,</l><lb/>
              <l>Weil er &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n noch &#x017F;pielt' und war &#x017F;chon alt genung.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Auch mir erzittert, und er &#x017F;prachs auch mir zum Tro&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Die Bru&#x017F;t von anderm Schaur als von des Alters Fro&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Gei&#x017F;t, der mir dis Spiel be&#x017F;aitet, laß es zittern</l><lb/>
              <l>Noch froh in &#x017F;einem Hauch, bis es daran wird &#x017F;plittern.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0243] 57. O klage nicht, mein Herz, daß dir zu ſpaͤt nun kommen Der Liebe Zeichen, da die Jugend dir verglommen. Ja, waͤr' es Gold und Gut, und Wuͤrd' und Wohlbehagen, So moͤchteſt du, daß nun zu ſpaͤt es komme, klagen. Bald laſſen muͤßteſt du zuruͤck dis Hausgeraͤth; Doch was hinuͤber du mitnimmſt, kommt nicht zu ſpaͤt. 58. Mein Meiſter (in der Bruſt genannt mit Andacht ſei er) Sprach auch: Melodiſch klingt die durchgeſpielte Leier. Er ſprach es ſich zum Troſt und zur Beruhigung, Weil er ſo ſchoͤn noch ſpielt' und war ſchon alt genung. Auch mir erzittert, und er ſprachs auch mir zum Troſt, Die Bruſt von anderm Schaur als von des Alters Froſt. Der Geiſt, der mir dis Spiel beſaitet, laß es zittern Noch froh in ſeinem Hauch, bis es daran wird ſplittern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/243
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/243>, abgerufen am 23.11.2024.