Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.Erheb mit deinem Blick und stütze, wie die Ranken Des Baumes, thauschwer sich aufrichtende Gedanken. Die Wünsch' und Hoffnungen, die Vorsätz' und Entschlüsse, Beleb', erfrische, stärk' und zieh wie Sommerschüsse. Gib allen Knospen, daß sie sich zur Blüt' entfalten, Und allen Blumen, daß sie sich nach dir gestalten. Und allen Herzen gib, nach Blumenart zu wandeln, Unwandelbar zum Licht gewandt, im Licht zu wandeln. Das ist das Frühgebet, das wir dir tragen vor; Trag es empor zu dir, und über dich empor! Denn als ein Mittler gehst du durch der Schöpfung Mitte, Zu bringen Oberen der untern Wesen Bitte. Bring zu der Sonne sie, die dich am Faden leitet, Daß die sie bringe der, in deren Dienst sie schreitet. Der goldne Eimer reicht von immer höhern Sonnen Zu immer höhern bis zum höchsten Sonnenbronnen. Dort füllt ihr mit dem Thau den Eimer, der uns letzt; Dorthin, mit Dank gefüllt, tragt mir den leeren jetzt! Erheb mit deinem Blick und ſtuͤtze, wie die Ranken Des Baumes, thauſchwer ſich aufrichtende Gedanken. Die Wuͤnſch' und Hoffnungen, die Vorſaͤtz' und Entſchluͤſſe, Beleb', erfriſche, ſtaͤrk' und zieh wie Sommerſchuͤſſe. Gib allen Knoſpen, daß ſie ſich zur Bluͤt' entfalten, Und allen Blumen, daß ſie ſich nach dir geſtalten. Und allen Herzen gib, nach Blumenart zu wandeln, Unwandelbar zum Licht gewandt, im Licht zu wandeln. Das iſt das Fruͤhgebet, das wir dir tragen vor; Trag es empor zu dir, und uͤber dich empor! Denn als ein Mittler gehſt du durch der Schoͤpfung Mitte, Zu bringen Oberen der untern Weſen Bitte. Bring zu der Sonne ſie, die dich am Faden leitet, Daß die ſie bringe der, in deren Dienſt ſie ſchreitet. Der goldne Eimer reicht von immer hoͤhern Sonnen Zu immer hoͤhern bis zum hoͤchſten Sonnenbronnen. Dort fuͤllt ihr mit dem Thau den Eimer, der uns letzt; Dorthin, mit Dank gefuͤllt, tragt mir den leeren jetzt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0232" n="222"/> </l> <lg n="9"> <l>Erheb mit deinem Blick und ſtuͤtze, wie die Ranken</l><lb/> <l>Des Baumes, thauſchwer ſich aufrichtende Gedanken.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Die Wuͤnſch' und Hoffnungen, die Vorſaͤtz' und Entſchluͤſſe,</l><lb/> <l>Beleb', erfriſche, ſtaͤrk' und zieh wie Sommerſchuͤſſe.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Gib allen Knoſpen, daß ſie ſich zur Bluͤt' entfalten,</l><lb/> <l>Und allen Blumen, daß ſie ſich nach dir geſtalten.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Und allen Herzen gib, nach Blumenart zu wandeln,</l><lb/> <l>Unwandelbar zum Licht gewandt, im Licht zu wandeln.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Das iſt das Fruͤhgebet, das wir dir tragen vor;</l><lb/> <l>Trag es empor zu dir, und uͤber dich empor!</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Denn als ein Mittler gehſt du durch der Schoͤpfung Mitte,</l><lb/> <l>Zu bringen Oberen der untern Weſen Bitte.</l> </lg><lb/> <lg n="15"> <l>Bring zu der Sonne ſie, die dich am Faden leitet,</l><lb/> <l>Daß die ſie bringe der, in deren Dienſt ſie ſchreitet.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Der goldne Eimer reicht von immer hoͤhern Sonnen</l><lb/> <l>Zu immer hoͤhern bis zum hoͤchſten Sonnenbronnen.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Dort fuͤllt ihr mit dem Thau den Eimer, der uns letzt;</l><lb/> <l>Dorthin, mit Dank gefuͤllt, tragt mir den leeren jetzt!</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [222/0232]
Erheb mit deinem Blick und ſtuͤtze, wie die Ranken
Des Baumes, thauſchwer ſich aufrichtende Gedanken.
Die Wuͤnſch' und Hoffnungen, die Vorſaͤtz' und Entſchluͤſſe,
Beleb', erfriſche, ſtaͤrk' und zieh wie Sommerſchuͤſſe.
Gib allen Knoſpen, daß ſie ſich zur Bluͤt' entfalten,
Und allen Blumen, daß ſie ſich nach dir geſtalten.
Und allen Herzen gib, nach Blumenart zu wandeln,
Unwandelbar zum Licht gewandt, im Licht zu wandeln.
Das iſt das Fruͤhgebet, das wir dir tragen vor;
Trag es empor zu dir, und uͤber dich empor!
Denn als ein Mittler gehſt du durch der Schoͤpfung Mitte,
Zu bringen Oberen der untern Weſen Bitte.
Bring zu der Sonne ſie, die dich am Faden leitet,
Daß die ſie bringe der, in deren Dienſt ſie ſchreitet.
Der goldne Eimer reicht von immer hoͤhern Sonnen
Zu immer hoͤhern bis zum hoͤchſten Sonnenbronnen.
Dort fuͤllt ihr mit dem Thau den Eimer, der uns letzt;
Dorthin, mit Dank gefuͤllt, tragt mir den leeren jetzt!
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