Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.34. Es ist ein heil'ger Brauch, im reinen Gartenraum Bei deines Sohns Geburt zu pflanzen einen Baum. So ähnlich ist der Trieb des Menschen und der Pflanze, Und so verschieden auch, wie Blatt und Blatt am Kranze. Das zarte Reis kann nur durch Jahresgunst gedeihn, Und nur durch Himmelsgunst gedeiht ein Kind allein. Der Baum, gepflanzt, erwächst dir ohne weitre Mühn; Nicht sonder Sorge wirst du sehn den Sohn erblühn. Wenn du ihn biegen willst, so biege fein den jungen; Das ist vom Baum sowohl wie von dem Sohn gesungen. Der Baum zu seiner Zeit trägt seine Frucht für dich; Dein Sohn trägt seine Frucht, wenn er sie trägt, für sich. Doch seine Frucht zu sehn, macht Freuden dich ersatten, Und einst zufrieden schläfst du ein in seinem Schatten. 34. Es iſt ein heil'ger Brauch, im reinen Gartenraum Bei deines Sohns Geburt zu pflanzen einen Baum. So aͤhnlich iſt der Trieb des Menſchen und der Pflanze, Und ſo verſchieden auch, wie Blatt und Blatt am Kranze. Das zarte Reis kann nur durch Jahresgunſt gedeihn, Und nur durch Himmelsgunſt gedeiht ein Kind allein. Der Baum, gepflanzt, erwaͤchſt dir ohne weitre Muͤhn; Nicht ſonder Sorge wirſt du ſehn den Sohn erbluͤhn. Wenn du ihn biegen willſt, ſo biege fein den jungen; Das iſt vom Baum ſowohl wie von dem Sohn geſungen. Der Baum zu ſeiner Zeit traͤgt ſeine Frucht fuͤr dich; Dein Sohn traͤgt ſeine Frucht, wenn er ſie traͤgt, fuͤr ſich. Doch ſeine Frucht zu ſehn, macht Freuden dich erſatten, Und einſt zufrieden ſchlaͤfſt du ein in ſeinem Schatten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0041" n="31"/> <div n="2"> <head>34.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es iſt ein heil'ger Brauch, im reinen Gartenraum</l><lb/> <l>Bei deines Sohns Geburt zu pflanzen einen Baum.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>So aͤhnlich iſt der Trieb des Menſchen und der Pflanze,</l><lb/> <l>Und ſo verſchieden auch, wie Blatt und Blatt am Kranze.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Das zarte Reis kann nur durch Jahresgunſt gedeihn,</l><lb/> <l>Und nur durch Himmelsgunſt gedeiht ein Kind allein.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Baum, gepflanzt, erwaͤchſt dir ohne weitre Muͤhn;</l><lb/> <l>Nicht ſonder Sorge wirſt du ſehn den Sohn erbluͤhn.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wenn du ihn biegen willſt, ſo biege fein den jungen;</l><lb/> <l>Das iſt vom Baum ſowohl wie von dem Sohn geſungen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Baum zu ſeiner Zeit traͤgt ſeine Frucht fuͤr dich;</l><lb/> <l>Dein Sohn traͤgt ſeine Frucht, wenn er ſie traͤgt, fuͤr ſich.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Doch ſeine Frucht zu ſehn, macht Freuden dich erſatten,</l><lb/> <l>Und einſt zufrieden ſchlaͤfſt du ein in ſeinem Schatten.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
34.
Es iſt ein heil'ger Brauch, im reinen Gartenraum
Bei deines Sohns Geburt zu pflanzen einen Baum.
So aͤhnlich iſt der Trieb des Menſchen und der Pflanze,
Und ſo verſchieden auch, wie Blatt und Blatt am Kranze.
Das zarte Reis kann nur durch Jahresgunſt gedeihn,
Und nur durch Himmelsgunſt gedeiht ein Kind allein.
Der Baum, gepflanzt, erwaͤchſt dir ohne weitre Muͤhn;
Nicht ſonder Sorge wirſt du ſehn den Sohn erbluͤhn.
Wenn du ihn biegen willſt, ſo biege fein den jungen;
Das iſt vom Baum ſowohl wie von dem Sohn geſungen.
Der Baum zu ſeiner Zeit traͤgt ſeine Frucht fuͤr dich;
Dein Sohn traͤgt ſeine Frucht, wenn er ſie traͤgt, fuͤr ſich.
Doch ſeine Frucht zu ſehn, macht Freuden dich erſatten,
Und einſt zufrieden ſchlaͤfſt du ein in ſeinem Schatten.
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