Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.54. Ich habe nun genug die Fluren mir beschaut, Und mich an Blumenschrift nach meinem Sinn erbaut. Ich suche schönere nicht mehr im Erdenreich, Denn alle Fluren sehn in Einem doch sich gleich. O buntes Einerlei, statt deiner möcht' ich Auen Einmal ganz andre mit ganz andern Augen schauen. 55. Der Vogel, der wie sonst sein Abendlied mir bringt, O wie so eigen heut es mir zu Herzen klingt. Was ist es? er hat heut nicht einen von den Tagen, Den letzten Sommertag hat er zu Grab zu tragen. Die gute Nacht ist, die mir bietet sein Gesang, Auf keine kurze Nacht, auf einen Winter lang. 54. Ich habe nun genug die Fluren mir beſchaut, Und mich an Blumenſchrift nach meinem Sinn erbaut. Ich ſuche ſchoͤnere nicht mehr im Erdenreich, Denn alle Fluren ſehn in Einem doch ſich gleich. O buntes Einerlei, ſtatt deiner moͤcht' ich Auen Einmal ganz andre mit ganz andern Augen ſchauen. 55. Der Vogel, der wie ſonſt ſein Abendlied mir bringt, O wie ſo eigen heut es mir zu Herzen klingt. Was iſt es? er hat heut nicht einen von den Tagen, Den letzten Sommertag hat er zu Grab zu tragen. Die gute Nacht iſt, die mir bietet ſein Geſang, Auf keine kurze Nacht, auf einen Winter lang. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0185" n="175"/> <div n="2"> <head>54.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich habe nun genug die Fluren mir beſchaut,</l><lb/> <l>Und mich an Blumenſchrift nach meinem Sinn erbaut.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ich ſuche ſchoͤnere nicht mehr im Erdenreich,</l><lb/> <l>Denn alle Fluren ſehn in Einem doch ſich gleich.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>O buntes Einerlei, ſtatt deiner moͤcht' ich Auen</l><lb/> <l>Einmal ganz andre mit ganz andern Augen ſchauen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>55.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Vogel, der wie ſonſt ſein Abendlied mir bringt,</l><lb/> <l>O wie ſo eigen heut es mir zu Herzen klingt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Was iſt es? er hat heut nicht einen von den Tagen,</l><lb/> <l>Den letzten Sommertag hat er zu Grab zu tragen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die gute Nacht iſt, die mir bietet ſein Geſang,</l><lb/> <l>Auf keine kurze Nacht, auf einen Winter lang.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [175/0185]
54.
Ich habe nun genug die Fluren mir beſchaut,
Und mich an Blumenſchrift nach meinem Sinn erbaut.
Ich ſuche ſchoͤnere nicht mehr im Erdenreich,
Denn alle Fluren ſehn in Einem doch ſich gleich.
O buntes Einerlei, ſtatt deiner moͤcht' ich Auen
Einmal ganz andre mit ganz andern Augen ſchauen.
55.
Der Vogel, der wie ſonſt ſein Abendlied mir bringt,
O wie ſo eigen heut es mir zu Herzen klingt.
Was iſt es? er hat heut nicht einen von den Tagen,
Den letzten Sommertag hat er zu Grab zu tragen.
Die gute Nacht iſt, die mir bietet ſein Geſang,
Auf keine kurze Nacht, auf einen Winter lang.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/185>, abgerufen am 25.07.2024. |