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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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überschätzt! Oft fürcht' ich, unsere Kinder sind
zu glücklich für die Zeit, in welche ihr Leben fiel --
aber wenn ich die Einfalt des Herzens, die De-
muth sehe, womit sie es genießen, die liebende
Theilnahme an jedem fremden Elend, so bin ich
getröstet, und freue mich ruhig des Sonnenlichtes,
von welchem dies Fleckchen Erde beglänzt ist, auf
welchem wir wohnen, während ein anderer Theil
von fürchterlichen Wettern umzogen ist. Lebe
wohl, Emma!



Fünf und siebenzigster Brief.

Wie ich es gemacht, unsere Kinder so vor Leicht-
sinn und Launen, dem gewöhnlichsten weiblichen
Seelenfieber, zu bewahren? Ob ich etwas Positives
dazu gethan, weiß ich nicht. Nur das weiß ich,
daß ich die Mütter sehr im Jrrthum glaube, die
diese Krankheiten an ihren Töchtern für unbedeu-
tend halten. So wie sie aus bösen Wurzeln ent-
springen, tragen sie auch böse schädliche Früchte.



überſchätzt! Oft fürcht’ ich, unſere Kinder ſind
zu glücklich für die Zeit, in welche ihr Leben fiel —
aber wenn ich die Einfalt des Herzens, die De-
muth ſehe, womit ſie es genießen, die liebende
Theilnahme an jedem fremden Elend, ſo bin ich
getröſtet, und freue mich ruhig des Sonnenlichtes,
von welchem dies Fleckchen Erde beglänzt iſt, auf
welchem wir wohnen, während ein anderer Theil
von fürchterlichen Wettern umzogen iſt. Lebe
wohl, Emma!



Fünf und ſiebenzigſter Brief.

Wie ich es gemacht, unſere Kinder ſo vor Leicht-
ſinn und Launen, dem gewöhnlichſten weiblichen
Seelenfieber, zu bewahren? Ob ich etwas Poſitives
dazu gethan, weiß ich nicht. Nur das weiß ich,
daß ich die Mütter ſehr im Jrrthum glaube, die
dieſe Krankheiten an ihren Töchtern für unbedeu-
tend halten. So wie ſie aus böſen Wurzeln ent-
ſpringen, tragen ſie auch böſe ſchädliche Früchte.

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[277/0285] überſchätzt! Oft fürcht’ ich, unſere Kinder ſind zu glücklich für die Zeit, in welche ihr Leben fiel — aber wenn ich die Einfalt des Herzens, die De- muth ſehe, womit ſie es genießen, die liebende Theilnahme an jedem fremden Elend, ſo bin ich getröſtet, und freue mich ruhig des Sonnenlichtes, von welchem dies Fleckchen Erde beglänzt iſt, auf welchem wir wohnen, während ein anderer Theil von fürchterlichen Wettern umzogen iſt. Lebe wohl, Emma! Fünf und ſiebenzigſter Brief. Wie ich es gemacht, unſere Kinder ſo vor Leicht- ſinn und Launen, dem gewöhnlichſten weiblichen Seelenfieber, zu bewahren? Ob ich etwas Poſitives dazu gethan, weiß ich nicht. Nur das weiß ich, daß ich die Mütter ſehr im Jrrthum glaube, die dieſe Krankheiten an ihren Töchtern für unbedeu- tend halten. So wie ſie aus böſen Wurzeln ent- ſpringen, tragen ſie auch böſe ſchädliche Früchte.

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/285>, abgerufen am 24.11.2024.