Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.sahen sie bedeutend an. Hertha schlug sich mit der Hand auf den Mund, und sagte, da! das war dafür. So komisch aber diese Büßung war, so ernsthaft haben sie und die andern seitdem solche Worte vermieden. Unsere Mädchen lernen also recht im Ernst Erziehen. Seraphine nennt schon alle mit Namen. Mich *) Jch habe eine Madonna, die ihrer verstorbenen Mutter
viel ähnlich sieht, die habe ich gegenüber ihr Bettchen gehängt. ſahen ſie bedeutend an. Hertha ſchlug ſich mit der Hand auf den Mund, und ſagte, da! das war dafür. So komiſch aber dieſe Büßung war, ſo ernſthaft haben ſie und die andern ſeitdem ſolche Worte vermieden. Unſere Mädchen lernen alſo recht im Ernſt Erziehen. Seraphine nennt ſchon alle mit Namen. Mich *) Jch habe eine Madonna, die ihrer verſtorbenen Mutter
viel ähnlich ſieht, die habe ich gegenüber ihr Bettchen gehängt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="206"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſahen ſie bedeutend an. Hertha ſchlug ſich mit der<lb/> Hand auf den Mund, und ſagte, da! das war<lb/> dafür. So komiſch aber dieſe Büßung war, ſo<lb/> ernſthaft haben ſie und die andern ſeitdem ſolche<lb/> Worte vermieden. Unſere Mädchen lernen alſo<lb/> recht im Ernſt Erziehen.</p><lb/> <p>Seraphine nennt ſchon alle mit Namen. Mich<lb/> hat ſie ſeit den erſten Tagen Mutter geheißen.<lb/> Den Bruno nennt ſie Buo. Das Kind blühet und<lb/> gedeihet in unſerer Pflege recht ſichtbarlich. Aber<lb/> wir leben auch faſt immer im Freien mit ihr. Jede<lb/> Lehrſtunde die im Gartenhäuschen genommen wer-<lb/> den kann, nehmen wir da. Und wenn die Kin-<lb/> der alle beſchäftigt ſind, fährt die Liſel Seraphine<lb/> im kleinen Wagen, oder ſie kriecht und läuft auf<lb/> dem Grasplatze vor mir herum. Oder ſie ſieht,<lb/> auf meinem Schooße ſitzend, Bilder. Alle Frauen<lb/> auf den Bildern nennt ſie Mutter <note place="foot" n="*)">Jch habe eine Madonna, die ihrer verſtorbenen Mutter<lb/> viel ähnlich ſieht, die habe ich gegenüber ihr Bettchen gehängt.</note>, alle kleine<lb/> Kinder Seraphine, und alle männliche Figuren<lb/> groß und klein heißt ſie Buo. Alle Vögel ohne<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0214]
ſahen ſie bedeutend an. Hertha ſchlug ſich mit der
Hand auf den Mund, und ſagte, da! das war
dafür. So komiſch aber dieſe Büßung war, ſo
ernſthaft haben ſie und die andern ſeitdem ſolche
Worte vermieden. Unſere Mädchen lernen alſo
recht im Ernſt Erziehen.
Seraphine nennt ſchon alle mit Namen. Mich
hat ſie ſeit den erſten Tagen Mutter geheißen.
Den Bruno nennt ſie Buo. Das Kind blühet und
gedeihet in unſerer Pflege recht ſichtbarlich. Aber
wir leben auch faſt immer im Freien mit ihr. Jede
Lehrſtunde die im Gartenhäuschen genommen wer-
den kann, nehmen wir da. Und wenn die Kin-
der alle beſchäftigt ſind, fährt die Liſel Seraphine
im kleinen Wagen, oder ſie kriecht und läuft auf
dem Grasplatze vor mir herum. Oder ſie ſieht,
auf meinem Schooße ſitzend, Bilder. Alle Frauen
auf den Bildern nennt ſie Mutter *), alle kleine
Kinder Seraphine, und alle männliche Figuren
groß und klein heißt ſie Buo. Alle Vögel ohne
*) Jch habe eine Madonna, die ihrer verſtorbenen Mutter
viel ähnlich ſieht, die habe ich gegenüber ihr Bettchen gehängt.
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Zitationshilfe: | Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/214>, abgerufen am 24.07.2024. |