Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

unser liebes Neuenburg veröden! Wie schwer
wird uns der Abschied werden! Lebe wohl.



Sechs und fünfzigster Brief.

Zum ersten Male also schreibe ich Dir aus die-
sem Zauberlande, dem Lande meiner Sehnsucht,
wohin sich von frühem an alle meine kindlichen
Wünsche gewendet. Am Bodensee weilten wir
vierzehen Tage, und genoßen der ganzen Herrlich-
keit, von da gingen wir nach Schafhausen. Wie
der donnernde Rheinfall mit seiner Erhabenheit
uns ergriff -- wie die Kinder beim Anblick der
Himmelstürmenden Riesenberge vor Freude jauchz-
ten. Und wie die ganze Reise von da bis Zürich,
und von Zürich bis Bern und endlich bis Genf,
von wo ich Dir schreibe, nur ein Moment des
höchsten Genusses schien. Das alles werden der
Kinder Briefe Dir sagen. Noch sind wir hier alle
beisammen. Die Männer streifen täglich herum,
und ersteigen alle erreichbaren Gipfel. Jch mit
meinem Häuflein habe mich hier schon häuslich ein-

unſer liebes Neuenburg veröden! Wie ſchwer
wird uns der Abſchied werden! Lebe wohl.



Sechs und fünfzigſter Brief.

Zum erſten Male alſo ſchreibe ich Dir aus die-
ſem Zauberlande, dem Lande meiner Sehnſucht,
wohin ſich von frühem an alle meine kindlichen
Wünſche gewendet. Am Bodenſee weilten wir
vierzehen Tage, und genoßen der ganzen Herrlich-
keit, von da gingen wir nach Schafhauſen. Wie
der donnernde Rheinfall mit ſeiner Erhabenheit
uns ergriff — wie die Kinder beim Anblick der
Himmelſtürmenden Rieſenberge vor Freude jauchz-
ten. Und wie die ganze Reiſe von da bis Zürich,
und von Zürich bis Bern und endlich bis Genf,
von wo ich Dir ſchreibe, nur ein Moment des
höchſten Genuſſes ſchien. Das alles werden der
Kinder Briefe Dir ſagen. Noch ſind wir hier alle
beiſammen. Die Männer ſtreifen täglich herum,
und erſteigen alle erreichbaren Gipfel. Jch mit
meinem Häuflein habe mich hier ſchon häuslich ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0141" n="133"/>
un&#x017F;er liebes Neuenburg veröden! Wie &#x017F;chwer<lb/>
wird uns der Ab&#x017F;chied werden! Lebe wohl.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Sechs und fünfzig&#x017F;ter Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Zum er&#x017F;ten Male al&#x017F;o &#x017F;chreibe ich Dir aus die-<lb/>
&#x017F;em Zauberlande, dem Lande meiner Sehn&#x017F;ucht,<lb/>
wohin &#x017F;ich von frühem an alle meine kindlichen<lb/>
Wün&#x017F;che gewendet. Am Boden&#x017F;ee weilten wir<lb/>
vierzehen Tage, und genoßen der ganzen Herrlich-<lb/>
keit, von da gingen wir nach Schafhau&#x017F;en. Wie<lb/>
der donnernde Rheinfall mit &#x017F;einer Erhabenheit<lb/>
uns ergriff &#x2014; wie die Kinder beim Anblick der<lb/>
Himmel&#x017F;türmenden Rie&#x017F;enberge vor Freude jauchz-<lb/>
ten. Und wie die ganze Rei&#x017F;e von da bis Zürich,<lb/>
und von Zürich bis Bern und endlich bis Genf,<lb/>
von wo ich Dir &#x017F;chreibe, nur ein Moment des<lb/>
höch&#x017F;ten Genu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;chien. Das alles werden der<lb/>
Kinder Briefe Dir &#x017F;agen. Noch &#x017F;ind wir hier alle<lb/>
bei&#x017F;ammen. Die Männer &#x017F;treifen täglich herum,<lb/>
und er&#x017F;teigen alle erreichbaren Gipfel. Jch mit<lb/>
meinem Häuflein habe mich hier &#x017F;chon häuslich ein-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0141] unſer liebes Neuenburg veröden! Wie ſchwer wird uns der Abſchied werden! Lebe wohl. Sechs und fünfzigſter Brief. Zum erſten Male alſo ſchreibe ich Dir aus die- ſem Zauberlande, dem Lande meiner Sehnſucht, wohin ſich von frühem an alle meine kindlichen Wünſche gewendet. Am Bodenſee weilten wir vierzehen Tage, und genoßen der ganzen Herrlich- keit, von da gingen wir nach Schafhauſen. Wie der donnernde Rheinfall mit ſeiner Erhabenheit uns ergriff — wie die Kinder beim Anblick der Himmelſtürmenden Rieſenberge vor Freude jauchz- ten. Und wie die ganze Reiſe von da bis Zürich, und von Zürich bis Bern und endlich bis Genf, von wo ich Dir ſchreibe, nur ein Moment des höchſten Genuſſes ſchien. Das alles werden der Kinder Briefe Dir ſagen. Noch ſind wir hier alle beiſammen. Die Männer ſtreifen täglich herum, und erſteigen alle erreichbaren Gipfel. Jch mit meinem Häuflein habe mich hier ſchon häuslich ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/141
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/141>, abgerufen am 25.11.2024.