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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Drei und fünfzigster Brief.

Es will nun mit Macht Frühling werden, aber
wir müssen fort, in ein ander Land. So schön
der Neuenburger Frühling auch sonst war, wir
müssen fort, damit es in und um uns wieder an-
ders werde. Hier kann die ungeheure Lücke nicht
ausgefüllt werden, die Deborah's Hinscheiden ge-
lassen. Es gehet wirklich nach der Schweiz. Der
Pfarrer hat in einem alten Freunde seinen Stell-
vertreter gefunden. Die Gemeine, die Betty's
Hinscheiden sieht, bittet darum. Doch wird er
uns nur auf kurze Zeit begleiten, und früher, als
wir, zurückkehren.

Gestern Abend als die Kinder alle unten im Gar-
tensaal waren, und ich hinauf nach meinem Zim-
mer schlich, um ein halbes Stündchen der Einsam-
keit zu genießen, hörte ich Woldemarn auf mei-
nem Fortepiano eine neue Komposition versuchen.
Jch gieng leise herzu. Er sang mit tiefer Bewe-
gung, was auf dem Pulte vor ihm lag. Es war
von seiner Hand und so überschrieben:

Drei und fünfzigſter Brief.

Es will nun mit Macht Frühling werden, aber
wir müſſen fort, in ein ander Land. So ſchön
der Neuenburger Frühling auch ſonſt war, wir
müſſen fort, damit es in und um uns wieder an-
ders werde. Hier kann die ungeheure Lücke nicht
ausgefüllt werden, die Deborah’s Hinſcheiden ge-
laſſen. Es gehet wirklich nach der Schweiz. Der
Pfarrer hat in einem alten Freunde ſeinen Stell-
vertreter gefunden. Die Gemeine, die Betty’s
Hinſcheiden ſieht, bittet darum. Doch wird er
uns nur auf kurze Zeit begleiten, und früher, als
wir, zurückkehren.

Geſtern Abend als die Kinder alle unten im Gar-
tenſaal waren, und ich hinauf nach meinem Zim-
mer ſchlich, um ein halbes Stündchen der Einſam-
keit zu genießen, hörte ich Woldemarn auf mei-
nem Fortepiano eine neue Kompoſition verſuchen.
Jch gieng leiſe herzu. Er ſang mit tiefer Bewe-
gung, was auf dem Pulte vor ihm lag. Es war
von ſeiner Hand und ſo überſchrieben:

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[122/0130] Drei und fünfzigſter Brief. Es will nun mit Macht Frühling werden, aber wir müſſen fort, in ein ander Land. So ſchön der Neuenburger Frühling auch ſonſt war, wir müſſen fort, damit es in und um uns wieder an- ders werde. Hier kann die ungeheure Lücke nicht ausgefüllt werden, die Deborah’s Hinſcheiden ge- laſſen. Es gehet wirklich nach der Schweiz. Der Pfarrer hat in einem alten Freunde ſeinen Stell- vertreter gefunden. Die Gemeine, die Betty’s Hinſcheiden ſieht, bittet darum. Doch wird er uns nur auf kurze Zeit begleiten, und früher, als wir, zurückkehren. Geſtern Abend als die Kinder alle unten im Gar- tenſaal waren, und ich hinauf nach meinem Zim- mer ſchlich, um ein halbes Stündchen der Einſam- keit zu genießen, hörte ich Woldemarn auf mei- nem Fortepiano eine neue Kompoſition verſuchen. Jch gieng leiſe herzu. Er ſang mit tiefer Bewe- gung, was auf dem Pulte vor ihm lag. Es war von ſeiner Hand und ſo überſchrieben:

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/130>, abgerufen am 24.11.2024.