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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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det sich silbern durch die unabsehlichen Fruchtfelder
hin. Jn seliger, heiterer Ruhe haben sich die
Ortschaften an seinen Ufern und an den sonnigen
Bergen gelagert. Lustige Finken rufen von allen
Zweigen uns ihren Triumpf entgegen, daß der
Winter dahin und vergangen ist. Selig ist alle
Kreatur im Gefühl ihres Daseyns. Sichtbar,
sichtbar ist der Hauch des Ewigen! So mußt' es
seyn, als die Erde neu geschaffen war, und der
Ewige noch unter den kindlichen Menschen in der
Abendkühle wandelte. Vergehen möchte man vor
Freude und vor Sehnsucht nach dem tiefen uner-
schöpflichen Born aller Wonne und alles Lebens! --
Ganze Tage ziehe ich mit den Kindern umher.
Bücher und alles Menschenwerk wird dahinten ge-
lassen. Wir schwärmen in seligem Genusse umher.
Die Kinder haschen Schmetterlinge, sammeln
Blumen in Körben, winden Kränze und schmü-
cken sich unter einander. Mich haben sie ganz ins
Blumengewinde verstrickt, und so bin ich verstrickt
in Freud' und seligen Gefühlen. Emma! Emma!
Wie selig lebt man mit Kindern -- selber ein Kind
im Angesichte der großen und herrlichen Mutter!

det ſich ſilbern durch die unabſehlichen Fruchtfelder
hin. Jn ſeliger, heiterer Ruhe haben ſich die
Ortſchaften an ſeinen Ufern und an den ſonnigen
Bergen gelagert. Luſtige Finken rufen von allen
Zweigen uns ihren Triumpf entgegen, daß der
Winter dahin und vergangen iſt. Selig iſt alle
Kreatur im Gefühl ihres Daſeyns. Sichtbar,
ſichtbar iſt der Hauch des Ewigen! So mußt’ es
ſeyn, als die Erde neu geſchaffen war, und der
Ewige noch unter den kindlichen Menſchen in der
Abendkühle wandelte. Vergehen möchte man vor
Freude und vor Sehnſucht nach dem tiefen uner-
ſchöpflichen Born aller Wonne und alles Lebens! —
Ganze Tage ziehe ich mit den Kindern umher.
Bücher und alles Menſchenwerk wird dahinten ge-
laſſen. Wir ſchwärmen in ſeligem Genuſſe umher.
Die Kinder haſchen Schmetterlinge, ſammeln
Blumen in Körben, winden Kränze und ſchmü-
cken ſich unter einander. Mich haben ſie ganz ins
Blumengewinde verſtrickt, und ſo bin ich verſtrickt
in Freud’ und ſeligen Gefühlen. Emma! Emma!
Wie ſelig lebt man mit Kindern — ſelber ein Kind
im Angeſichte der großen und herrlichen Mutter!

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[4/0012] det ſich ſilbern durch die unabſehlichen Fruchtfelder hin. Jn ſeliger, heiterer Ruhe haben ſich die Ortſchaften an ſeinen Ufern und an den ſonnigen Bergen gelagert. Luſtige Finken rufen von allen Zweigen uns ihren Triumpf entgegen, daß der Winter dahin und vergangen iſt. Selig iſt alle Kreatur im Gefühl ihres Daſeyns. Sichtbar, ſichtbar iſt der Hauch des Ewigen! So mußt’ es ſeyn, als die Erde neu geſchaffen war, und der Ewige noch unter den kindlichen Menſchen in der Abendkühle wandelte. Vergehen möchte man vor Freude und vor Sehnſucht nach dem tiefen uner- ſchöpflichen Born aller Wonne und alles Lebens! — Ganze Tage ziehe ich mit den Kindern umher. Bücher und alles Menſchenwerk wird dahinten ge- laſſen. Wir ſchwärmen in ſeligem Genuſſe umher. Die Kinder haſchen Schmetterlinge, ſammeln Blumen in Körben, winden Kränze und ſchmü- cken ſich unter einander. Mich haben ſie ganz ins Blumengewinde verſtrickt, und ſo bin ich verſtrickt in Freud’ und ſeligen Gefühlen. Emma! Emma! Wie ſelig lebt man mit Kindern — ſelber ein Kind im Angeſichte der großen und herrlichen Mutter!

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/12>, abgerufen am 19.04.2024.