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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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will. Läß sie aber während des Essens nicht viel
trinken; wohl aber eine Stunde nach Tische, wenn
sie durstet, doch dann nur Wasser, so lange sie
völlig gesund ist. Wie sie bei dieser Diät ge-
gedeihen wird, daran sollst Du Deine Freude
sehen.

"Aber wird denn die Frau geh. Räthin D --
ihr allerliebstes Kind immer so streng halten?"
fragte mich neulich Frau von Z* -- "Jch hoffe sie
wird stark genug seyn" -- entgegnete ich. "Aber
mein Gott, was soll denn nun das? Wenn Jda
nun groß ist, so kann sie ja nicht mit andern Leu-
ten essen, weil sie dann aller Speisen ungewohnt
ist, die man auf guten Tischen gibt!" -- "So
wird sie ihrer gewohnt werden. Und wenn sie
ihr alsdann nicht bekommen, oder sie keinen Ap-
petit dazu hat, so wird sie auch dann noch von
einer oder zwei einfachen Schüsseln essen, die sich
ja auf jeder guten Tafel auch finden -- des herr-
lichen Obstes nicht zu gedenken, das bei jedem
Dessert nicht fehlen darf, und wovon Jda eine
besondere Freundin ist" -- "Aber das arme



will. Läß ſie aber während des Eſſens nicht viel
trinken; wohl aber eine Stunde nach Tiſche, wenn
ſie durſtet, doch dann nur Waſſer, ſo lange ſie
völlig geſund iſt. Wie ſie bei dieſer Diät ge-
gedeihen wird, daran ſollſt Du Deine Freude
ſehen.

„Aber wird denn die Frau geh. Räthin D —
ihr allerliebſtes Kind immer ſo ſtreng halten?‟
fragte mich neulich Frau von Z* — „Jch hoffe ſie
wird ſtark genug ſeyn‟ — entgegnete ich. „Aber
mein Gott, was ſoll denn nun das? Wenn Jda
nun groß iſt, ſo kann ſie ja nicht mit andern Leu-
ten eſſen, weil ſie dann aller Speiſen ungewohnt
iſt, die man auf guten Tiſchen gibt!‟ — „So
wird ſie ihrer gewohnt werden. Und wenn ſie
ihr alsdann nicht bekommen, oder ſie keinen Ap-
petit dazu hat, ſo wird ſie auch dann noch von
einer oder zwei einfachen Schüſſeln eſſen, die ſich
ja auf jeder guten Tafel auch finden — des herr-
lichen Obſtes nicht zu gedenken, das bei jedem
Deſſert nicht fehlen darf, und wovon Jda eine
beſondere Freundin iſt‟ — „Aber das arme

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[70/0084] will. Läß ſie aber während des Eſſens nicht viel trinken; wohl aber eine Stunde nach Tiſche, wenn ſie durſtet, doch dann nur Waſſer, ſo lange ſie völlig geſund iſt. Wie ſie bei dieſer Diät ge- gedeihen wird, daran ſollſt Du Deine Freude ſehen. „Aber wird denn die Frau geh. Räthin D — ihr allerliebſtes Kind immer ſo ſtreng halten?‟ fragte mich neulich Frau von Z* — „Jch hoffe ſie wird ſtark genug ſeyn‟ — entgegnete ich. „Aber mein Gott, was ſoll denn nun das? Wenn Jda nun groß iſt, ſo kann ſie ja nicht mit andern Leu- ten eſſen, weil ſie dann aller Speiſen ungewohnt iſt, die man auf guten Tiſchen gibt!‟ — „So wird ſie ihrer gewohnt werden. Und wenn ſie ihr alsdann nicht bekommen, oder ſie keinen Ap- petit dazu hat, ſo wird ſie auch dann noch von einer oder zwei einfachen Schüſſeln eſſen, die ſich ja auf jeder guten Tafel auch finden — des herr- lichen Obſtes nicht zu gedenken, das bei jedem Deſſert nicht fehlen darf, und wovon Jda eine beſondere Freundin iſt‟ — „Aber das arme

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/84>, abgerufen am 22.11.2024.