Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite


Du sagst, dast Jda so große Freude hat am
Rauschen des Windes in Deinen hohen Pappeln,
am Gesange der Vögel, an den bunten Farben
der Blumen: o laß sie, so viel nur möglich ist,
im Freien seyn! Nichts bildet den Sinn für schö-
ne Natur glücklicher aus, als das Leben in der
Natur.



Achter Brief.

Kaum bin ich von Dir und Deinem Engel zu-
rück, so muß ich schon wieder schreiben! Wie ist
mir der Abschied von Dir und dem holden Kinde
so gar schwer geworden! Jch träumte fast jede
Nacht von Euch, oder vielmehr von einem Ge-
mälde einer heiligen Familie, auf die ich aber
Euer Bild übertrage. O Emma, glückliche Em-
ma! welch ein Kind ward Dir zu Theil! -- Gewiß,
Du wärst vor hundert Müttern zu entschuldigen,
wenn Du Jda durch allzuweiche, allzuzärtliche
Aufmerksamkeit verwöhntest, ja, wenn Du selbst
sie verzögest! Aber das wirst Du nicht; dafür



Du ſagſt, daſt Jda ſo große Freude hat am
Rauſchen des Windes in Deinen hohen Pappeln,
am Geſange der Vögel, an den bunten Farben
der Blumen: o laß ſie, ſo viel nur möglich iſt,
im Freien ſeyn! Nichts bildet den Sinn für ſchö-
ne Natur glücklicher aus, als das Leben in der
Natur.



Achter Brief.

Kaum bin ich von Dir und Deinem Engel zu-
rück, ſo muß ich ſchon wieder ſchreiben! Wie iſt
mir der Abſchied von Dir und dem holden Kinde
ſo gar ſchwer geworden! Jch träumte faſt jede
Nacht von Euch, oder vielmehr von einem Ge-
mälde einer heiligen Familie, auf die ich aber
Euer Bild übertrage. O Emma, glückliche Em-
ma! welch ein Kind ward Dir zu Theil! — Gewiß,
Du wärſt vor hundert Müttern zu entſchuldigen,
wenn Du Jda durch allzuweiche, allzuzärtliche
Aufmerkſamkeit verwöhnteſt, ja, wenn Du ſelbſt
ſie verzögeſt! Aber das wirſt Du nicht; dafür

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0066" n="52"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Du &#x017F;ag&#x017F;t, da&#x017F;t Jda &#x017F;o große Freude hat am<lb/>
Rau&#x017F;chen des Windes in Deinen hohen Pappeln,<lb/>
am Ge&#x017F;ange der Vögel, an den bunten Farben<lb/>
der Blumen: o laß &#x017F;ie, &#x017F;o viel nur möglich i&#x017F;t,<lb/>
im Freien &#x017F;eyn! Nichts bildet den Sinn für &#x017F;chö-<lb/>
ne Natur glücklicher aus, als das Leben in der<lb/>
Natur.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Achter Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Kaum bin ich von Dir und Deinem Engel zu-<lb/>
rück, &#x017F;o muß ich &#x017F;chon wieder &#x017F;chreiben! Wie i&#x017F;t<lb/>
mir der Ab&#x017F;chied von Dir und dem holden Kinde<lb/>
&#x017F;o gar &#x017F;chwer geworden! Jch träumte fa&#x017F;t jede<lb/>
Nacht von Euch, oder vielmehr von einem Ge-<lb/>
mälde einer heiligen Familie, auf die ich aber<lb/>
Euer Bild übertrage. O Emma, glückliche Em-<lb/>
ma! welch ein Kind ward Dir zu Theil! &#x2014; Gewiß,<lb/>
Du wär&#x017F;t vor hundert Müttern zu ent&#x017F;chuldigen,<lb/>
wenn Du Jda durch allzuweiche, allzuzärtliche<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit verwöhnte&#x017F;t, ja, wenn Du &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie verzöge&#x017F;t! Aber das wir&#x017F;t Du nicht; dafür<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0066] Du ſagſt, daſt Jda ſo große Freude hat am Rauſchen des Windes in Deinen hohen Pappeln, am Geſange der Vögel, an den bunten Farben der Blumen: o laß ſie, ſo viel nur möglich iſt, im Freien ſeyn! Nichts bildet den Sinn für ſchö- ne Natur glücklicher aus, als das Leben in der Natur. Achter Brief. Kaum bin ich von Dir und Deinem Engel zu- rück, ſo muß ich ſchon wieder ſchreiben! Wie iſt mir der Abſchied von Dir und dem holden Kinde ſo gar ſchwer geworden! Jch träumte faſt jede Nacht von Euch, oder vielmehr von einem Ge- mälde einer heiligen Familie, auf die ich aber Euer Bild übertrage. O Emma, glückliche Em- ma! welch ein Kind ward Dir zu Theil! — Gewiß, Du wärſt vor hundert Müttern zu entſchuldigen, wenn Du Jda durch allzuweiche, allzuzärtliche Aufmerkſamkeit verwöhnteſt, ja, wenn Du ſelbſt ſie verzögeſt! Aber das wirſt Du nicht; dafür

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/66
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/66>, abgerufen am 03.10.2024.