Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



folge das Gegentheil! Diese Art, zu beweisen,
ist für viele Menschen die einzig überzeugende.

Mich rufen für heut andere Geschäfte. --



Sechster Brief.

Noch kein Wörtchen sagt' ich Dir zur Antwort
auf Deine Frage: wie früh man durch Musik auf
junge Kinder glücklich wirken könne? Aber hast
Du mir nicht diese Beantwortung fast schon vor-
weggenommen? Was ist denn Jda's Freude an
Deinem Gesange anders, als reger Sinn, schöne
Empfänglichkeit für das Melodische? Für Har-
monie entwickelt sich bei gewöhnlichen Kindern der
Sinn so früh nicht. Aber ihr liebliches Nachlal-
len des Liedchens: "Der Frühling ist gekommen"
und die Nachbildung selbst des Rhythmus, scheint
mir ein Talent anzukündigen, das der Pflege werth
ist. -- Sollte aber auch die Deutung dieser Auspi-
zien zu günstig seyn, so ist es ihr sicher auf andere
Weise wohlthätig, wenn sie ihr sanftes Mütterchen
recht viel singen hört.



folge das Gegentheil! Dieſe Art, zu beweiſen,
iſt für viele Menſchen die einzig überzeugende.

Mich rufen für heut andere Geſchäfte. —



Sechster Brief.

Noch kein Wörtchen ſagt’ ich Dir zur Antwort
auf Deine Frage: wie früh man durch Muſik auf
junge Kinder glücklich wirken könne? Aber haſt
Du mir nicht dieſe Beantwortung faſt ſchon vor-
weggenommen? Was iſt denn Jda’s Freude an
Deinem Geſange anders, als reger Sinn, ſchöne
Empfänglichkeit für das Melodiſche? Für Har-
monie entwickelt ſich bei gewöhnlichen Kindern der
Sinn ſo früh nicht. Aber ihr liebliches Nachlal-
len des Liedchens: „Der Frühling iſt gekommen‟
und die Nachbildung ſelbſt des Rhythmus, ſcheint
mir ein Talent anzukündigen, das der Pflege werth
iſt. — Sollte aber auch die Deutung dieſer Auſpi-
zien zu günſtig ſeyn, ſo iſt es ihr ſicher auf andere
Weiſe wohlthätig, wenn ſie ihr ſanftes Mütterchen
recht viel ſingen hört.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="36"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
folge das Gegentheil! Die&#x017F;e Art, zu bewei&#x017F;en,<lb/>
i&#x017F;t für viele Men&#x017F;chen die einzig überzeugende.</p><lb/>
          <p>Mich rufen für heut andere Ge&#x017F;chäfte. &#x2014;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Sechster Brief</hi>.</head><lb/>
          <p>Noch kein Wörtchen &#x017F;agt&#x2019; ich Dir zur Antwort<lb/>
auf Deine Frage: wie früh man durch Mu&#x017F;ik auf<lb/>
junge Kinder glücklich wirken könne? Aber ha&#x017F;t<lb/>
Du mir nicht die&#x017F;e Beantwortung fa&#x017F;t &#x017F;chon vor-<lb/>
weggenommen? Was i&#x017F;t denn Jda&#x2019;s Freude an<lb/>
Deinem Ge&#x017F;ange anders, als reger Sinn, &#x017F;chöne<lb/>
Empfänglichkeit für das Melodi&#x017F;che? Für Har-<lb/>
monie entwickelt &#x017F;ich bei gewöhnlichen Kindern der<lb/>
Sinn &#x017F;o früh nicht. Aber ihr liebliches Nachlal-<lb/>
len des Liedchens: &#x201E;Der Frühling i&#x017F;t gekommen&#x201F;<lb/>
und die Nachbildung &#x017F;elb&#x017F;t des Rhythmus, &#x017F;cheint<lb/>
mir ein Talent anzukündigen, das der Pflege werth<lb/>
i&#x017F;t. &#x2014; Sollte aber auch die Deutung die&#x017F;er Au&#x017F;pi-<lb/>
zien zu gün&#x017F;tig &#x017F;eyn, &#x017F;o i&#x017F;t es ihr &#x017F;icher auf andere<lb/>
Wei&#x017F;e wohlthätig, wenn &#x017F;ie ihr &#x017F;anftes Mütterchen<lb/>
recht viel &#x017F;ingen hört.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0050] folge das Gegentheil! Dieſe Art, zu beweiſen, iſt für viele Menſchen die einzig überzeugende. Mich rufen für heut andere Geſchäfte. — Sechster Brief. Noch kein Wörtchen ſagt’ ich Dir zur Antwort auf Deine Frage: wie früh man durch Muſik auf junge Kinder glücklich wirken könne? Aber haſt Du mir nicht dieſe Beantwortung faſt ſchon vor- weggenommen? Was iſt denn Jda’s Freude an Deinem Geſange anders, als reger Sinn, ſchöne Empfänglichkeit für das Melodiſche? Für Har- monie entwickelt ſich bei gewöhnlichen Kindern der Sinn ſo früh nicht. Aber ihr liebliches Nachlal- len des Liedchens: „Der Frühling iſt gekommen‟ und die Nachbildung ſelbſt des Rhythmus, ſcheint mir ein Talent anzukündigen, das der Pflege werth iſt. — Sollte aber auch die Deutung dieſer Auſpi- zien zu günſtig ſeyn, ſo iſt es ihr ſicher auf andere Weiſe wohlthätig, wenn ſie ihr ſanftes Mütterchen recht viel ſingen hört.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/50
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/50>, abgerufen am 22.11.2024.