chen: aber das gab sich bald. Er weis't sie recht sanft zurecht. Auch hat er das gewöhnliche Fade der französischen Tanzmeister nicht. Jch nahm ihn, ehe die Stunden angingen, allein, und bat ihn, daß er ja keins von den Kindern auszeich- nen, keins auf Unkosten des andern loben, oder dem andern zum Beispiel aufstellen möchte, weil dies Loben nichts taugte, und es sich mit dem Bei- spiel nehmen von selbst finden würde. Sie wären ohnedieß gewohnt, das Vorzügliche an einander zu bemerken. Das wollt' ihm erst nicht einleuch- ten, er hatte noch die gewohnten Begriffe des effets etonnants d'une noble emu- lation. Jch konnte ihm nicht ganz begreiflich machen, daß der edle Wetteifer aus uns selbst, aus eigenem innern Quell entspringen müsse, und Kindern voll Kraft und Feuer nicht gegeben wer- den könne noch dürfe, und daß er von dem eifer- süchtigen eingepredigten Streben, es dem Andern in allem gleich, oder zuvor zu thun, noch sehr ver- schieden sey. Daß das letztere mit Hochmuth, Ei- gensucht, Neid, oft sehr nahe verwandt sey, und der erstere aus einem schönen Ehrtriebe stamme, der
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chen: aber das gab ſich bald. Er weiſ’t ſie recht ſanft zurecht. Auch hat er das gewöhnliche Fade der franzöſiſchen Tanzmeiſter nicht. Jch nahm ihn, ehe die Stunden angingen, allein, und bat ihn, daß er ja keins von den Kindern auszeich- nen, keins auf Unkoſten des andern loben, oder dem andern zum Beiſpiel aufſtellen möchte, weil dies Loben nichts taugte, und es ſich mit dem Bei- ſpiel nehmen von ſelbſt finden würde. Sie wären ohnedieß gewohnt, das Vorzügliche an einander zu bemerken. Das wollt’ ihm erſt nicht einleuch- ten, er hatte noch die gewohnten Begriffe des effets étonnants d’une noble ému- lation. Jch konnte ihm nicht ganz begreiflich machen, daß der edle Wetteifer aus uns ſelbſt, aus eigenem innern Quell entſpringen müſſe, und Kindern voll Kraft und Feuer nicht gegeben wer- den könne noch dürfe, und daß er von dem eifer- ſüchtigen eingepredigten Streben, es dem Andern in allem gleich, oder zuvor zu thun, noch ſehr ver- ſchieden ſey. Daß das letztere mit Hochmuth, Ei- genſucht, Neid, oft ſehr nahe verwandt ſey, und der erſtere aus einem ſchönen Ehrtriebe ſtamme, der
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chen: aber das gab ſich bald. Er weiſ’t ſie recht
ſanft zurecht. Auch hat er das gewöhnliche Fade
der franzöſiſchen Tanzmeiſter nicht. Jch nahm
ihn, ehe die Stunden angingen, allein, und bat
ihn, daß er ja keins von den Kindern auszeich-
nen, keins auf Unkoſten des andern loben, oder
dem andern zum Beiſpiel aufſtellen möchte, weil
dies Loben nichts taugte, und es ſich mit dem Bei-
ſpiel nehmen von ſelbſt finden würde. Sie wären
ohnedieß gewohnt, das Vorzügliche an einander
zu bemerken. Das wollt’ ihm erſt nicht einleuch-
ten, er hatte noch die gewohnten Begriffe des
effets étonnants d’une noble ému-
lation. Jch konnte ihm nicht ganz begreiflich
machen, daß der edle Wetteifer aus uns ſelbſt,
aus eigenem innern Quell entſpringen müſſe, und
Kindern voll Kraft und Feuer nicht gegeben wer-
den könne noch dürfe, und daß er von dem eifer-
ſüchtigen eingepredigten Streben, es dem Andern
in allem gleich, oder zuvor zu thun, noch ſehr ver-
ſchieden ſey. Daß das letztere mit Hochmuth, Ei-
genſucht, Neid, oft ſehr nahe verwandt ſey, und der
erſtere aus einem ſchönen Ehrtriebe ſtamme, der
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/271>, abgerufen am 25.11.2024.
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