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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Mütterchen damit geschmückt hat. Laß es ge-
schehen, ich bitte Dich. Gib mir auch Nachricht,
was sie mit den Aepfeln thut, und ob ihr der
Vogel auch große Freude gemacht hat. Laß sie
ihm doch ja alle Morgen selbst sein Futter ein-
schütten und frisches Wasser ins Glas gießen.
Dies ist ein freundliches Mittel, sie zur Ordnung
in kleinen Geschäften einzugewöhnen. Laß sie es
jeden Morgen thun, sobald sie selbst gefrüh-
stückt hat. Mahne sie, wenn sie es vergessen
sollte, ganz leise und freundlich daran, bis ihr
die kleine Haussorge völlig individuell geworden.
Er wird sie bald kennen lernen, und ihr tausend
Spaß machen. Gib Acht, Liebe, daß niemand
ihr dieß Geschäft abnehme. Es kann Dir zugleich
zum Merkmal ihrer Stetigkeit dienen. Jm An-
fange, so lange ihr der kleine Gast noch neu ist,
wird sie ihn vielleicht weder vergessen, noch ver-
säumen. Aber ob sie ihn noch eben so treu be-
sorgt, wenn er erst bei ihr einheimisch geworden,
das ist bemerkenswerth.

Lachen muß ich noch oft, wenn ich daran denke,
wie treu sie jeden Abend ihre schöne Puppe ein-



Mütterchen damit geſchmückt hat. Laß es ge-
ſchehen, ich bitte Dich. Gib mir auch Nachricht,
was ſie mit den Aepfeln thut, und ob ihr der
Vogel auch große Freude gemacht hat. Laß ſie
ihm doch ja alle Morgen ſelbſt ſein Futter ein-
ſchütten und friſches Waſſer ins Glas gießen.
Dies iſt ein freundliches Mittel, ſie zur Ordnung
in kleinen Geſchäften einzugewöhnen. Laß ſie es
jeden Morgen thun, ſobald ſie ſelbſt gefrüh-
ſtückt hat. Mahne ſie, wenn ſie es vergeſſen
ſollte, ganz leiſe und freundlich daran, bis ihr
die kleine Hausſorge völlig individuell geworden.
Er wird ſie bald kennen lernen, und ihr tauſend
Spaß machen. Gib Acht, Liebe, daß niemand
ihr dieß Geſchäft abnehme. Es kann Dir zugleich
zum Merkmal ihrer Stetigkeit dienen. Jm An-
fange, ſo lange ihr der kleine Gaſt noch neu iſt,
wird ſie ihn vielleicht weder vergeſſen, noch ver-
ſäumen. Aber ob ſie ihn noch eben ſo treu be-
ſorgt, wenn er erſt bei ihr einheimiſch geworden,
das iſt bemerkenswerth.

Lachen muß ich noch oft, wenn ich daran denke,
wie treu ſie jeden Abend ihre ſchöne Puppe ein-

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[102/0116] Mütterchen damit geſchmückt hat. Laß es ge- ſchehen, ich bitte Dich. Gib mir auch Nachricht, was ſie mit den Aepfeln thut, und ob ihr der Vogel auch große Freude gemacht hat. Laß ſie ihm doch ja alle Morgen ſelbſt ſein Futter ein- ſchütten und friſches Waſſer ins Glas gießen. Dies iſt ein freundliches Mittel, ſie zur Ordnung in kleinen Geſchäften einzugewöhnen. Laß ſie es jeden Morgen thun, ſobald ſie ſelbſt gefrüh- ſtückt hat. Mahne ſie, wenn ſie es vergeſſen ſollte, ganz leiſe und freundlich daran, bis ihr die kleine Hausſorge völlig individuell geworden. Er wird ſie bald kennen lernen, und ihr tauſend Spaß machen. Gib Acht, Liebe, daß niemand ihr dieß Geſchäft abnehme. Es kann Dir zugleich zum Merkmal ihrer Stetigkeit dienen. Jm An- fange, ſo lange ihr der kleine Gaſt noch neu iſt, wird ſie ihn vielleicht weder vergeſſen, noch ver- ſäumen. Aber ob ſie ihn noch eben ſo treu be- ſorgt, wenn er erſt bei ihr einheimiſch geworden, das iſt bemerkenswerth. Lachen muß ich noch oft, wenn ich daran denke, wie treu ſie jeden Abend ihre ſchöne Puppe ein-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/116>, abgerufen am 19.05.2024.