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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
bildenden Zellen (Osteoblasten) werden also am stärksten von
dem Reize zur Knochenbildung getroffen und daher am stärk-
sten knochenbildend thätig sein. Daraus ergiebt sich, dass
diese Linien selbst bei gleichmässiger Vertheilung der Resorp-
tion durch die Osteoklasten am meisten hervortreten müssen.
Und es kommt ferner dazu, dass, wenn diese Linien genügend
fest durch Knochensubstanz ausgebildet sind, sie den anderen
Stellen den Druck entziehen, so dass nach der Resorption an
diesen Stellen kein Knochen wieder gebildet werden kann.
Unterbrechen ferner, wie wohl öfter vorkommen mag, die Osteo-
klasten die Drucklinien, so wird sich der Druck auf andere
benachbarte Partikel vertheilen und diese werden nun in Folge
stärkeren Reizes stärker werden. Also auch in dem eigenartigen,
mit gänzlicher Zerstörung der geformten Theile einhergehenden
Stoffwechsel der Knochen muss sich immer wieder die den
statischen Drucklinien entsprechende Structur ausbilden, wie
es denn auch thatsächlich und zwar selbst in ganz neuen Ver-
hältnissen, bei schief geheilten Knochenbrüchen etc. geschieht.

Auf dieselbe Weise finden auch die von Grossmann und
J. Wolff als beim appositionellen Knochenwachsthum nöthig
aufgewiesenen inneren Structurumwälzungen ihre Erklärung.
Diese Autoren wandten gegen die Theorie vom rein appositionel-
len Knochenwachsthum ein, dass bei demselben während des
Wachsthums der Knochen zur fortwährenden Erhaltung immer
derselben statischen Structur der Spongiosa fortwährende innere
Umwälzungen unter Resorption und Neubildung stattfinden müs-
sen, deren die Ausführung bestimmende Momente bisher allerdings
gänzlich unbekannt waren. Nach dem hier dargelegten Prin-
cipe der functionellen Selbstgestaltung der functionellen, in
specie "statischen" Structur ergiebt sich von selber, das jeder
Knochen während des Grösserwerdens immer von neuem die-
selbe Structur in grösserem Maassstabe unter Auflösung und

IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
bildenden Zellen (Osteoblasten) werden also am stärksten von
dem Reize zur Knochenbildung getroffen und daher am stärk-
sten knochenbildend thätig sein. Daraus ergiebt sich, dass
diese Linien selbst bei gleichmässiger Vertheilung der Resorp-
tion durch die Osteoklasten am meisten hervortreten müssen.
Und es kommt ferner dazu, dass, wenn diese Linien genügend
fest durch Knochensubstanz ausgebildet sind, sie den anderen
Stellen den Druck entziehen, so dass nach der Resorption an
diesen Stellen kein Knochen wieder gebildet werden kann.
Unterbrechen ferner, wie wohl öfter vorkommen mag, die Osteo-
klasten die Drucklinien, so wird sich der Druck auf andere
benachbarte Partikel vertheilen und diese werden nun in Folge
stärkeren Reizes stärker werden. Also auch in dem eigenartigen,
mit gänzlicher Zerstörung der geformten Theile einhergehenden
Stoffwechsel der Knochen muss sich immer wieder die den
statischen Drucklinien entsprechende Structur ausbilden, wie
es denn auch thatsächlich und zwar selbst in ganz neuen Ver-
hältnissen, bei schief geheilten Knochenbrüchen etc. geschieht.

Auf dieselbe Weise finden auch die von Grossmann und
J. Wolff als beim appositionellen Knochenwachsthum nöthig
aufgewiesenen inneren Structurumwälzungen ihre Erklärung.
Diese Autoren wandten gegen die Theorie vom rein appositionel-
len Knochenwachsthum ein, dass bei demselben während des
Wachsthums der Knochen zur fortwährenden Erhaltung immer
derselben statischen Structur der Spongiosa fortwährende innere
Umwälzungen unter Resorption und Neubildung stattfinden müs-
sen, deren die Ausführung bestimmende Momente bisher allerdings
gänzlich unbekannt waren. Nach dem hier dargelegten Prin-
cipe der functionellen Selbstgestaltung der functionellen, in
specie »statischen« Structur ergiebt sich von selber, das jeder
Knochen während des Grösserwerdens immer von neuem die-
selbe Structur in grösserem Maassstabe unter Auflösung und

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[187/0201] IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. bildenden Zellen (Osteoblasten) werden also am stärksten von dem Reize zur Knochenbildung getroffen und daher am stärk- sten knochenbildend thätig sein. Daraus ergiebt sich, dass diese Linien selbst bei gleichmässiger Vertheilung der Resorp- tion durch die Osteoklasten am meisten hervortreten müssen. Und es kommt ferner dazu, dass, wenn diese Linien genügend fest durch Knochensubstanz ausgebildet sind, sie den anderen Stellen den Druck entziehen, so dass nach der Resorption an diesen Stellen kein Knochen wieder gebildet werden kann. Unterbrechen ferner, wie wohl öfter vorkommen mag, die Osteo- klasten die Drucklinien, so wird sich der Druck auf andere benachbarte Partikel vertheilen und diese werden nun in Folge stärkeren Reizes stärker werden. Also auch in dem eigenartigen, mit gänzlicher Zerstörung der geformten Theile einhergehenden Stoffwechsel der Knochen muss sich immer wieder die den statischen Drucklinien entsprechende Structur ausbilden, wie es denn auch thatsächlich und zwar selbst in ganz neuen Ver- hältnissen, bei schief geheilten Knochenbrüchen etc. geschieht. Auf dieselbe Weise finden auch die von Grossmann und J. Wolff als beim appositionellen Knochenwachsthum nöthig aufgewiesenen inneren Structurumwälzungen ihre Erklärung. Diese Autoren wandten gegen die Theorie vom rein appositionel- len Knochenwachsthum ein, dass bei demselben während des Wachsthums der Knochen zur fortwährenden Erhaltung immer derselben statischen Structur der Spongiosa fortwährende innere Umwälzungen unter Resorption und Neubildung stattfinden müs- sen, deren die Ausführung bestimmende Momente bisher allerdings gänzlich unbekannt waren. Nach dem hier dargelegten Prin- cipe der functionellen Selbstgestaltung der functionellen, in specie »statischen« Structur ergiebt sich von selber, das jeder Knochen während des Grösserwerdens immer von neuem die- selbe Structur in grösserem Maassstabe unter Auflösung und

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/201>, abgerufen am 27.04.2024.