Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
samen Factoren bei diesen Anziehungen zu betrachten. Eine
Leberzelle wird aus dem Blute, welches durch das nächste
Capillargefäss strömt, bestimmte Substanzen anziehen, aber
sie muss eben zunächst vorhanden und sodann ihrer ganz be-
sonderen Eigenthümlichkeit mächtig sein, um diese Anziehung
auszuüben." Hierzu will ich nur noch bemerken, dass es für
unsere Zwecke ohne Bedeutung ist, ob die Zelle aus der
Capillare die specifischen Stoffe direct anzuziehen vermag oder
ob die Zelle diese Stoffe nur aus der sie umspülenden Lymphe
aufnimmt und infolge dieser Wegnahme aus der Lymphe diese
Stoffe nun rascher aus der Capillare diffundiren, als die anderen
nicht entfernten, und ob die Capillaren der verschiedenen Organe
sich schliesslich an dieses stärkere Hindurchtreten besonderer
Stoffe angepasst haben, so dass auch der Diffusionswiderstand
für sie in ihrem specifischen Organe ein geringerer geworden ist.

Wenn nun einmal actives Wachsthum der Zellen durch
grössere active Nahrungsaufnahme eine unumstössliche Voraus-
setzung aller Differenzirungen ist, so ist es gewiss das Näher-
liegende, Einfachere, diese verschiedene Activität und somit die
Wachsthumgesetze in diejenigen Theile zu verlegen, welche die
specifischen Qualitäten haben, also in die specifisch fungirenden
Zellen der Organe und nicht in die indifferenten, in allen
Organen gleichen oder erst secundär differenzirten der Capillar-
wandung. Wir müssen die ganze formale Differen-
zirung der Organismen auf selbständige quantita-
tive und qualitative Auswahl der Zellen und zwar
der specifischen Zellen jedes Organes zurück-
führen. Remak
handelte sehr wohl erwogen, wenn er vor
allem die Differenzirung der specifischen Theile der Organe
ins Auge fasste und als das Primäre, Formengebende ansah,
entgegen der oben erwähnten, im Allgemeinen durchaus un-
motivirten Behauptung Boll's.

III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
samen Factoren bei diesen Anziehungen zu betrachten. Eine
Leberzelle wird aus dem Blute, welches durch das nächste
Capillargefäss strömt, bestimmte Substanzen anziehen, aber
sie muss eben zunächst vorhanden und sodann ihrer ganz be-
sonderen Eigenthümlichkeit mächtig sein, um diese Anziehung
auszuüben.« Hierzu will ich nur noch bemerken, dass es für
unsere Zwecke ohne Bedeutung ist, ob die Zelle aus der
Capillare die specifischen Stoffe direct anzuziehen vermag oder
ob die Zelle diese Stoffe nur aus der sie umspülenden Lymphe
aufnimmt und infolge dieser Wegnahme aus der Lymphe diese
Stoffe nun rascher aus der Capillare diffundiren, als die anderen
nicht entfernten, und ob die Capillaren der verschiedenen Organe
sich schliesslich an dieses stärkere Hindurchtreten besonderer
Stoffe angepasst haben, so dass auch der Diffusionswiderstand
für sie in ihrem specifischen Organe ein geringerer geworden ist.

Wenn nun einmal actives Wachsthum der Zellen durch
grössere active Nahrungsaufnahme eine unumstössliche Voraus-
setzung aller Differenzirungen ist, so ist es gewiss das Näher-
liegende, Einfachere, diese verschiedene Activität und somit die
Wachsthumgesetze in diejenigen Theile zu verlegen, welche die
specifischen Qualitäten haben, also in die specifisch fungirenden
Zellen der Organe und nicht in die indifferenten, in allen
Organen gleichen oder erst secundär differenzirten der Capillar-
wandung. Wir müssen die ganze formale Differen-
zirung der Organismen auf selbständige quantita-
tive und qualitative Auswahl der Zellen und zwar
der specifischen Zellen jedes Organes zurück-
führen. Remak
handelte sehr wohl erwogen, wenn er vor
allem die Differenzirung der specifischen Theile der Organe
ins Auge fasste und als das Primäre, Formengebende ansah,
entgegen der oben erwähnten, im Allgemeinen durchaus un-
motivirten Behauptung Boll’s.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="148"/><fw place="top" type="header">III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.</fw><lb/>
samen Factoren bei diesen Anziehungen zu betrachten. Eine<lb/>
Leberzelle wird aus dem Blute, welches durch das nächste<lb/>
Capillargefäss strömt, bestimmte Substanzen anziehen, aber<lb/>
sie muss eben zunächst vorhanden und sodann ihrer ganz be-<lb/>
sonderen Eigenthümlichkeit mächtig sein, um diese Anziehung<lb/>
auszuüben.« Hierzu will ich nur noch bemerken, dass es für<lb/>
unsere Zwecke ohne Bedeutung ist, ob die Zelle aus der<lb/>
Capillare die specifischen Stoffe direct anzuziehen vermag oder<lb/>
ob die Zelle diese Stoffe nur aus der sie umspülenden Lymphe<lb/>
aufnimmt und infolge dieser Wegnahme aus der Lymphe diese<lb/>
Stoffe nun rascher aus der Capillare diffundiren, als die anderen<lb/>
nicht entfernten, und ob die Capillaren der verschiedenen Organe<lb/>
sich schliesslich an dieses stärkere Hindurchtreten besonderer<lb/>
Stoffe angepasst haben, so dass auch der Diffusionswiderstand<lb/>
für sie in ihrem specifischen Organe ein geringerer geworden ist.</p><lb/>
        <p>Wenn nun einmal actives Wachsthum der Zellen durch<lb/>
grössere active Nahrungsaufnahme eine unumstössliche Voraus-<lb/>
setzung aller Differenzirungen ist, so ist es gewiss das Näher-<lb/>
liegende, Einfachere, diese verschiedene Activität und somit die<lb/>
Wachsthumgesetze in diejenigen Theile zu verlegen, welche die<lb/>
specifischen Qualitäten haben, also in die specifisch fungirenden<lb/>
Zellen der Organe und nicht in die indifferenten, in allen<lb/>
Organen gleichen oder erst secundär differenzirten der Capillar-<lb/>
wandung. <hi rendition="#g">Wir müssen die ganze formale Differen-<lb/>
zirung der Organismen auf selbständige quantita-<lb/>
tive und qualitative Auswahl der Zellen und zwar<lb/>
der specifischen Zellen jedes Organes zurück-<lb/>
führen. Remak</hi> handelte sehr wohl erwogen, wenn er vor<lb/>
allem die Differenzirung der specifischen Theile der Organe<lb/>
ins Auge fasste und als das Primäre, Formengebende ansah,<lb/>
entgegen der oben erwähnten, im Allgemeinen durchaus un-<lb/>
motivirten Behauptung <hi rendition="#g">Boll&#x2019;s</hi>.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0162] III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. samen Factoren bei diesen Anziehungen zu betrachten. Eine Leberzelle wird aus dem Blute, welches durch das nächste Capillargefäss strömt, bestimmte Substanzen anziehen, aber sie muss eben zunächst vorhanden und sodann ihrer ganz be- sonderen Eigenthümlichkeit mächtig sein, um diese Anziehung auszuüben.« Hierzu will ich nur noch bemerken, dass es für unsere Zwecke ohne Bedeutung ist, ob die Zelle aus der Capillare die specifischen Stoffe direct anzuziehen vermag oder ob die Zelle diese Stoffe nur aus der sie umspülenden Lymphe aufnimmt und infolge dieser Wegnahme aus der Lymphe diese Stoffe nun rascher aus der Capillare diffundiren, als die anderen nicht entfernten, und ob die Capillaren der verschiedenen Organe sich schliesslich an dieses stärkere Hindurchtreten besonderer Stoffe angepasst haben, so dass auch der Diffusionswiderstand für sie in ihrem specifischen Organe ein geringerer geworden ist. Wenn nun einmal actives Wachsthum der Zellen durch grössere active Nahrungsaufnahme eine unumstössliche Voraus- setzung aller Differenzirungen ist, so ist es gewiss das Näher- liegende, Einfachere, diese verschiedene Activität und somit die Wachsthumgesetze in diejenigen Theile zu verlegen, welche die specifischen Qualitäten haben, also in die specifisch fungirenden Zellen der Organe und nicht in die indifferenten, in allen Organen gleichen oder erst secundär differenzirten der Capillar- wandung. Wir müssen die ganze formale Differen- zirung der Organismen auf selbständige quantita- tive und qualitative Auswahl der Zellen und zwar der specifischen Zellen jedes Organes zurück- führen. Remak handelte sehr wohl erwogen, wenn er vor allem die Differenzirung der specifischen Theile der Organe ins Auge fasste und als das Primäre, Formengebende ansah, entgegen der oben erwähnten, im Allgemeinen durchaus un- motivirten Behauptung Boll’s.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/162
Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/162>, abgerufen am 02.05.2024.