Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. der Uebercompensation die erste Uebereinstimmung des That-sächlichen mit dem von der hypothetischen Eigenschaft zu Leistenden. Ist die Anpassung an den Reiz eine so vollkommene, dass Das Gleiche wird beim Bindegewebe, überhaupt bei allen III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. der Uebercompensation die erste Uebereinstimmung des That-sächlichen mit dem von der hypothetischen Eigenschaft zu Leistenden. Ist die Anpassung an den Reiz eine so vollkommene, dass Das Gleiche wird beim Bindegewebe, überhaupt bei allen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="114"/><fw place="top" type="header">III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.</fw><lb/> der Uebercompensation die erste Uebereinstimmung des That-<lb/> sächlichen mit dem von der hypothetischen Eigenschaft zu<lb/> Leistenden.</p><lb/> <p>Ist die Anpassung an den Reiz eine so vollkommene, dass<lb/> derselbe zum unentbehrlichen Lebensreiz geworden ist, dass<lb/> ohne ihn die Assimilation und die Erhaltung der normalen<lb/> Qualität überhaupt nicht stattfindet, so wird ein Weiteres sich<lb/> ergeben. Die organischen Theile werden sich blos da erhalten<lb/> und ausbilden können, wo der Reiz wirkt; und wo ferner der<lb/> Reiz in bestimmter Gestalt auftritt, wird <hi rendition="#g">eine Ausgestal-<lb/> tung der Reizform stattfinden;</hi> die Organe werden die<lb/> Gestalt und die Structur des Reizes annehmen müssen. Wirkt<lb/> z. B. der Reiz, wie in den <hi rendition="#g">Knochen</hi>, vorzugsweise in gewissen<lb/> Richtungen, so werden die in diesen letzteren liegenden Mutter-<lb/> zellen am meisten zur Bildung von Knochensubstanz angeregt<lb/> werden, und da sie mit Uebercompensation arbeiten, wird bald<lb/> in diesen Richtungen so viel Knochensubstanz gebildet sein,<lb/> dass sie allein den Reiz aufnehmen und verzehren; während<lb/> die in anderen Richtungen gelegenen Theile, wenn sie über-<lb/> haupt gebildet worden waren, infolge der Reizentziehung nicht<lb/> wieder regenerirt werden können, also dauernd in Wegfall<lb/> kommen. So entlastet jedes vorhandene Knochenbälkchen seine<lb/> nächste Umgebung. Und wenn die am stärksten gebrauchten<lb/> Richtungen durch Substanz unterstützt sind, so werden sie in-<lb/> folge der Uebercompensation auch fähig sein, die Anspannungen<lb/> in anderen seltener und schwächer gebrauchten Richtungen<lb/> auszuhalten und dieselben zu entlasten.</p><lb/> <p>Das Gleiche wird beim Bindegewebe, überhaupt bei allen<lb/> Organen und Geweben, welche eine blos mechanische Function<lb/> haben, und deren Reiz also eine bestimmte innere und äussere<lb/> Gestalt hat, wie sie uns die graphische Statik kennen lehrt,<lb/> stattfinden.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [114/0128]
III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
der Uebercompensation die erste Uebereinstimmung des That-
sächlichen mit dem von der hypothetischen Eigenschaft zu
Leistenden.
Ist die Anpassung an den Reiz eine so vollkommene, dass
derselbe zum unentbehrlichen Lebensreiz geworden ist, dass
ohne ihn die Assimilation und die Erhaltung der normalen
Qualität überhaupt nicht stattfindet, so wird ein Weiteres sich
ergeben. Die organischen Theile werden sich blos da erhalten
und ausbilden können, wo der Reiz wirkt; und wo ferner der
Reiz in bestimmter Gestalt auftritt, wird eine Ausgestal-
tung der Reizform stattfinden; die Organe werden die
Gestalt und die Structur des Reizes annehmen müssen. Wirkt
z. B. der Reiz, wie in den Knochen, vorzugsweise in gewissen
Richtungen, so werden die in diesen letzteren liegenden Mutter-
zellen am meisten zur Bildung von Knochensubstanz angeregt
werden, und da sie mit Uebercompensation arbeiten, wird bald
in diesen Richtungen so viel Knochensubstanz gebildet sein,
dass sie allein den Reiz aufnehmen und verzehren; während
die in anderen Richtungen gelegenen Theile, wenn sie über-
haupt gebildet worden waren, infolge der Reizentziehung nicht
wieder regenerirt werden können, also dauernd in Wegfall
kommen. So entlastet jedes vorhandene Knochenbälkchen seine
nächste Umgebung. Und wenn die am stärksten gebrauchten
Richtungen durch Substanz unterstützt sind, so werden sie in-
folge der Uebercompensation auch fähig sein, die Anspannungen
in anderen seltener und schwächer gebrauchten Richtungen
auszuhalten und dieselben zu entlasten.
Das Gleiche wird beim Bindegewebe, überhaupt bei allen
Organen und Geweben, welche eine blos mechanische Function
haben, und deren Reiz also eine bestimmte innere und äussere
Gestalt hat, wie sie uns die graphische Statik kennen lehrt,
stattfinden.
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