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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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II. Der Kampf der Theile im Organismus.
so dringen nach C. Friedländer 1) atypische Epithelwuche-
rungen in entzündlich verändertes Bindegewebe ein.

Diese Beispiele demonstriren deutlich, dass das normale
Leben an das Gleichgewicht der Gewebe gebunden ist. Das
sehen wir auch noch in anderer Weise; wenn z. B. ein Schnitt
in die Hornhaut des Auges gemacht wird, so vermehrt sich
nach H. v. Wyss 2) sehr rasch das Epithel derselben und
wächst in den entstandenen Spalt des Bindegewebes hinein,
bis es ihn erfüllt; dann, allmählich nachfolgend, drängt das
nachwachsende Bindegewebe den Epithelzapfen wieder heraus.
Wenn eine Wunde vom Rande des Substanzverlustes her nicht
rasch genug mit Epithel überhäutet wird, wächst bekanntlich
das Granulationsgewebe als sogenanntes wildes Fleisch an der
offenen Stelle heraus, während es am Rande durch den ganz
feinen neugebildeten Epithelsaum in den normalen Schranken
zurückgehalten wird.

Da Mangel des Gleichgewichts zwischen den verschiedenen
Geweben sehr rasch zum Tode der Individuen und somit zur
Elimination derselben und ihrer nachtheiligen Qualität aus der
Reihe der Lebenden führt, so mussten in den überlebenden In-
dividuen blos Zustände des Gleichgewichts der Gewebe übrig
bleiben und so eine harmonische Einheit des ganzen Or-
ganismus
durch Selbstelimination des Abweichenden gezüchtet
werden. Das so entstandene Gleichgewicht wurde aber blos für
eine gewisse normale Lebensbreite erworben und kann durch
Veränderung der Bedingungen leicht gestört werden. Sind
z. B. die Bindesubstanzen abnormer, nicht durch eigene Thä-
tigkeit bewirkter Vergrösserung der Blutzufuhr längere Zeit
unterworfen, wie z. B. bei chronischen Unterschenkelgeschwü-

1) C. Friedländer, Ueber Epithelwucherung und Krebs. Strassburg
1877.
2) Virchow's Archiv. Bd. 69. p. 24.

II. Der Kampf der Theile im Organismus.
so dringen nach C. Friedländer 1) atypische Epithelwuche-
rungen in entzündlich verändertes Bindegewebe ein.

Diese Beispiele demonstriren deutlich, dass das normale
Leben an das Gleichgewicht der Gewebe gebunden ist. Das
sehen wir auch noch in anderer Weise; wenn z. B. ein Schnitt
in die Hornhaut des Auges gemacht wird, so vermehrt sich
nach H. v. Wyss 2) sehr rasch das Epithel derselben und
wächst in den entstandenen Spalt des Bindegewebes hinein,
bis es ihn erfüllt; dann, allmählich nachfolgend, drängt das
nachwachsende Bindegewebe den Epithelzapfen wieder heraus.
Wenn eine Wunde vom Rande des Substanzverlustes her nicht
rasch genug mit Epithel überhäutet wird, wächst bekanntlich
das Granulationsgewebe als sogenanntes wildes Fleisch an der
offenen Stelle heraus, während es am Rande durch den ganz
feinen neugebildeten Epithelsaum in den normalen Schranken
zurückgehalten wird.

Da Mangel des Gleichgewichts zwischen den verschiedenen
Geweben sehr rasch zum Tode der Individuen und somit zur
Elimination derselben und ihrer nachtheiligen Qualität aus der
Reihe der Lebenden führt, so mussten in den überlebenden In-
dividuen blos Zustände des Gleichgewichts der Gewebe übrig
bleiben und so eine harmonische Einheit des ganzen Or-
ganismus
durch Selbstelimination des Abweichenden gezüchtet
werden. Das so entstandene Gleichgewicht wurde aber blos für
eine gewisse normale Lebensbreite erworben und kann durch
Veränderung der Bedingungen leicht gestört werden. Sind
z. B. die Bindesubstanzen abnormer, nicht durch eigene Thä-
tigkeit bewirkter Vergrösserung der Blutzufuhr längere Zeit
unterworfen, wie z. B. bei chronischen Unterschenkelgeschwü-

1) C. Friedländer, Ueber Epithelwucherung und Krebs. Strassburg
1877.
2) Virchow’s Archiv. Bd. 69. p. 24.
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[98/0112] II. Der Kampf der Theile im Organismus. so dringen nach C. Friedländer 1) atypische Epithelwuche- rungen in entzündlich verändertes Bindegewebe ein. Diese Beispiele demonstriren deutlich, dass das normale Leben an das Gleichgewicht der Gewebe gebunden ist. Das sehen wir auch noch in anderer Weise; wenn z. B. ein Schnitt in die Hornhaut des Auges gemacht wird, so vermehrt sich nach H. v. Wyss 2) sehr rasch das Epithel derselben und wächst in den entstandenen Spalt des Bindegewebes hinein, bis es ihn erfüllt; dann, allmählich nachfolgend, drängt das nachwachsende Bindegewebe den Epithelzapfen wieder heraus. Wenn eine Wunde vom Rande des Substanzverlustes her nicht rasch genug mit Epithel überhäutet wird, wächst bekanntlich das Granulationsgewebe als sogenanntes wildes Fleisch an der offenen Stelle heraus, während es am Rande durch den ganz feinen neugebildeten Epithelsaum in den normalen Schranken zurückgehalten wird. Da Mangel des Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Geweben sehr rasch zum Tode der Individuen und somit zur Elimination derselben und ihrer nachtheiligen Qualität aus der Reihe der Lebenden führt, so mussten in den überlebenden In- dividuen blos Zustände des Gleichgewichts der Gewebe übrig bleiben und so eine harmonische Einheit des ganzen Or- ganismus durch Selbstelimination des Abweichenden gezüchtet werden. Das so entstandene Gleichgewicht wurde aber blos für eine gewisse normale Lebensbreite erworben und kann durch Veränderung der Bedingungen leicht gestört werden. Sind z. B. die Bindesubstanzen abnormer, nicht durch eigene Thä- tigkeit bewirkter Vergrösserung der Blutzufuhr längere Zeit unterworfen, wie z. B. bei chronischen Unterschenkelgeschwü- 1) C. Friedländer, Ueber Epithelwucherung und Krebs. Strassburg 1877. 2) Virchow’s Archiv. Bd. 69. p. 24.

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/112>, abgerufen am 22.11.2024.