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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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II. Der Kampf der Theile im Organismus.
standsfähigkeit gegen Druck, wenn sie einer Zelle und ihren
Nachkommen in höherem Masse zu Theil ist, als den anderen
in der Umgebung, gleichfalls zum Siege und zur allgemeinen
Ausbreitung führen kann, selbst wenn die Vermehrung eine
langsame, aber stetige ist. Ob solches auch schon innerhalb
der Zelle, also im Kampf der Molekel möglich ist, wird davon
abhängen, ob der Druck blos mechanisch oder auch chemisch
hemmend zu wirken im Stande ist, und im ersteren Falle, ob
die Theile der neu auftretenden Variation in der Zelle fest ge-
schlossen an einander congregirt sind, dass sie als neuer, zu
einem Ganzen geformter Bestandtheil wie eine Geschwulst
mechanisch als Ganzes gegen die Nachbarschaft kämpfen können.
Ueber das Vorkommen dieser Eigenschaft haben wir kein Urtheil
und ich habe es deshalb unterlassen, sie beim Kampf der
Molekel zu erwähnen und zu verwerthen.

Für den Kampf der Zellen aber haben wir Beweise dafür
in pathologischen Vorkommnissen, wo Zellen in andere hinein-
wachsen, so z. B. bei der lacunären Usur der Muskelfasern
durch Sarcomzellen, nach R. Volkmann 1), Klemensiewicz 2),
oder durch Wanderzellen in Folge vorübergehender Aufhebung
der Blutcirculation nach R. Erbkam 3). Ferner aus dem normalen
Vorgange bei der Regeneration der Epithelien, wie wir sie für
die Epidermis von G. Lott 4), für die Flimmerepithelien der Luft-
röhre von O. Drasch 5) kennen gelernt haben, ergiebt sich auf
das bestimmteste eine gegenseitige Beeinflussung durch Druck,
welche unter Durchbrechung, Zertheilung und Zerstückelung der
alten Zellen dieser Gewebe zum Schwunde und zur Ausstossung
führt.

1) Virchow's Archiv. Bd. 50. p. 543.
2) Wiener Sitzungsber. Bd. 79. Abth. III. 1879.
3) Virchow's Archiv. Bd. 79. Heft 1.
4) Centralblatt f. d. med. Wiss. 1871.
5) Wiener Sitzungsber. Bd. 80. Abth. III. 1879.

II. Der Kampf der Theile im Organismus.
standsfähigkeit gegen Druck, wenn sie einer Zelle und ihren
Nachkommen in höherem Masse zu Theil ist, als den anderen
in der Umgebung, gleichfalls zum Siege und zur allgemeinen
Ausbreitung führen kann, selbst wenn die Vermehrung eine
langsame, aber stetige ist. Ob solches auch schon innerhalb
der Zelle, also im Kampf der Molekel möglich ist, wird davon
abhängen, ob der Druck blos mechanisch oder auch chemisch
hemmend zu wirken im Stande ist, und im ersteren Falle, ob
die Theile der neu auftretenden Variation in der Zelle fest ge-
schlossen an einander congregirt sind, dass sie als neuer, zu
einem Ganzen geformter Bestandtheil wie eine Geschwulst
mechanisch als Ganzes gegen die Nachbarschaft kämpfen können.
Ueber das Vorkommen dieser Eigenschaft haben wir kein Urtheil
und ich habe es deshalb unterlassen, sie beim Kampf der
Molekel zu erwähnen und zu verwerthen.

Für den Kampf der Zellen aber haben wir Beweise dafür
in pathologischen Vorkommnissen, wo Zellen in andere hinein-
wachsen, so z. B. bei der lacunären Usur der Muskelfasern
durch Sarcomzellen, nach R. Volkmann 1), Klemensiewicz 2),
oder durch Wanderzellen in Folge vorübergehender Aufhebung
der Blutcirculation nach R. Erbkam 3). Ferner aus dem normalen
Vorgange bei der Regeneration der Epithelien, wie wir sie für
die Epidermis von G. Lott 4), für die Flimmerepithelien der Luft-
röhre von O. Drasch 5) kennen gelernt haben, ergiebt sich auf
das bestimmteste eine gegenseitige Beeinflussung durch Druck,
welche unter Durchbrechung, Zertheilung und Zerstückelung der
alten Zellen dieser Gewebe zum Schwunde und zur Ausstossung
führt.

1) Virchow’s Archiv. Bd. 50. p. 543.
2) Wiener Sitzungsber. Bd. 79. Abth. III. 1879.
3) Virchow’s Archiv. Bd. 79. Heft 1.
4) Centralblatt f. d. med. Wiss. 1871.
5) Wiener Sitzungsber. Bd. 80. Abth. III. 1879.
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[94/0108] II. Der Kampf der Theile im Organismus. standsfähigkeit gegen Druck, wenn sie einer Zelle und ihren Nachkommen in höherem Masse zu Theil ist, als den anderen in der Umgebung, gleichfalls zum Siege und zur allgemeinen Ausbreitung führen kann, selbst wenn die Vermehrung eine langsame, aber stetige ist. Ob solches auch schon innerhalb der Zelle, also im Kampf der Molekel möglich ist, wird davon abhängen, ob der Druck blos mechanisch oder auch chemisch hemmend zu wirken im Stande ist, und im ersteren Falle, ob die Theile der neu auftretenden Variation in der Zelle fest ge- schlossen an einander congregirt sind, dass sie als neuer, zu einem Ganzen geformter Bestandtheil wie eine Geschwulst mechanisch als Ganzes gegen die Nachbarschaft kämpfen können. Ueber das Vorkommen dieser Eigenschaft haben wir kein Urtheil und ich habe es deshalb unterlassen, sie beim Kampf der Molekel zu erwähnen und zu verwerthen. Für den Kampf der Zellen aber haben wir Beweise dafür in pathologischen Vorkommnissen, wo Zellen in andere hinein- wachsen, so z. B. bei der lacunären Usur der Muskelfasern durch Sarcomzellen, nach R. Volkmann 1), Klemensiewicz 2), oder durch Wanderzellen in Folge vorübergehender Aufhebung der Blutcirculation nach R. Erbkam 3). Ferner aus dem normalen Vorgange bei der Regeneration der Epithelien, wie wir sie für die Epidermis von G. Lott 4), für die Flimmerepithelien der Luft- röhre von O. Drasch 5) kennen gelernt haben, ergiebt sich auf das bestimmteste eine gegenseitige Beeinflussung durch Druck, welche unter Durchbrechung, Zertheilung und Zerstückelung der alten Zellen dieser Gewebe zum Schwunde und zur Ausstossung führt. 1) Virchow’s Archiv. Bd. 50. p. 543. 2) Wiener Sitzungsber. Bd. 79. Abth. III. 1879. 3) Virchow’s Archiv. Bd. 79. Heft 1. 4) Centralblatt f. d. med. Wiss. 1871. 5) Wiener Sitzungsber. Bd. 80. Abth. III. 1879.

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/108>, abgerufen am 05.05.2024.