Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Die heimlichen Liebes-Geschichte Massen sie seine grosse Hochachtung gegen ihre We-nigkeit iederzeit gar wohl verspüret hätte, und wie- wohl sie nicht fähig wäre, solche zu verschulden, so wollte sie doch dieselbenimmermehr aus ihrem Anden- cken kommen lassen. Ibrahim, dem die grosse Klug- heit der Arabella sehr wohl bekannt war, wollte die wahre Meynung seines Discourses nicht unrecht verstanden haben, obschon ihre Scharffsinnigkeit und Sittsamkeit solchen auf eine andere Materie lenckete, erwiederte demnach alsobald: Dero be- ständiger und getreuester Diener heget keine solche hochmüthigen Gedancken von seiner vergangenen Aufwartung, daß er sich einbilden sollte, als ob er die schöne Arabella iemals verpflichten, oder wenigstens eine Erwiederung für dieje- nige aufrichtige Neigung, die er gegen sie bekannt, verdienen können; Jch lie- be meine schönste Arabella, ich liebe sie, und keine Belohnung ist mir schätzbar, als die mir dero Hertz giebet, oder mich meines Lebens beraubet: Wenn mir dero Gütigkeit zu leben besiehlet, so lebe ich de- ro Diener; oder wenn dero Ungnade mir denselben Augenblick zu sterben gebiethet, so sterbe als dero Märtyrer. Arabella er- röthete, und was ihr die Erbarkeit nicht verstattete, durch
Die heimlichen Liebes-Geſchichte Maſſen ſie ſeine groſſe Hochachtung gegen ihre We-nigkeit iederzeit gar wohl verſpuͤret haͤtte, und wie- wohl ſie nicht faͤhig waͤre, ſolche zu verſchulden, ſo wollte ſie doch dieſelbenim̃ermehr aus ihrem Anden- cken kommen laſſen. Ibrahim, dem die groſſe Klug- heit der Arabella ſehr wohl bekañt war, wollte die wahre Meynung ſeines Diſcourſes nicht unrecht verſtanden haben, obſchon ihre Scharffſinnigkeit und Sittſamkeit ſolchen auf eine andere Materie lenckete, erwiederte demnach alſobald: Dero be- ſtaͤndiger und getreueſter Diener heget keine ſolche hochmuͤthigen Gedancken von ſeiner vergangenen Aufwartung, daß er ſich einbilden ſollte, als ob er die ſchoͤne Arabella iemals verpflichten, oder wenigſtens eine Erwiederung fuͤr dieje- nige aufrichtige Neigung, die er gegen ſie bekannt, verdienen koͤnnen; Jch lie- be meine ſchoͤnſte Arabella, ich liebe ſie, und keine Belohnung iſt mir ſchaͤtzbar, als die mir dero Hertz giebet, oder mich meines Lebens beraubet: Wenn mir dero Guͤtigkeit zu leben beſiehlet, ſo lebe ich de- ro Diener; oder wenn dero Ungnade mir denſelben Augenblick zu ſterben gebiethet, ſo ſterbe als dero Maͤrtyrer. Arabella er- roͤthete, und was ihr die Erbarkeit nicht verſtattete, durch
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Die heimlichen Liebes-Geſchichte
Maſſen ſie ſeine groſſe Hochachtung gegen ihre We-
nigkeit iederzeit gar wohl verſpuͤret haͤtte, und wie-
wohl ſie nicht faͤhig waͤre, ſolche zu verſchulden, ſo
wollte ſie doch dieſelbenim̃ermehr aus ihrem Anden-
cken kommen laſſen. Ibrahim, dem die groſſe Klug-
heit der Arabella ſehr wohl bekañt war, wollte die
wahre Meynung ſeines Diſcourſes nicht unrecht
verſtanden haben, obſchon ihre Scharffſinnigkeit
und Sittſamkeit ſolchen auf eine andere Materie
lenckete, erwiederte demnach alſobald: Dero be-
ſtaͤndiger und getreueſter Diener heget
keine ſolche hochmuͤthigen Gedancken
von ſeiner vergangenen Aufwartung,
daß er ſich einbilden ſollte, als ob er die
ſchoͤne Arabella iemals verpflichten, oder
wenigſtens eine Erwiederung fuͤr dieje-
nige aufrichtige Neigung, die er gegen
ſie bekannt, verdienen koͤnnen; Jch lie-
be meine ſchoͤnſte Arabella, ich liebe ſie,
und keine Belohnung iſt mir ſchaͤtzbar,
als die mir dero Hertz giebet, oder mich
meines Lebens beraubet: Wenn mir dero
Guͤtigkeit zu leben beſiehlet, ſo lebe ich de-
ro Diener; oder wenn dero Ungnade mir
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ſo ſterbe als dero Maͤrtyrer. Arabella er-
roͤthete, und was ihr die Erbarkeit nicht verſtattete,
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