Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Graf von Rochester,
tung bekümmerte ihn über die massen; weil er aber
dem Ubel nicht abzuhelffen wuste, reisete er voller
Grillen und Mißvergnügen wiederum nach Lon-
don
zurück.

Dieser Affront ihres Liebhabers, und die un-
gemeine Generosite des Grafen von Sommer-
sett
hatte ihr flatterhafftes und herumschweiffen-
des Hertz seiner Brust doch einmal einverleibet;
Er wurde aber gleich damals wichtiger Angelegen-
heiten halber genöthiget, nach Flandern zu reisen.
Dieses machte Madame Barry überaus miß-
vergnüget, zumal als der Lord nicht so bald wie-
der zurücke kam, wie sie sich eingebildet, daß er es
ihrentwegen thun würde: Jhr bekümmertes Ge-
müth wurde von Hoffnung und Furcht, wie Was-
serwogen von Sturm-Winden, umgetrieben, und
der Kampff zwischen Liebe und Verzweifflung war
nicht auszusagen. Die schöne Proportion, an-
nehmliche Gestalt, galante Aufführung, höfliche
Beredsamkeit und edele Conduite des Grafen
von Sommersett verursachten, daß sie ihn für
den vollkommensten Cavalier, den sie iemals ge-
fehen, hielte; Weil sie aber gleichwohl Sr. Gräfl.
Gnaden Gegenwart beraubt leben muste, bemühete
sie sich, ihre Leidenschafft zu stillen und die grausa-
men Stürme ihres Gemüths in eine ausgeklärte
[un]d sanffte Heiterkeit zu verwandeln. Der Kampff

gieng

Der Graf von Rocheſter,
tung bekuͤmmerte ihn uͤber die maſſen; weil er aber
dem Ubel nicht abzuhelffen wuſte, reiſete er voller
Grillen und Mißvergnuͤgen wiederum nach Lon-
don
zuruͤck.

Dieſer Affront ihres Liebhabers, und die un-
gemeine Generoſité des Grafen von Sommer-
ſett
hatte ihr flatterhafftes und herumſchweiffen-
des Hertz ſeiner Bruſt doch einmal einverleibet;
Er wurde aber gleich damals wichtiger Angelegen-
heiten halber genoͤthiget, nach Flandern zu reiſen.
Dieſes machte Madame Barry uͤberaus miß-
vergnuͤget, zumal als der Lord nicht ſo bald wie-
der zuruͤcke kam, wie ſie ſich eingebildet, daß er es
ihrentwegen thun wuͤrde: Jhr bekuͤmmertes Ge-
muͤth wurde von Hoffnung und Furcht, wie Waſ-
ſerwogen von Sturm-Winden, umgetrieben, und
der Kampff zwiſchen Liebe und Verzweifflung war
nicht auszuſagen. Die ſchoͤne Proportion, an-
nehmliche Geſtalt, galante Auffuͤhrung, hoͤfliche
Beredſamkeit und edele Conduite des Grafen
von Sommerſett verurſachten, daß ſie ihn fuͤr
den vollkommenſten Cavalier, den ſie iemals ge-
fehen, hielte; Weil ſie aber gleichwohl Sr. Graͤfl.
Gnaden Gegenwart beraubt leben muſte, bemuͤhete
ſie ſich, ihre Leidenſchafft zu ſtillen und die grauſa-
men Stuͤrme ihres Gemuͤths in eine ausgeklaͤrte
[un]d ſanffte Heiterkeit zu verwandeln. Der Kampff

gieng
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0456" n="436"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Graf von <hi rendition="#aq">Roche&#x017F;ter,</hi></hi></fw><lb/>
tung beku&#x0364;mmerte ihn u&#x0364;ber die ma&#x017F;&#x017F;en; weil er aber<lb/>
dem Ubel nicht abzuhelffen wu&#x017F;te, rei&#x017F;ete er voller<lb/>
Grillen und Mißvergnu&#x0364;gen wiederum nach <hi rendition="#aq">Lon-<lb/>
don</hi> zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Affront</hi> ihres Liebhabers, und die un-<lb/>
gemeine <hi rendition="#aq">Genero&#x017F;ité</hi> des Grafen von <hi rendition="#aq">Sommer-<lb/>
&#x017F;ett</hi> hatte ihr flatterhafftes und herum&#x017F;chweiffen-<lb/>
des Hertz &#x017F;einer Bru&#x017F;t doch einmal einverleibet;<lb/>
Er wurde aber gleich damals wichtiger Angelegen-<lb/>
heiten halber geno&#x0364;thiget, nach Flandern zu rei&#x017F;en.<lb/>
Die&#x017F;es machte <hi rendition="#aq">Madame Barry</hi> u&#x0364;beraus miß-<lb/>
vergnu&#x0364;get, zumal als der <hi rendition="#aq">Lord</hi> nicht &#x017F;o bald wie-<lb/>
der zuru&#x0364;cke kam, wie &#x017F;ie &#x017F;ich eingebildet, daß er es<lb/>
ihrentwegen thun wu&#x0364;rde: Jhr beku&#x0364;mmertes Ge-<lb/>
mu&#x0364;th wurde von Hoffnung und Furcht, wie Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erwogen von Sturm-Winden, umgetrieben, und<lb/>
der Kampff zwi&#x017F;chen Liebe und Verzweifflung war<lb/>
nicht auszu&#x017F;agen. Die &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Proportion,</hi> an-<lb/>
nehmliche Ge&#x017F;talt, <hi rendition="#aq">galante</hi> Auffu&#x0364;hrung, ho&#x0364;fliche<lb/>
Bered&#x017F;amkeit und edele <hi rendition="#aq">Conduite</hi> des Grafen<lb/>
von <hi rendition="#aq">Sommer&#x017F;ett</hi> verur&#x017F;achten, daß &#x017F;ie ihn fu&#x0364;r<lb/>
den vollkommen&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Cavalier,</hi> den &#x017F;ie iemals ge-<lb/>
fehen, hielte; Weil &#x017F;ie aber gleichwohl Sr. Gra&#x0364;fl.<lb/>
Gnaden Gegenwart beraubt leben mu&#x017F;te, bemu&#x0364;hete<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich, ihre Leiden&#x017F;chafft zu &#x017F;tillen und die grau&#x017F;a-<lb/>
men Stu&#x0364;rme ihres Gemu&#x0364;ths in eine ausgekla&#x0364;rte<lb/><supplied>un</supplied>d &#x017F;anffte Heiterkeit zu verwandeln. Der Kampff<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gieng</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0456] Der Graf von Rocheſter, tung bekuͤmmerte ihn uͤber die maſſen; weil er aber dem Ubel nicht abzuhelffen wuſte, reiſete er voller Grillen und Mißvergnuͤgen wiederum nach Lon- don zuruͤck. Dieſer Affront ihres Liebhabers, und die un- gemeine Generoſité des Grafen von Sommer- ſett hatte ihr flatterhafftes und herumſchweiffen- des Hertz ſeiner Bruſt doch einmal einverleibet; Er wurde aber gleich damals wichtiger Angelegen- heiten halber genoͤthiget, nach Flandern zu reiſen. Dieſes machte Madame Barry uͤberaus miß- vergnuͤget, zumal als der Lord nicht ſo bald wie- der zuruͤcke kam, wie ſie ſich eingebildet, daß er es ihrentwegen thun wuͤrde: Jhr bekuͤmmertes Ge- muͤth wurde von Hoffnung und Furcht, wie Waſ- ſerwogen von Sturm-Winden, umgetrieben, und der Kampff zwiſchen Liebe und Verzweifflung war nicht auszuſagen. Die ſchoͤne Proportion, an- nehmliche Geſtalt, galante Auffuͤhrung, hoͤfliche Beredſamkeit und edele Conduite des Grafen von Sommerſett verurſachten, daß ſie ihn fuͤr den vollkommenſten Cavalier, den ſie iemals ge- fehen, hielte; Weil ſie aber gleichwohl Sr. Graͤfl. Gnaden Gegenwart beraubt leben muſte, bemuͤhete ſie ſich, ihre Leidenſchafft zu ſtillen und die grauſa- men Stuͤrme ihres Gemuͤths in eine ausgeklaͤrte und ſanffte Heiterkeit zu verwandeln. Der Kampff gieng

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/456
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/456>, abgerufen am 17.07.2024.