Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

König Carolus II.
entblösten Dolch in der Hand über ihn herwischte,
des Vorsatzes, tausend Löcher in seine Haut zu ma-
chen. Seine Seele wurde von diesem greulichen
Phantasma dergestalt gepeiniget, daß, so fest er
auch schlieffe, er überlaut schrie: Ach! wertheste
Querovaille, was wollen sie machen?
Alsdenn erwachte er mit grossem Schrecken; und
wiewohl er sahe, daß es nur ein Traum gewesen,
so brachte er nichts destoweniger die Nacht auf
eine sehr kümmerliche Weise zu, und war voller
Grillen, es dürffte einiges Abendtheuer und fatalen
Zufall vorher verkündigen.

Allein der Ausgang von diesem Traum hatte keine
andere Bedeutung, als daß Madame Sedieres
des Morgens zu der Querovaille ins Hauß gienge,
ehe sie aufgestanden, und ihr zu erkennen gab, was sie
für Antheil, vor jener, an des Grafen Hertz habe.
Sie verfügte sich wiederum zurück nach Hause,
ehe ihr Liebhaber noch aufgestanden war, welcher
sich hierauf ankleidete, und alle krummen Umwege
auf der Querovaille ihre Wohnung zunahm,
auch sich immer einmal um das andere umsahe,
ob ihn etwa Sedieres wieder hinterschleichen
möchte. Es war aber damals zu langsam, Für-
sichtigkeit zu gebrauchen: Das Pferd war ge-
stohlen,
und dahero zu späte, den Stall zu
verwahren;
Doch langete er in kurtzem an dem
Ort an, wo er seine vollkommenste Glückseligkeit

zu

Koͤnig Carolus II.
entbloͤſten Dolch in der Hand uͤber ihn herwiſchte,
des Vorſatzes, tauſend Loͤcher in ſeine Haut zu ma-
chen. Seine Seele wurde von dieſem greulichen
Phantaſma dergeſtalt gepeiniget, daß, ſo feſt er
auch ſchlieffe, er uͤberlaut ſchrie: Ach! wertheſte
Querovaille, was wollen ſie machen?
Alsdenn erwachte er mit groſſem Schrecken; und
wiewohl er ſahe, daß es nur ein Traum geweſen,
ſo brachte er nichts deſtoweniger die Nacht auf
eine ſehr kuͤmmerliche Weiſe zu, und war voller
Grillen, es duͤrffte einiges Abendtheuer und fatalen
Zufall vorher verkuͤndigen.

Allein der Ausgang von dieſem Traum hatte keine
andere Bedeutung, als daß Madame Sedieres
des Morgens zu der Querovaille ins Hauß gienge,
ehe ſie aufgeſtanden, und ihr zu erkennen gab, was ſie
fuͤr Antheil, vor jener, an des Grafen Hertz habe.
Sie verfuͤgte ſich wiederum zuruͤck nach Hauſe,
ehe ihr Liebhaber noch aufgeſtanden war, welcher
ſich hierauf ankleidete, und alle krummen Umwege
auf der Querovaille ihre Wohnung zunahm,
auch ſich immer einmal um das andere umſahe,
ob ihn etwa Sedieres wieder hinterſchleichen
moͤchte. Es war aber damals zu langſam, Fuͤr-
ſichtigkeit zu gebrauchen: Das Pferd war ge-
ſtohlen,
und dahero zu ſpaͤte, den Stall zu
verwahren;
Doch langete er in kurtzem an dem
Ort an, wo er ſeine vollkommenſte Gluͤckſeligkeit

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0310" n="290"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Carolus II.</hi></hi></fw><lb/>
entblo&#x0364;&#x017F;ten Dolch in der Hand u&#x0364;ber ihn herwi&#x017F;chte,<lb/>
des Vor&#x017F;atzes, tau&#x017F;end Lo&#x0364;cher in &#x017F;eine Haut zu ma-<lb/>
chen. Seine Seele wurde von die&#x017F;em greulichen<lb/><hi rendition="#aq">Phanta&#x017F;ma</hi> derge&#x017F;talt gepeiniget, daß, &#x017F;o fe&#x017F;t er<lb/>
auch &#x017F;chlieffe, er u&#x0364;berlaut &#x017F;chrie: <hi rendition="#fr">Ach! werthe&#x017F;te</hi><lb/><hi rendition="#aq">Querovaille,</hi> <hi rendition="#fr">was wollen &#x017F;ie machen?</hi><lb/>
Alsdenn erwachte er mit gro&#x017F;&#x017F;em Schrecken; und<lb/>
wiewohl er &#x017F;ahe, daß es nur ein Traum gewe&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;o brachte er nichts de&#x017F;toweniger die Nacht auf<lb/>
eine &#x017F;ehr ku&#x0364;mmerliche Wei&#x017F;e zu, und war voller<lb/>
Grillen, es du&#x0364;rffte einiges Abendtheuer und <hi rendition="#aq">fatal</hi>en<lb/>
Zufall vorher verku&#x0364;ndigen.</p><lb/>
          <p>Allein der Ausgang von die&#x017F;em Traum hatte keine<lb/>
andere Bedeutung, als daß <hi rendition="#aq">Madame Sedieres</hi><lb/>
des Morgens zu der <hi rendition="#aq">Querovaille</hi> ins Hauß gienge,<lb/>
ehe &#x017F;ie aufge&#x017F;tanden, und ihr zu erkennen gab, was &#x017F;ie<lb/>
fu&#x0364;r Antheil, vor jener, an des Grafen Hertz habe.<lb/>
Sie verfu&#x0364;gte &#x017F;ich wiederum zuru&#x0364;ck nach Hau&#x017F;e,<lb/>
ehe ihr Liebhaber noch aufge&#x017F;tanden war, welcher<lb/>
&#x017F;ich hierauf ankleidete, und alle krummen Umwege<lb/>
auf der <hi rendition="#aq">Querovaille</hi> ihre Wohnung zunahm,<lb/>
auch &#x017F;ich immer einmal um das andere um&#x017F;ahe,<lb/>
ob ihn etwa <hi rendition="#aq">Sedieres</hi> wieder hinter&#x017F;chleichen<lb/>
mo&#x0364;chte. Es war aber damals zu lang&#x017F;am, Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ichtigkeit zu gebrauchen: <hi rendition="#fr">Das Pferd war ge-<lb/>
&#x017F;tohlen,</hi> und dahero zu &#x017F;pa&#x0364;te, <hi rendition="#fr">den Stall zu<lb/>
verwahren;</hi> Doch langete er in kurtzem an dem<lb/>
Ort an, wo er &#x017F;eine vollkommen&#x017F;te Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0310] Koͤnig Carolus II. entbloͤſten Dolch in der Hand uͤber ihn herwiſchte, des Vorſatzes, tauſend Loͤcher in ſeine Haut zu ma- chen. Seine Seele wurde von dieſem greulichen Phantaſma dergeſtalt gepeiniget, daß, ſo feſt er auch ſchlieffe, er uͤberlaut ſchrie: Ach! wertheſte Querovaille, was wollen ſie machen? Alsdenn erwachte er mit groſſem Schrecken; und wiewohl er ſahe, daß es nur ein Traum geweſen, ſo brachte er nichts deſtoweniger die Nacht auf eine ſehr kuͤmmerliche Weiſe zu, und war voller Grillen, es duͤrffte einiges Abendtheuer und fatalen Zufall vorher verkuͤndigen. Allein der Ausgang von dieſem Traum hatte keine andere Bedeutung, als daß Madame Sedieres des Morgens zu der Querovaille ins Hauß gienge, ehe ſie aufgeſtanden, und ihr zu erkennen gab, was ſie fuͤr Antheil, vor jener, an des Grafen Hertz habe. Sie verfuͤgte ſich wiederum zuruͤck nach Hauſe, ehe ihr Liebhaber noch aufgeſtanden war, welcher ſich hierauf ankleidete, und alle krummen Umwege auf der Querovaille ihre Wohnung zunahm, auch ſich immer einmal um das andere umſahe, ob ihn etwa Sedieres wieder hinterſchleichen moͤchte. Es war aber damals zu langſam, Fuͤr- ſichtigkeit zu gebrauchen: Das Pferd war ge- ſtohlen, und dahero zu ſpaͤte, den Stall zu verwahren; Doch langete er in kurtzem an dem Ort an, wo er ſeine vollkommenſte Gluͤckſeligkeit zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/310
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/310>, abgerufen am 19.05.2024.