Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Mad. Alice Smalwood,
Gelegenheit, da er es Madem. Alice in einem sol-
chem Vehiculo beybringen möchte, als den Be-
trug am besten bemäntelte. Nach dreyen Tagen
kam dieser Doctor Wilson, welcher in ihres Va-
ters Hause logirte, aus seiner Studier-Stube her-
ab, und traff die Jungfer eben in der Küchen an, da
sie eine Chocolate für einige gute Freunde in der
Stube fertig machte. Sie offerirte ihm ein
Schälgen davon, wofür er sich bedanckte, sagende, er
wollte solches annehmen, iedoch mit dieser Bedin-
gung, daß sie ein anders trincken sollte; und als sie
hiermit zu frieden war, practicirte er heimlich das
Opiatische Pulver, ohne den geringsten Argwohn
bey ihr zu erregen, in ihr Schälgen. Ohngefehr
nach einer Stunde fieng das Pulver so kräfftig zu
würcken an, daß, ob sie schon die Schläffrigkeit, die
sie so starck überfiel, durch Herumspatzierung in dem
Garten und andere Bewegungen zu vertreiben
suchte, solche dennoch zuletzt die Oberhand behielte,
daß sie genötiget ward, sich in ihre Kammer zu be-
geben, woselbst sie sich auf ihr Bette niederlegte,
und durch die gewaltsame Würckung der Medi-
cin
mit einem tieffen Schlaffe befallen wurde.
Doctor Wilson gab genau auf sie Achtung, und
als er sie in die Kammer gehen sahe, folgte er ihr
nach, und fande sie daselbst auf dem Bette fest
schlaffend; Hierauf beobachtete er, daß das ande-
re Haus-Gesinde beschäfftiget war, hielte demnach

die-

Mad. Alice Smalwood,
Gelegenheit, da er es Madem. Alice in einem ſol-
chem Vehiculo beybringen moͤchte, als den Be-
trug am beſten bemaͤntelte. Nach dreyen Tagen
kam dieſer Doctor Wilſon, welcher in ihres Va-
ters Hauſe logirte, aus ſeiner Studier-Stube her-
ab, und traff die Jungfer eben in der Kuͤchen an, da
ſie eine Chocolate fuͤr einige gute Freunde in der
Stube fertig machte. Sie offerirte ihm ein
Schaͤlgen davon, wofuͤr er ſich bedanckte, ſagende, er
wollte ſolches annehmen, iedoch mit dieſer Bedin-
gung, daß ſie ein anders trincken ſollte; und als ſie
hiermit zu frieden war, practicirte er heimlich das
Opiatiſche Pulver, ohne den geringſten Argwohn
bey ihr zu erregen, in ihr Schaͤlgen. Ohngefehr
nach einer Stunde fieng das Pulver ſo kraͤfftig zu
wuͤrcken an, daß, ob ſie ſchon die Schlaͤffrigkeit, die
ſie ſo ſtarck uͤberfiel, durch Herumſpatzierung in dem
Garten und andere Bewegungen zu vertreiben
ſuchte, ſolche dennoch zuletzt die Oberhand behielte,
daß ſie genoͤtiget ward, ſich in ihre Kammer zu be-
geben, woſelbſt ſie ſich auf ihr Bette niederlegte,
und durch die gewaltſame Wuͤrckung der Medi-
cin
mit einem tieffen Schlaffe befallen wurde.
Doctor Wilſon gab genau auf ſie Achtung, und
als er ſie in die Kammer gehen ſahe, folgte er ihr
nach, und fande ſie daſelbſt auf dem Bette feſt
ſchlaffend; Hierauf beobachtete er, daß das ande-
re Haus-Geſinde beſchaͤfftiget war, hielte demnach

die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="252"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Mad. Alice Smalwood,</hi></hi></fw><lb/>
Gelegenheit, da er es <hi rendition="#aq">Madem. Alice</hi> in einem &#x017F;ol-<lb/>
chem <hi rendition="#aq">Vehiculo</hi> beybringen mo&#x0364;chte, als den Be-<lb/>
trug am be&#x017F;ten bema&#x0364;ntelte. Nach dreyen Tagen<lb/>
kam die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Doctor Wil&#x017F;on,</hi> welcher in ihres Va-<lb/>
ters Hau&#x017F;e <hi rendition="#aq">logir</hi>te, aus &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Studi</hi>er-Stube her-<lb/>
ab, und traff die Jungfer eben in der Ku&#x0364;chen an, da<lb/>
&#x017F;ie eine <hi rendition="#aq">Chocolate</hi> fu&#x0364;r einige gute Freunde in der<lb/>
Stube fertig machte. Sie <hi rendition="#aq">offerir</hi>te ihm ein<lb/>
Scha&#x0364;lgen davon, wofu&#x0364;r er &#x017F;ich bedanckte, &#x017F;agende, er<lb/>
wollte &#x017F;olches annehmen, iedoch mit die&#x017F;er Bedin-<lb/>
gung, daß &#x017F;ie ein anders trincken &#x017F;ollte; und als &#x017F;ie<lb/>
hiermit zu frieden war, <hi rendition="#aq">practicir</hi>te er heimlich das<lb/><hi rendition="#aq">Opiati</hi>&#x017F;che Pulver, ohne den gering&#x017F;ten Argwohn<lb/>
bey ihr zu erregen, in ihr Scha&#x0364;lgen. Ohngefehr<lb/>
nach einer Stunde fieng das Pulver &#x017F;o kra&#x0364;fftig zu<lb/>
wu&#x0364;rcken an, daß, ob &#x017F;ie &#x017F;chon die Schla&#x0364;ffrigkeit, die<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;tarck u&#x0364;berfiel, durch Herum&#x017F;patzierung in dem<lb/>
Garten und andere Bewegungen zu vertreiben<lb/>
&#x017F;uchte, &#x017F;olche dennoch zuletzt die Oberhand behielte,<lb/>
daß &#x017F;ie geno&#x0364;tiget ward, &#x017F;ich in ihre Kammer zu be-<lb/>
geben, wo&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;ich auf ihr Bette niederlegte,<lb/>
und durch die gewalt&#x017F;ame Wu&#x0364;rckung der <hi rendition="#aq">Medi-<lb/>
cin</hi> mit einem tieffen Schlaffe befallen wurde.<lb/><hi rendition="#aq">Doctor Wil&#x017F;on</hi> gab genau auf &#x017F;ie Achtung, und<lb/>
als er &#x017F;ie in die Kammer gehen &#x017F;ahe, folgte er ihr<lb/>
nach, und fande &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t auf dem Bette fe&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chlaffend; Hierauf beobachtete er, daß das ande-<lb/>
re Haus-Ge&#x017F;inde be&#x017F;cha&#x0364;fftiget war, hielte demnach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0272] Mad. Alice Smalwood, Gelegenheit, da er es Madem. Alice in einem ſol- chem Vehiculo beybringen moͤchte, als den Be- trug am beſten bemaͤntelte. Nach dreyen Tagen kam dieſer Doctor Wilſon, welcher in ihres Va- ters Hauſe logirte, aus ſeiner Studier-Stube her- ab, und traff die Jungfer eben in der Kuͤchen an, da ſie eine Chocolate fuͤr einige gute Freunde in der Stube fertig machte. Sie offerirte ihm ein Schaͤlgen davon, wofuͤr er ſich bedanckte, ſagende, er wollte ſolches annehmen, iedoch mit dieſer Bedin- gung, daß ſie ein anders trincken ſollte; und als ſie hiermit zu frieden war, practicirte er heimlich das Opiatiſche Pulver, ohne den geringſten Argwohn bey ihr zu erregen, in ihr Schaͤlgen. Ohngefehr nach einer Stunde fieng das Pulver ſo kraͤfftig zu wuͤrcken an, daß, ob ſie ſchon die Schlaͤffrigkeit, die ſie ſo ſtarck uͤberfiel, durch Herumſpatzierung in dem Garten und andere Bewegungen zu vertreiben ſuchte, ſolche dennoch zuletzt die Oberhand behielte, daß ſie genoͤtiget ward, ſich in ihre Kammer zu be- geben, woſelbſt ſie ſich auf ihr Bette niederlegte, und durch die gewaltſame Wuͤrckung der Medi- cin mit einem tieffen Schlaffe befallen wurde. Doctor Wilſon gab genau auf ſie Achtung, und als er ſie in die Kammer gehen ſahe, folgte er ihr nach, und fande ſie daſelbſt auf dem Bette feſt ſchlaffend; Hierauf beobachtete er, daß das ande- re Haus-Geſinde beſchaͤfftiget war, hielte demnach die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/272
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/272>, abgerufen am 19.05.2024.