Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Oliver Cromwel.
hatte, heyrathete er zum andernmal das eintzige
Kind eines Gerbers, der, ob er sie schon gar arm
gezeuget, ihr gleichwohl über 1000. Pfund hin-
terliesse, als er starbe. Diese nun war der Mad.
Farmer
ihre Mutter, und der Vater also ein an-
sehnlicher Handels-Mann. Als diese Tochter, die
sie extraordinair liebten, acht biß neun Jahr alt
wurde, zanckte sich Vater und Mutter öffters we-
gen ihrer Auferziehung; biß der Vater endlich sa-
he, daß solcher gestalt nicht viel Gutes aus ihr wer-
den würde, und sie daher in eine Mägdgen-Schul
in die Kost thäte, worbey er sich gegen die Lehrmei-
sterinnen daselbst vernehmen ließ, daß, ob er schon
gar schlecht anssehe, er dennoch brave Pfennige
habe, und kein Geld sparen wollte, wenn nur aus
seiner Tochter ein recht galantes Frauenzimmer, so
keinem andern im Lande was nachgäbe, gezogen
würde. Also unterwiese man Mademoiselle
Farmer
in allen Stücken, die nur in einer solchen
Frauenzimmer-Schul anzutreffen sind: Und weil
sie sich hieselbst befande, nahm ihr Vater dermas-
sen an Reichthume zu, daß, ehe sie das 16de Jahr
erreichete, er ihr 8000. Pfund zum Braut-Schatz
bestimmete, daferne jhm der Freyers-Mann gefal-
len würde.

Der Ruff von dem Glücke eines solchen ga-
lant
ten, schönen, jungen Frauenzimmers, dessen
Vater und Mutter noch am Leben, und welche keine

an-
M 2

und Oliver Cromwel.
hatte, heyrathete er zum andernmal das eintzige
Kind eines Gerbers, der, ob er ſie ſchon gar arm
gezeuget, ihr gleichwohl uͤber 1000. Pfund hin-
terlieſſe, als er ſtarbe. Dieſe nun war der Mad.
Farmer
ihre Mutter, und der Vater alſo ein an-
ſehnlicher Handels-Mann. Als dieſe Tochter, die
ſie extraordinair liebten, acht biß neun Jahr alt
wurde, zanckte ſich Vater und Mutter oͤffters we-
gen ihrer Auferziehung; biß der Vater endlich ſa-
he, daß ſolcher geſtalt nicht viel Gutes aus ihr wer-
den wuͤrde, und ſie daher in eine Maͤgdgen-Schul
in die Koſt thaͤte, worbey er ſich gegen die Lehrmei-
ſterinnen daſelbſt vernehmen ließ, daß, ob er ſchon
gar ſchlecht ansſehe, er dennoch brave Pfennige
habe, und kein Geld ſparen wollte, wenn nur aus
ſeiner Tochter ein recht galantes Frauenzimmer, ſo
keinem andern im Lande was nachgaͤbe, gezogen
wuͤrde. Alſo unterwieſe man Mademoiſelle
Farmer
in allen Stuͤcken, die nur in einer ſolchen
Frauenzimmer-Schul anzutreffen ſind: Und weil
ſie ſich hieſelbſt befande, nahm ihr Vater dermaſ-
ſen an Reichthume zu, daß, ehe ſie das 16de Jahr
erreichete, er ihr 8000. Pfund zum Braut-Schatz
beſtimmete, daferne jhm der Freyers-Mann gefal-
len wuͤrde.

Der Ruff von dem Gluͤcke eines ſolchen ga-
lant
ten, ſchoͤnen, jungen Frauenzimmers, deſſen
Vater und Mutter noch am Leben, und welche keine

an-
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">Oliver Cromwel.</hi></hi></fw><lb/>
hatte, heyrathete er zum andernmal das eintzige<lb/>
Kind eines Gerbers, der, ob er &#x017F;ie &#x017F;chon gar arm<lb/>
gezeuget, ihr gleichwohl u&#x0364;ber 1000. Pfund hin-<lb/>
terlie&#x017F;&#x017F;e, als er &#x017F;tarbe. Die&#x017F;e nun war der <hi rendition="#aq">Mad.<lb/>
Farmer</hi> ihre Mutter, und der Vater al&#x017F;o ein an-<lb/>
&#x017F;ehnlicher Handels-Mann. Als die&#x017F;e Tochter, die<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#aq">extraordinair</hi> liebten, acht biß neun Jahr alt<lb/>
wurde, zanckte &#x017F;ich Vater und Mutter o&#x0364;ffters we-<lb/>
gen ihrer Auferziehung; biß der Vater endlich &#x017F;a-<lb/>
he, daß &#x017F;olcher ge&#x017F;talt nicht viel Gutes aus ihr wer-<lb/>
den wu&#x0364;rde, und &#x017F;ie daher in eine Ma&#x0364;gdgen-Schul<lb/>
in die Ko&#x017F;t tha&#x0364;te, worbey er &#x017F;ich gegen die Lehrmei-<lb/>
&#x017F;terinnen da&#x017F;elb&#x017F;t vernehmen ließ, daß, ob er &#x017F;chon<lb/>
gar &#x017F;chlecht ans&#x017F;ehe, er dennoch brave Pfennige<lb/>
habe, und kein Geld &#x017F;paren wollte, wenn nur aus<lb/>
&#x017F;einer Tochter ein recht <hi rendition="#aq">galant</hi>es Frauenzimmer, &#x017F;o<lb/>
keinem andern im Lande was nachga&#x0364;be, gezogen<lb/>
wu&#x0364;rde. Al&#x017F;o unterwie&#x017F;e man <hi rendition="#aq">Mademoi&#x017F;elle<lb/>
Farmer</hi> in allen Stu&#x0364;cken, die nur in einer &#x017F;olchen<lb/>
Frauenzimmer-Schul anzutreffen &#x017F;ind: Und weil<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich hie&#x017F;elb&#x017F;t befande, nahm ihr Vater derma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en an Reichthume zu, daß, ehe &#x017F;ie das 16de Jahr<lb/>
erreichete, er ihr 8000. Pfund zum Braut-Schatz<lb/>
be&#x017F;timmete, daferne jhm der Freyers-Mann gefal-<lb/>
len wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Der Ruff von dem Glu&#x0364;cke eines &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">ga-<lb/>
lant</hi>ten, &#x017F;cho&#x0364;nen, jungen Frauenzimmers, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Vater und Mutter noch am Leben, und welche keine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">an-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0199] und Oliver Cromwel. hatte, heyrathete er zum andernmal das eintzige Kind eines Gerbers, der, ob er ſie ſchon gar arm gezeuget, ihr gleichwohl uͤber 1000. Pfund hin- terlieſſe, als er ſtarbe. Dieſe nun war der Mad. Farmer ihre Mutter, und der Vater alſo ein an- ſehnlicher Handels-Mann. Als dieſe Tochter, die ſie extraordinair liebten, acht biß neun Jahr alt wurde, zanckte ſich Vater und Mutter oͤffters we- gen ihrer Auferziehung; biß der Vater endlich ſa- he, daß ſolcher geſtalt nicht viel Gutes aus ihr wer- den wuͤrde, und ſie daher in eine Maͤgdgen-Schul in die Koſt thaͤte, worbey er ſich gegen die Lehrmei- ſterinnen daſelbſt vernehmen ließ, daß, ob er ſchon gar ſchlecht ansſehe, er dennoch brave Pfennige habe, und kein Geld ſparen wollte, wenn nur aus ſeiner Tochter ein recht galantes Frauenzimmer, ſo keinem andern im Lande was nachgaͤbe, gezogen wuͤrde. Alſo unterwieſe man Mademoiſelle Farmer in allen Stuͤcken, die nur in einer ſolchen Frauenzimmer-Schul anzutreffen ſind: Und weil ſie ſich hieſelbſt befande, nahm ihr Vater dermaſ- ſen an Reichthume zu, daß, ehe ſie das 16de Jahr erreichete, er ihr 8000. Pfund zum Braut-Schatz beſtimmete, daferne jhm der Freyers-Mann gefal- len wuͤrde. Der Ruff von dem Gluͤcke eines ſolchen ga- lantten, ſchoͤnen, jungen Frauenzimmers, deſſen Vater und Mutter noch am Leben, und welche keine an- M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/199
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/199>, abgerufen am 06.05.2024.