Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Madame Raymond, Welt vorgekommen; und daß michnicht bemühet, eher Addresse bey ihnen zu suchen, ist nur deßwegen geschehen, weil mir nicht unbekannt, welcher gestalt Herr B - - bereits einen so festen Platz in Dero Hertzen eigenommen, daß es mir unmöglich geschienen, solchen daraus zu vertreiben; Nachdem sie ihn aber treu- loß befunden, so überlassen sie, bitte ich, ihn seinem verderbten Geschmacke, und erlauben, daß ich eine beständige Allian- ce mit ihnen schliessen möge. Herr B - - hatte nun Madame Raymond in einem sehr verdrüßlichen Humeur hinterlassen, indem er aufs Land gereiset war, und nicht einmal Abschied von ihr genommen; Gleichwohl hatte sie ein so gelindes Naturel, daß sie nicht einmal zornig auf ihn war: Und weil sie urtheilte, man dürffe nicht gleich alles für eine unbetrügliche Wahrheit an- nehmen, was vielleicht nur zufälliger Weise vorge- bracht würde; So sahe sie für gut an, dasjenige, welches der Graf im Ernst vorgebracht, in einen blossen Schertz zu verwandeln; Und damit sie den Discours abbrechen möchte, stellte sie sich an, als sey ihr nicht wohl zu Muthe, und bäthe dem- nach den Grafen, so gütig zu seyn, und sich für dieses mal zu absentiren. Sich
Madame Raymond, Welt vorgekommen; und daß michnicht bemuͤhet, eher Addreſſe bey ihnen zu ſuchen, iſt nur deßwegen geſchehen, weil mir nicht unbekannt, welcher geſtalt Herr B ‒ ‒ bereits einen ſo feſten Platz in Dero Hertzen eigenommen, daß es mir unmoͤglich geſchienen, ſolchen daraus zu vertreiben; Nachdem ſie ihn aber treu- loß befunden, ſo uͤberlaſſen ſie, bitte ich, ihn ſeinem verderbten Geſchmacke, und erlauben, daß ich eine beſtaͤndige Allian- ce mit ihnen ſchlieſſen moͤge. Herr B ‒ ‒ hatte nun Madame Raymond in einem ſehr verdruͤßlichen Humeur hinterlaſſen, indem er aufs Land gereiſet war, und nicht einmal Abſchied von ihr genommen; Gleichwohl hatte ſie ein ſo gelindes Naturel, daß ſie nicht einmal zornig auf ihn war: Und weil ſie urtheilte, man duͤrffe nicht gleich alles fuͤr eine unbetruͤgliche Wahrheit an- nehmen, was vielleicht nur zufaͤlliger Weiſe vorge- bracht wuͤrde; So ſahe ſie fuͤr gut an, dasjenige, welches der Graf im Ernſt vorgebracht, in einen bloſſen Schertz zu verwandeln; Und damit ſie den Diſcours abbrechen moͤchte, ſtellte ſie ſich an, als ſey ihr nicht wohl zu Muthe, und baͤthe dem- nach den Grafen, ſo guͤtig zu ſeyn, und ſich fuͤr dieſes mal zu abſentiren. Sich
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Madame Raymond,
Welt vorgekommen; und daß mich
nicht bemuͤhet, eher Addreſſe bey ihnen
zu ſuchen, iſt nur deßwegen geſchehen,
weil mir nicht unbekannt, welcher geſtalt
Herr B ‒ ‒ bereits einen ſo feſten Platz
in Dero Hertzen eigenommen, daß es mir
unmoͤglich geſchienen, ſolchen daraus zu
vertreiben; Nachdem ſie ihn aber treu-
loß befunden, ſo uͤberlaſſen ſie, bitte ich,
ihn ſeinem verderbten Geſchmacke, und
erlauben, daß ich eine beſtaͤndige Allian-
ce mit ihnen ſchlieſſen moͤge. Herr B ‒ ‒
hatte nun Madame Raymond in einem ſehr
verdruͤßlichen Humeur hinterlaſſen, indem er
aufs Land gereiſet war, und nicht einmal Abſchied
von ihr genommen; Gleichwohl hatte ſie ein ſo
gelindes Naturel, daß ſie nicht einmal zornig auf
ihn war: Und weil ſie urtheilte, man duͤrffe nicht
gleich alles fuͤr eine unbetruͤgliche Wahrheit an-
nehmen, was vielleicht nur zufaͤlliger Weiſe vorge-
bracht wuͤrde; So ſahe ſie fuͤr gut an, dasjenige,
welches der Graf im Ernſt vorgebracht, in einen
bloſſen Schertz zu verwandeln; Und damit ſie den
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als ſey ihr nicht wohl zu Muthe, und baͤthe dem-
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