Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
Madame Cosens,
Keine Schönheit kan ich finden, die mich
so empfindlich rührt,

Oder für die herben Schmertzen eine Pa-
nace gebiehrt.

Es wird meine krancke Seele durch den
Wechsel nicht geheilt,

Weil sie der, um die mich quäle, biß in Tod
entgegen eilt.

Diamanten können brechen; aber meine
Treue nicht:

Denn sie bleibet ohne Ende auf das erste
Ziel gericht.

Nun die Hoffnung ist gestorben, und ich
leb im Witwer-Stand,

Unterdessen geht Verzweifflung mir statt
einer Frau zur Hand!

Also seufftzete der Schäfer, biß ihn seine
Mattigkeit

Einem Schlummer überliesse; Doch es
wehrte kurtze Zeit,

So verschwand im Augenblicke süsser
Träume Schatten-Werck,

Und die Hencker seiner Ruhe kriegten viel-
mehr neue Stärck:

Denn er gleichte einem Sclaven, den man
von Galeeren nimmt,

Und noch zu weit ärgern Schmertzen grau-
samer Tortur bestimmt.

Diese Verse hintertrieben der Madame Cosens
ihre Reise keinesweges; sondern sie begab sich mit
ihrem Manne aufs Land, der sie daselbsten mit sol-

cher
Madame Coſens,
Keine Schoͤnheit kan ich finden, die mich
ſo empfindlich ruͤhrt,

Oder fuͤr die herben Schmertzen eine Pa-
nacé gebiehrt.

Es wird meine krancke Seele durch den
Wechſel nicht geheilt,

Weil ſie der, um die mich quaͤle, biß in Tod
entgegen eilt.

Diamanten koͤnnen brechen; aber meine
Treue nicht:

Denn ſie bleibet ohne Ende auf das erſte
Ziel gericht.

Nun die Hoffnung iſt geſtorben, und ich
leb im Witwer-Stand,

Unterdeſſen geht Verzweifflung mir ſtatt
einer Frau zur Hand!

Alſo ſeufftzete der Schaͤfer, biß ihn ſeine
Mattigkeit

Einem Schlummer uͤberlieſſe; Doch es
wehrte kurtze Zeit,

So verſchwand im Augenblicke ſuͤſſer
Traͤume Schatten-Werck,

Und die Hencker ſeiner Ruhe kriegten viel-
mehr neue Staͤrck:

Denn er gleichte einem Sclaven, den man
von Galeeren nimmt,

Und noch zu weit aͤrgern Schmertzen grau-
ſamer Tortur beſtimmt.

Dieſe Verſe hintertrieben der Madame Coſens
ihre Reiſe keinesweges; ſondern ſie begab ſich mit
ihrem Manne aufs Land, der ſie daſelbſten mit ſol-

cher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <cit>
            <quote>
              <lg rendition="#fr" type="poem">
                <pb facs="#f0126" n="106"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Madame Co&#x017F;ens,</hi> </hi> </fw><lb/>
                <l>Keine Scho&#x0364;nheit kan ich finden, die mich<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o empfindlich ru&#x0364;hrt,</hi></l><lb/>
                <l>Oder fu&#x0364;r die herben Schmertzen eine <hi rendition="#aq">Pa-</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">nacé</hi> gebiehrt.</hi></l><lb/>
                <l>Es wird meine krancke Seele durch den<lb/><hi rendition="#et">Wech&#x017F;el nicht geheilt,</hi></l><lb/>
                <l>Weil &#x017F;ie der, um die mich qua&#x0364;le, biß in Tod<lb/><hi rendition="#et">entgegen eilt.</hi></l><lb/>
                <l>Diamanten ko&#x0364;nnen brechen; aber meine<lb/><hi rendition="#et">Treue nicht:</hi></l><lb/>
                <l>Denn &#x017F;ie bleibet ohne Ende auf das er&#x017F;te<lb/><hi rendition="#et">Ziel gericht.</hi></l><lb/>
                <l>Nun die Hoffnung i&#x017F;t ge&#x017F;torben, und ich<lb/><hi rendition="#et">leb im Witwer-Stand,</hi></l><lb/>
                <l>Unterde&#x017F;&#x017F;en geht Verzweifflung mir &#x017F;tatt<lb/><hi rendition="#et">einer Frau zur Hand!</hi></l><lb/>
                <l>Al&#x017F;o &#x017F;eufftzete der Scha&#x0364;fer, biß ihn &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#et">Mattigkeit</hi></l><lb/>
                <l>Einem Schlummer u&#x0364;berlie&#x017F;&#x017F;e; Doch es<lb/><hi rendition="#et">wehrte kurtze Zeit,</hi></l><lb/>
                <l>So ver&#x017F;chwand im Augenblicke &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/><hi rendition="#et">Tra&#x0364;ume Schatten-Werck,</hi></l><lb/>
                <l>Und die Hencker &#x017F;einer Ruhe kriegten viel-<lb/><hi rendition="#et">mehr neue Sta&#x0364;rck:</hi></l><lb/>
                <l>Denn er gleichte einem Sclaven, den man<lb/><hi rendition="#et">von <hi rendition="#aq">Galeer</hi>en nimmt,</hi></l><lb/>
                <l>Und noch zu weit a&#x0364;rgern Schmertzen grau-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;amer <hi rendition="#aq">Tortur</hi> be&#x017F;timmt.</hi></l>
              </lg>
            </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Ver&#x017F;e hintertrieben der <hi rendition="#aq">Madame Co&#x017F;ens</hi><lb/>
ihre Rei&#x017F;e keinesweges; &#x017F;ondern &#x017F;ie begab &#x017F;ich mit<lb/>
ihrem Manne aufs Land, der &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;ten mit &#x017F;ol-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cher</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0126] Madame Coſens, Keine Schoͤnheit kan ich finden, die mich ſo empfindlich ruͤhrt, Oder fuͤr die herben Schmertzen eine Pa- nacé gebiehrt. Es wird meine krancke Seele durch den Wechſel nicht geheilt, Weil ſie der, um die mich quaͤle, biß in Tod entgegen eilt. Diamanten koͤnnen brechen; aber meine Treue nicht: Denn ſie bleibet ohne Ende auf das erſte Ziel gericht. Nun die Hoffnung iſt geſtorben, und ich leb im Witwer-Stand, Unterdeſſen geht Verzweifflung mir ſtatt einer Frau zur Hand! Alſo ſeufftzete der Schaͤfer, biß ihn ſeine Mattigkeit Einem Schlummer uͤberlieſſe; Doch es wehrte kurtze Zeit, So verſchwand im Augenblicke ſuͤſſer Traͤume Schatten-Werck, Und die Hencker ſeiner Ruhe kriegten viel- mehr neue Staͤrck: Denn er gleichte einem Sclaven, den man von Galeeren nimmt, Und noch zu weit aͤrgern Schmertzen grau- ſamer Tortur beſtimmt. Dieſe Verſe hintertrieben der Madame Coſens ihre Reiſe keinesweges; ſondern ſie begab ſich mit ihrem Manne aufs Land, der ſie daſelbſten mit ſol- cher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/126
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/126>, abgerufen am 21.11.2024.