[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.Sie sagt ihm, daß er unter allen Jhr einzig und allein gefallen; Nichts fiel ihr zu bekennen schwer, Sie sagt ihm dieß, wer weiß, ob nicht noch mer. Er dankt ihr für die Zärtlichkeit, Und war vergnügt und tat erfreut. Allein zu mererem sich zu entschlüssen Fiel ihm zwar öfters ein, Jedoch sein Mut war viel zu klein, Sie auf das erste mal zu küssen. Was dachte Dasne wohl hierbei? Sie sprach ihm zwar nicht von dem Feler frei, Doch glaubte sie, an statt ihn hönisch zu verlachen, Jhr Umgang würd ihn wol noch endlich herzhaft machen. Umsonst, er kam, sprach nichts, ging furchtsam wie- der fort, Und was er ja noch sprach, war ein erfragtes Wort; Doch ließ er stets die lächerliche Klage hören, Wie grausam das Geschick und seine Dafne wären. Man mußte hier so stark als Dafne zärtlich sein, Jhm statt der Rache noch beständig zu verzeihn. Sie nam sich endlich vor, das letzte zu probieren, Und
Sie ſagt ihm, daß er unter allen Jhr einzig und allein gefallen; Nichts fiel ihr zu bekennen ſchwer, Sie ſagt ihm dieß, wer weiß, ob nicht noch mer. Er dankt ihr fuͤr die Zaͤrtlichkeit, Und war vergnuͤgt und tat erfreut. Allein zu mererem ſich zu entſchluͤſſen Fiel ihm zwar oͤfters ein, Jedoch ſein Mut war viel zu klein, Sie auf das erſte mal zu kuͤſſen. Was dachte Daſne wohl hierbei? Sie ſprach ihm zwar nicht von dem Feler frei, Doch glaubte ſie, an ſtatt ihn hoͤniſch zu verlachen, Jhr Umgang wuͤrd ihn wol noch endlich herzhaft machen. Umſonſt, er kam, ſprach nichts, ging furchtſam wie- der fort, Und was er ja noch ſprach, war ein erfragtes Wort; Doch ließ er ſtets die laͤcherliche Klage hoͤren, Wie grauſam das Geſchick und ſeine Dafne waͤren. Man mußte hier ſo ſtark als Dafne zaͤrtlich ſein, Jhm ſtatt der Rache noch beſtaͤndig zu verzeihn. Sie nam ſich endlich vor, das letzte zu probieren, Und
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <pb facs="#f0026" n="22"/> <lg> <l>Sie ſagt ihm, daß er unter allen</l><lb/> <l>Jhr einzig und allein gefallen;</l><lb/> <l>Nichts fiel ihr zu bekennen ſchwer,</l><lb/> <l>Sie ſagt ihm dieß, wer weiß, ob nicht noch mer.</l><lb/> <l>Er dankt ihr fuͤr die Zaͤrtlichkeit,</l><lb/> <l>Und war vergnuͤgt und tat erfreut.</l><lb/> <l>Allein zu mererem ſich zu entſchluͤſſen</l><lb/> <l>Fiel ihm zwar oͤfters ein,</l><lb/> <l>Jedoch ſein Mut war viel zu klein,</l><lb/> <l>Sie auf das erſte mal zu kuͤſſen.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Was dachte Daſne wohl hierbei?</l><lb/> <l>Sie ſprach ihm zwar nicht von dem Feler frei,</l><lb/> <l>Doch glaubte ſie, an ſtatt ihn hoͤniſch zu verlachen,</l><lb/> <l>Jhr Umgang wuͤrd ihn wol noch endlich herzhaft<lb/><hi rendition="#et">machen.</hi></l><lb/> <l>Umſonſt, er kam, ſprach nichts, ging furchtſam wie-<lb/><hi rendition="#et">der fort,</hi></l><lb/> <l>Und was er ja noch ſprach, war ein erfragtes Wort;</l><lb/> <l>Doch ließ er ſtets die laͤcherliche Klage hoͤren,</l><lb/> <l>Wie grauſam das Geſchick und ſeine Dafne waͤren.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Man mußte hier ſo ſtark als Dafne zaͤrtlich ſein,</l><lb/> <l>Jhm ſtatt der Rache noch beſtaͤndig zu verzeihn.</l><lb/> <l>Sie nam ſich endlich vor, das letzte zu probieren,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [22/0026]
Sie ſagt ihm, daß er unter allen
Jhr einzig und allein gefallen;
Nichts fiel ihr zu bekennen ſchwer,
Sie ſagt ihm dieß, wer weiß, ob nicht noch mer.
Er dankt ihr fuͤr die Zaͤrtlichkeit,
Und war vergnuͤgt und tat erfreut.
Allein zu mererem ſich zu entſchluͤſſen
Fiel ihm zwar oͤfters ein,
Jedoch ſein Mut war viel zu klein,
Sie auf das erſte mal zu kuͤſſen.
Was dachte Daſne wohl hierbei?
Sie ſprach ihm zwar nicht von dem Feler frei,
Doch glaubte ſie, an ſtatt ihn hoͤniſch zu verlachen,
Jhr Umgang wuͤrd ihn wol noch endlich herzhaft
machen.
Umſonſt, er kam, ſprach nichts, ging furchtſam wie-
der fort,
Und was er ja noch ſprach, war ein erfragtes Wort;
Doch ließ er ſtets die laͤcherliche Klage hoͤren,
Wie grauſam das Geſchick und ſeine Dafne waͤren.
Man mußte hier ſo ſtark als Dafne zaͤrtlich ſein,
Jhm ſtatt der Rache noch beſtaͤndig zu verzeihn.
Sie nam ſich endlich vor, das letzte zu probieren,
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/26 |
Zitationshilfe: | [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/26>, abgerufen am 27.07.2024. |