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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Jahresring mit einer deutlich sich auszeichnenden Schicht, welche fast
lediglich aus Gefäßen, nicht größer als die übrigen, besteht. Jahresringe
sehr breit; an wüchsigen Bäumen nicht selten 1/4 Zoll breit. Das Holz
ist in seinem Gefüge feinfaserig, zähe, leichtspaltig, hart.

Die Vogelkirsche unserer Waldungen ist die durch Verwilderung wieder
erschienene Stammform unserer zahlreichen süßen Kirschensorten, deren Ein-
führung bekanntlich dem römischen Feldherrn Lukullus aus dem König-
reich Pontus am schwarzen Meer um 680 nach Roms Erbauung zu-
geschrieben wird, wie Plinius berichtet. Schon nach 120 Jahren kam die
Kirsche durch die Römer nach England und von da nach Deutschland
und Frankreich.

Neben den aus ihr entstandenen Gartenspielarten (Mai-, Herz-,
Glas-, Knorpel- und anderen Kirschen) unterscheidet man nach den Früchten
selbst mehrere wilde oder richtiger wieder verwilderte Spielarten: die
rothe und die schwarze Waldkirsche, mit kleiner und wenig Fleisch
habender Frucht und eine dritte mit größerer fleischigerer Frucht.

Der wilde Kirschbaum hat sich allmälig über ganz Deutschland und
über andere angrenzende Theile Europa's verbreitet und sich daselbst
in den Wäldern und Gehölzen einheimisch gemacht. Er steigt dabei bis
auf ziemlich bedeutende Höhen, in den deutschen Gebirgen (Riesengebirge,
Thüringerwald, Erzgebirge, Harz u. s. w.) bis in die obere Fichtenregion,
während er in der Schweiz hier und da, z. B. in Grindelwald, noch ober-
halb des Gletscherfußes gut gedeiht und seine Früchte reift. Er bedarf
für seine tiefgehende Wurzel einen tiefgründigen Boden, dem es an Frische
nicht fehlen darf.

Obgleich der Forstmann in seinen Mittelwaldbeständen den Vogel-
kirschbaum seines schönen sehr gesuchten Holzes wegen gern sieht, so ge-
schieht doch wenig mehr als nichts für seine Vermehrung, da sich der
Baum sehr leicht selbst ansäet, wozu die Vögel vieles beitragen. Letzterer
Umstand macht, daß wir fast überall und in allen Bestandsarten einzelnen
Kirschbäumen begegnen.

Das Leben der Vogelkirsche zeichnet sich durch einen fördersamen
Wuchs und eine unverkennbare Kräftigkeit ihres ganzen Wesens aus, ob-
gleich bekanntlich Spätfröste ihre Blüthe, oder streng genommen nur den
Stempel darin tödten. Von ihrer nahen Gattungsverwandtin, der Sauer-

Roßmäßler, der Wald. 33

Jahresring mit einer deutlich ſich auszeichnenden Schicht, welche faſt
lediglich aus Gefäßen, nicht größer als die übrigen, beſteht. Jahresringe
ſehr breit; an wüchſigen Bäumen nicht ſelten ¼ Zoll breit. Das Holz
iſt in ſeinem Gefüge feinfaſerig, zähe, leichtſpaltig, hart.

Die Vogelkirſche unſerer Waldungen iſt die durch Verwilderung wieder
erſchienene Stammform unſerer zahlreichen ſüßen Kirſchenſorten, deren Ein-
führung bekanntlich dem römiſchen Feldherrn Lukullus aus dem König-
reich Pontus am ſchwarzen Meer um 680 nach Roms Erbauung zu-
geſchrieben wird, wie Plinius berichtet. Schon nach 120 Jahren kam die
Kirſche durch die Römer nach England und von da nach Deutſchland
und Frankreich.

Neben den aus ihr entſtandenen Gartenſpielarten (Mai-, Herz-,
Glas-, Knorpel- und anderen Kirſchen) unterſcheidet man nach den Früchten
ſelbſt mehrere wilde oder richtiger wieder verwilderte Spielarten: die
rothe und die ſchwarze Waldkirſche, mit kleiner und wenig Fleiſch
habender Frucht und eine dritte mit größerer fleiſchigerer Frucht.

Der wilde Kirſchbaum hat ſich allmälig über ganz Deutſchland und
über andere angrenzende Theile Europa’s verbreitet und ſich daſelbſt
in den Wäldern und Gehölzen einheimiſch gemacht. Er ſteigt dabei bis
auf ziemlich bedeutende Höhen, in den deutſchen Gebirgen (Rieſengebirge,
Thüringerwald, Erzgebirge, Harz u. ſ. w.) bis in die obere Fichtenregion,
während er in der Schweiz hier und da, z. B. in Grindelwald, noch ober-
halb des Gletſcherfußes gut gedeiht und ſeine Früchte reift. Er bedarf
für ſeine tiefgehende Wurzel einen tiefgründigen Boden, dem es an Friſche
nicht fehlen darf.

Obgleich der Forſtmann in ſeinen Mittelwaldbeſtänden den Vogel-
kirſchbaum ſeines ſchönen ſehr geſuchten Holzes wegen gern ſieht, ſo ge-
ſchieht doch wenig mehr als nichts für ſeine Vermehrung, da ſich der
Baum ſehr leicht ſelbſt anſäet, wozu die Vögel vieles beitragen. Letzterer
Umſtand macht, daß wir faſt überall und in allen Beſtandsarten einzelnen
Kirſchbäumen begegnen.

Das Leben der Vogelkirſche zeichnet ſich durch einen förderſamen
Wuchs und eine unverkennbare Kräftigkeit ihres ganzen Weſens aus, ob-
gleich bekanntlich Spätfröſte ihre Blüthe, oder ſtreng genommen nur den
Stempel darin tödten. Von ihrer nahen Gattungsverwandtin, der Sauer-

Roßmäßler, der Wald. 33
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[513/0565] Jahresring mit einer deutlich ſich auszeichnenden Schicht, welche faſt lediglich aus Gefäßen, nicht größer als die übrigen, beſteht. Jahresringe ſehr breit; an wüchſigen Bäumen nicht ſelten ¼ Zoll breit. Das Holz iſt in ſeinem Gefüge feinfaſerig, zähe, leichtſpaltig, hart. Die Vogelkirſche unſerer Waldungen iſt die durch Verwilderung wieder erſchienene Stammform unſerer zahlreichen ſüßen Kirſchenſorten, deren Ein- führung bekanntlich dem römiſchen Feldherrn Lukullus aus dem König- reich Pontus am ſchwarzen Meer um 680 nach Roms Erbauung zu- geſchrieben wird, wie Plinius berichtet. Schon nach 120 Jahren kam die Kirſche durch die Römer nach England und von da nach Deutſchland und Frankreich. Neben den aus ihr entſtandenen Gartenſpielarten (Mai-, Herz-, Glas-, Knorpel- und anderen Kirſchen) unterſcheidet man nach den Früchten ſelbſt mehrere wilde oder richtiger wieder verwilderte Spielarten: die rothe und die ſchwarze Waldkirſche, mit kleiner und wenig Fleiſch habender Frucht und eine dritte mit größerer fleiſchigerer Frucht. Der wilde Kirſchbaum hat ſich allmälig über ganz Deutſchland und über andere angrenzende Theile Europa’s verbreitet und ſich daſelbſt in den Wäldern und Gehölzen einheimiſch gemacht. Er ſteigt dabei bis auf ziemlich bedeutende Höhen, in den deutſchen Gebirgen (Rieſengebirge, Thüringerwald, Erzgebirge, Harz u. ſ. w.) bis in die obere Fichtenregion, während er in der Schweiz hier und da, z. B. in Grindelwald, noch ober- halb des Gletſcherfußes gut gedeiht und ſeine Früchte reift. Er bedarf für ſeine tiefgehende Wurzel einen tiefgründigen Boden, dem es an Friſche nicht fehlen darf. Obgleich der Forſtmann in ſeinen Mittelwaldbeſtänden den Vogel- kirſchbaum ſeines ſchönen ſehr geſuchten Holzes wegen gern ſieht, ſo ge- ſchieht doch wenig mehr als nichts für ſeine Vermehrung, da ſich der Baum ſehr leicht ſelbſt anſäet, wozu die Vögel vieles beitragen. Letzterer Umſtand macht, daß wir faſt überall und in allen Beſtandsarten einzelnen Kirſchbäumen begegnen. Das Leben der Vogelkirſche zeichnet ſich durch einen förderſamen Wuchs und eine unverkennbare Kräftigkeit ihres ganzen Weſens aus, ob- gleich bekanntlich Spätfröſte ihre Blüthe, oder ſtreng genommen nur den Stempel darin tödten. Von ihrer nahen Gattungsverwandtin, der Sauer- Roßmäßler, der Wald. 33

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/565>, abgerufen am 23.11.2024.