nur an einzelnen Trieben auftritt, wahrscheinlich in Folge von Blattläusen; die einfachblättrige Esche, F. e. monophylla, welche von Willde- now als eigene Art Fr. simplicifolia genannt wird. Dies ist eine wohl noch überraschendere Varietät als die auf S. 373. LIV. 3. abgebildete Buchenvarietät, denn sie hat anstatt gefiederte vielmehr einfache Blätter (LXXVI. 3.), so daß dies dem Baume auch ein völlig verändertes An- sehen der Belaubung giebt. Wenn wir die Keimpflanze ansehen (13.), so erscheint uns diese sonderbare Abart als eine Esche, welche auf dem Stadium der ersten Blattbildung stehen geblieben ist. Trotz des gewaltigen Kon- trastes zwischen einem zuweilen fast ellenlangen aus 11--13 Fiedern zu- sammengesetzten und einem viel kleineren ungetheilten Blatte darf man doch aus dieser Varietät keine besondere Art machen wollen, denn aus ihrem Samen geht nicht selten die Stammform wieder hervor und man findet nicht selten Bäume, welche gewissermaßen ein Schwanken zwischen den beiden Blattextremen zeigen, d. h. welche ganz einfache, tief einge- schnittene, unvollständig und vollständig dreizählige Blätter zugleich tragen. In allen übrigen Verhältnissen weicht diese Abart von der Stammart nicht im geringsten ab.
Die Esche verlangt einen frischen und fruchtbaren Standort, meidet daher alle zu trocknen und heißen Lagen. In dem Ueberschwemmungs- gebiete der Niederungen, am Ufer des Unterlaufs der Gebirgsbäche, in den gemischten Auenwäldern der Ebene wächst sie besonders gern und ist an solchen Standorten in ganz Deutschland verbreitet, über dessen Grenzen sie weit hinausgeht, weiter jedoch nach Nord und Ost als nach Süd und West.
Das Leben der Esche zeichnet sich besonders durch ein schnelles und üppiges Jugendwachsthum aus, wie auch schon gleich die Keimpflanze eine ungewöhnliche Größe und Kräftigkeit zeigt. Der schnell nach der Reife -- die man an der veränderten bleichen Farbe der trocken werdenden Samen erkennt -- gesäete Same geht zwar zum Theil im folgenden Frühjahr auf, liegt aber doch auch zum Theil über, welches letztere bei den Früh- jahrssorten Regel ist. Die einjährigen Pflänzchen werden im Pflanzgarten noch einmal verpflanzt, wo sie bei gutem Boden dann zuweilen ein außer- ordentliches Wachsthum und im zweiten Jahre nach der Verpflanzung nicht selten 3--4 Fuß hohe fingerdicke Triebe entwickeln. Aus Samen erwachsene
nur an einzelnen Trieben auftritt, wahrſcheinlich in Folge von Blattläuſen; die einfachblättrige Eſche, F. e. monophylla, welche von Willde- now als eigene Art Fr. simplicifolia genannt wird. Dies iſt eine wohl noch überraſchendere Varietät als die auf S. 373. LIV. 3. abgebildete Buchenvarietät, denn ſie hat anſtatt gefiederte vielmehr einfache Blätter (LXXVI. 3.), ſo daß dies dem Baume auch ein völlig verändertes An- ſehen der Belaubung giebt. Wenn wir die Keimpflanze anſehen (13.), ſo erſcheint uns dieſe ſonderbare Abart als eine Eſche, welche auf dem Stadium der erſten Blattbildung ſtehen geblieben iſt. Trotz des gewaltigen Kon- traſtes zwiſchen einem zuweilen faſt ellenlangen aus 11—13 Fiedern zu- ſammengeſetzten und einem viel kleineren ungetheilten Blatte darf man doch aus dieſer Varietät keine beſondere Art machen wollen, denn aus ihrem Samen geht nicht ſelten die Stammform wieder hervor und man findet nicht ſelten Bäume, welche gewiſſermaßen ein Schwanken zwiſchen den beiden Blattextremen zeigen, d. h. welche ganz einfache, tief einge- ſchnittene, unvollſtändig und vollſtändig dreizählige Blätter zugleich tragen. In allen übrigen Verhältniſſen weicht dieſe Abart von der Stammart nicht im geringſten ab.
Die Eſche verlangt einen friſchen und fruchtbaren Standort, meidet daher alle zu trocknen und heißen Lagen. In dem Ueberſchwemmungs- gebiete der Niederungen, am Ufer des Unterlaufs der Gebirgsbäche, in den gemiſchten Auenwäldern der Ebene wächſt ſie beſonders gern und iſt an ſolchen Standorten in ganz Deutſchland verbreitet, über deſſen Grenzen ſie weit hinausgeht, weiter jedoch nach Nord und Oſt als nach Süd und Weſt.
Das Leben der Eſche zeichnet ſich beſonders durch ein ſchnelles und üppiges Jugendwachsthum aus, wie auch ſchon gleich die Keimpflanze eine ungewöhnliche Größe und Kräftigkeit zeigt. Der ſchnell nach der Reife — die man an der veränderten bleichen Farbe der trocken werdenden Samen erkennt — geſäete Same geht zwar zum Theil im folgenden Frühjahr auf, liegt aber doch auch zum Theil über, welches letztere bei den Früh- jahrsſorten Regel iſt. Die einjährigen Pflänzchen werden im Pflanzgarten noch einmal verpflanzt, wo ſie bei gutem Boden dann zuweilen ein außer- ordentliches Wachsthum und im zweiten Jahre nach der Verpflanzung nicht ſelten 3—4 Fuß hohe fingerdicke Triebe entwickeln. Aus Samen erwachſene
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nur an einzelnen Trieben auftritt, wahrſcheinlich in Folge von Blattläuſen;
die einfachblättrige Eſche, F. e. monophylla, welche von Willde-
now als eigene Art Fr. simplicifolia genannt wird. Dies iſt eine wohl
noch überraſchendere Varietät als die auf S. 373. LIV. 3. abgebildete
Buchenvarietät, denn ſie hat anſtatt gefiederte vielmehr einfache Blätter
(LXXVI. 3.), ſo daß dies dem Baume auch ein völlig verändertes An-
ſehen der Belaubung giebt. Wenn wir die Keimpflanze anſehen (13.), ſo
erſcheint uns dieſe ſonderbare Abart als eine Eſche, welche auf dem Stadium
der erſten Blattbildung ſtehen geblieben iſt. Trotz des gewaltigen Kon-
traſtes zwiſchen einem zuweilen faſt ellenlangen aus 11—13 Fiedern zu-
ſammengeſetzten und einem viel kleineren ungetheilten Blatte darf man
doch aus dieſer Varietät keine beſondere Art machen wollen, denn aus
ihrem Samen geht nicht ſelten die Stammform wieder hervor und man
findet nicht ſelten Bäume, welche gewiſſermaßen ein Schwanken zwiſchen
den beiden Blattextremen zeigen, d. h. welche ganz einfache, tief einge-
ſchnittene, unvollſtändig und vollſtändig dreizählige Blätter zugleich tragen.
In allen übrigen Verhältniſſen weicht dieſe Abart von der Stammart
nicht im geringſten ab.
Die Eſche verlangt einen friſchen und fruchtbaren Standort, meidet
daher alle zu trocknen und heißen Lagen. In dem Ueberſchwemmungs-
gebiete der Niederungen, am Ufer des Unterlaufs der Gebirgsbäche, in
den gemiſchten Auenwäldern der Ebene wächſt ſie beſonders gern und iſt
an ſolchen Standorten in ganz Deutſchland verbreitet, über deſſen Grenzen
ſie weit hinausgeht, weiter jedoch nach Nord und Oſt als nach Süd
und Weſt.
Das Leben der Eſche zeichnet ſich beſonders durch ein ſchnelles und
üppiges Jugendwachsthum aus, wie auch ſchon gleich die Keimpflanze eine
ungewöhnliche Größe und Kräftigkeit zeigt. Der ſchnell nach der Reife —
die man an der veränderten bleichen Farbe der trocken werdenden Samen
erkennt — geſäete Same geht zwar zum Theil im folgenden Frühjahr
auf, liegt aber doch auch zum Theil über, welches letztere bei den Früh-
jahrsſorten Regel iſt. Die einjährigen Pflänzchen werden im Pflanzgarten
noch einmal verpflanzt, wo ſie bei gutem Boden dann zuweilen ein außer-
ordentliches Wachsthum und im zweiten Jahre nach der Verpflanzung nicht
ſelten 3—4 Fuß hohe fingerdicke Triebe entwickeln. Aus Samen erwachſene
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/538>, abgerufen am 22.12.2024.
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