nähere Bezeichnung auch im Waldboden von einer oberen und einer unteren Schicht sprechen.
Wenn wir auf einem feuchten und daher fruchtbaren Waldgehänge von einigen Ruthen Flächenraum alle Bäume abhauen und den Boden so tief und so lange abtragen lassen, als wir in ihm noch eingedrungene Pflanzenwurzeln auffinden würden, so würden wir mit zunehmender Tiefe den Boden allmälig eine andere Beschaffenheit zeigen sehen.
Nehmen wir an, es handele sich um einen mit einem gemischten, aus Fichten, Buchen und einigen anderen untergeordneten Holzarten zu- sammengesetzten hochstämmigen Bestand, auf einem aus Gneis gebildeten Boden -- wie wir solche Fälle in der größten Ausdehnung z. B. auf dem bewaldeten Grenzgebirge zwischen Sachsen und Böhmen finden, -- so würden wir bei der angedeuteten Untersuchung des Bodens Folgendes finden.
Nachdem die dicht am Boden gefällten und abgehackten Stämme und Gesträuche weggetragen wären, würde es uns erst auffallen, daß die- selben den Boden mit einer Welt niederer Pflanzen getheilt haben. Moose und Farrenkräuter und allerlei Waldkräuter und Gräser bedecken die den Boden bildenden Gneisbrocken oder sprossen zwischen diesen aus der schwarzen, feuchten, Modergeruch aushauchenden Erde empor. Wir lassen sie alle sorgfältig beseitigen und vor uns liegt nun der nackte, seiner Lebenserzeugnisse beraubte Boden und nach wenigen Stunden hat sich durch Austrocknen die zwischen den Blöcken hervorschauende Erde wesent- lich heller gefärbt.
Wir dringen tiefer ein; wir müssen es schon, wenn es uns gelingen soll, die sich tief einkrallenden Baumwurzeln mit den Wurzelstöcken, von denen sie ausstrahlen, gründlich auszugraben. Wir staunen, nirgends große Massen von eigentlicher Erde zu finden. So tief wir wühlen, wir finden nichts als große und kleine Gneisblöcke, zu einem mauerähnlichen Haufwerk aufgethürmt, und dazwischen, nur wie einen locker verbindenden Mörtel, die schwarze Walderde, reich gemischt mit gebräunten, zum Theil noch wohl erkennbaren Blättermumien und Holzstückchen, zwischen denen wir anfänglich die fadenförmigen Wurzeln der beseitigten Waldkräuter, selbst reichliche Ueberreste von Käferflügeln und anderen Insektentheilen, ja wohl lebendige Insekten und Schnecken selbst antreffen. Selten stoßen
nähere Bezeichnung auch im Waldboden von einer oberen und einer unteren Schicht ſprechen.
Wenn wir auf einem feuchten und daher fruchtbaren Waldgehänge von einigen Ruthen Flächenraum alle Bäume abhauen und den Boden ſo tief und ſo lange abtragen laſſen, als wir in ihm noch eingedrungene Pflanzenwurzeln auffinden würden, ſo würden wir mit zunehmender Tiefe den Boden allmälig eine andere Beſchaffenheit zeigen ſehen.
Nehmen wir an, es handele ſich um einen mit einem gemiſchten, aus Fichten, Buchen und einigen anderen untergeordneten Holzarten zu- ſammengeſetzten hochſtämmigen Beſtand, auf einem aus Gneis gebildeten Boden — wie wir ſolche Fälle in der größten Ausdehnung z. B. auf dem bewaldeten Grenzgebirge zwiſchen Sachſen und Böhmen finden, — ſo würden wir bei der angedeuteten Unterſuchung des Bodens Folgendes finden.
Nachdem die dicht am Boden gefällten und abgehackten Stämme und Geſträuche weggetragen wären, würde es uns erſt auffallen, daß die- ſelben den Boden mit einer Welt niederer Pflanzen getheilt haben. Mooſe und Farrenkräuter und allerlei Waldkräuter und Gräſer bedecken die den Boden bildenden Gneisbrocken oder ſproſſen zwiſchen dieſen aus der ſchwarzen, feuchten, Modergeruch aushauchenden Erde empor. Wir laſſen ſie alle ſorgfältig beſeitigen und vor uns liegt nun der nackte, ſeiner Lebenserzeugniſſe beraubte Boden und nach wenigen Stunden hat ſich durch Austrocknen die zwiſchen den Blöcken hervorſchauende Erde weſent- lich heller gefärbt.
Wir dringen tiefer ein; wir müſſen es ſchon, wenn es uns gelingen ſoll, die ſich tief einkrallenden Baumwurzeln mit den Wurzelſtöcken, von denen ſie ausſtrahlen, gründlich auszugraben. Wir ſtaunen, nirgends große Maſſen von eigentlicher Erde zu finden. So tief wir wühlen, wir finden nichts als große und kleine Gneisblöcke, zu einem mauerähnlichen Haufwerk aufgethürmt, und dazwiſchen, nur wie einen locker verbindenden Mörtel, die ſchwarze Walderde, reich gemiſcht mit gebräunten, zum Theil noch wohl erkennbaren Blättermumien und Holzſtückchen, zwiſchen denen wir anfänglich die fadenförmigen Wurzeln der beſeitigten Waldkräuter, ſelbſt reichliche Ueberreſte von Käferflügeln und anderen Inſektentheilen, ja wohl lebendige Inſekten und Schnecken ſelbſt antreffen. Selten ſtoßen
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[27/0051]
nähere Bezeichnung auch im Waldboden von einer oberen und einer
unteren Schicht ſprechen.
Wenn wir auf einem feuchten und daher fruchtbaren Waldgehänge
von einigen Ruthen Flächenraum alle Bäume abhauen und den Boden
ſo tief und ſo lange abtragen laſſen, als wir in ihm noch eingedrungene
Pflanzenwurzeln auffinden würden, ſo würden wir mit zunehmender Tiefe
den Boden allmälig eine andere Beſchaffenheit zeigen ſehen.
Nehmen wir an, es handele ſich um einen mit einem gemiſchten,
aus Fichten, Buchen und einigen anderen untergeordneten Holzarten zu-
ſammengeſetzten hochſtämmigen Beſtand, auf einem aus Gneis gebildeten
Boden — wie wir ſolche Fälle in der größten Ausdehnung z. B. auf
dem bewaldeten Grenzgebirge zwiſchen Sachſen und Böhmen finden, —
ſo würden wir bei der angedeuteten Unterſuchung des Bodens Folgendes
finden.
Nachdem die dicht am Boden gefällten und abgehackten Stämme
und Geſträuche weggetragen wären, würde es uns erſt auffallen, daß die-
ſelben den Boden mit einer Welt niederer Pflanzen getheilt haben.
Mooſe und Farrenkräuter und allerlei Waldkräuter und Gräſer bedecken
die den Boden bildenden Gneisbrocken oder ſproſſen zwiſchen dieſen aus
der ſchwarzen, feuchten, Modergeruch aushauchenden Erde empor. Wir
laſſen ſie alle ſorgfältig beſeitigen und vor uns liegt nun der nackte, ſeiner
Lebenserzeugniſſe beraubte Boden und nach wenigen Stunden hat ſich
durch Austrocknen die zwiſchen den Blöcken hervorſchauende Erde weſent-
lich heller gefärbt.
Wir dringen tiefer ein; wir müſſen es ſchon, wenn es uns gelingen
ſoll, die ſich tief einkrallenden Baumwurzeln mit den Wurzelſtöcken, von
denen ſie ausſtrahlen, gründlich auszugraben. Wir ſtaunen, nirgends
große Maſſen von eigentlicher Erde zu finden. So tief wir wühlen, wir
finden nichts als große und kleine Gneisblöcke, zu einem mauerähnlichen
Haufwerk aufgethürmt, und dazwiſchen, nur wie einen locker verbindenden
Mörtel, die ſchwarze Walderde, reich gemiſcht mit gebräunten, zum Theil
noch wohl erkennbaren Blättermumien und Holzſtückchen, zwiſchen denen
wir anfänglich die fadenförmigen Wurzeln der beſeitigten Waldkräuter,
ſelbſt reichliche Ueberreſte von Käferflügeln und anderen Inſektentheilen,
ja wohl lebendige Inſekten und Schnecken ſelbſt antreffen. Selten ſtoßen
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/51>, abgerufen am 22.12.2024.
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