Kaum bedarf es nun noch eines Hinweises, wir finden es wenigstens nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um sich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenstand der sinn- bildlichen Verehrung gewesen ist. "Und so ist es denn gekommen, daß die Götterverehrung der Hellenen, wie sie mit dem Baume entstand und mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem Tempel- und Bilderkultus voranging, so überdauerte er denselben auch bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was christlich-clerikale Straf- gesetzgebung mit großer Mühe und schweren Strafen vernichtete, waren die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung"*).
Wenn wir nicht Fanatiker sind, so haben wir jenes so oft dargestellte Bild nicht ohne Mißbehagen sehen können, welches den heil. Bonifacius darstellt, wie er mit hochgeschwungener Axt eifrige Streiche gegen den Stamm einer deutschen Eiche führt.
*)Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.
Kaum bedarf es nun noch eines Hinweiſes, wir finden es wenigſtens nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um ſich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenſtand der ſinn- bildlichen Verehrung geweſen iſt. „Und ſo iſt es denn gekommen, daß die Götterverehrung der Hellenen, wie ſie mit dem Baume entſtand und mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem Tempel- und Bilderkultus voranging, ſo überdauerte er denſelben auch bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was chriſtlich-clerikale Straf- geſetzgebung mit großer Mühe und ſchweren Strafen vernichtete, waren die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“*).
Wenn wir nicht Fanatiker ſind, ſo haben wir jenes ſo oft dargeſtellte Bild nicht ohne Mißbehagen ſehen können, welches den heil. Bonifacius darſtellt, wie er mit hochgeſchwungener Axt eifrige Streiche gegen den Stamm einer deutſchen Eiche führt.
*)Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0048"n="24"/><p>Kaum bedarf es nun noch eines Hinweiſes, wir finden es wenigſtens<lb/>
nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu<lb/>
allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um<lb/>ſich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenſtand der ſinn-<lb/>
bildlichen Verehrung geweſen iſt. „Und ſo iſt es denn gekommen, daß die<lb/>
Götterverehrung der Hellenen, wie ſie mit dem Baume <hirendition="#g">entſtand</hi> und<lb/>
mit ihm <hirendition="#g">dauerte</hi>, auch mit ihm <hirendition="#g">fiel</hi>. Wie der Baumkultus dem<lb/>
Tempel- und Bilderkultus voranging, ſo überdauerte er denſelben auch<lb/>
bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was chriſtlich-clerikale Straf-<lb/>
geſetzgebung mit großer Mühe und ſchweren Strafen vernichtete, waren<lb/>
die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“<noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g">Carl Bötticher</hi>, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.</note>.</p><lb/><p>Wenn wir nicht Fanatiker ſind, ſo haben wir jenes ſo oft dargeſtellte<lb/>
Bild nicht ohne Mißbehagen ſehen können, welches den heil. Bonifacius<lb/>
darſtellt, wie er mit hochgeſchwungener Axt eifrige Streiche gegen den<lb/>
Stamm einer deutſchen Eiche führt.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[24/0048]
Kaum bedarf es nun noch eines Hinweiſes, wir finden es wenigſtens
nun begreiflicher, ja wir finden es naturnothwendig, daß der Baum zu
allen Zeiten und bei allen Völkern, deren Natur nicht zu karg war, um
ſich bis zum Schaffen des Baumes zu erheben, ein Gegenſtand der ſinn-
bildlichen Verehrung geweſen iſt. „Und ſo iſt es denn gekommen, daß die
Götterverehrung der Hellenen, wie ſie mit dem Baume entſtand und
mit ihm dauerte, auch mit ihm fiel. Wie der Baumkultus dem
Tempel- und Bilderkultus voranging, ſo überdauerte er denſelben auch
bei dem gemeinen Volke, und das Letzte, was chriſtlich-clerikale Straf-
geſetzgebung mit großer Mühe und ſchweren Strafen vernichtete, waren
die heiligen Bäume mit ihrer Verehrung“ *).
Wenn wir nicht Fanatiker ſind, ſo haben wir jenes ſo oft dargeſtellte
Bild nicht ohne Mißbehagen ſehen können, welches den heil. Bonifacius
darſtellt, wie er mit hochgeſchwungener Axt eifrige Streiche gegen den
Stamm einer deutſchen Eiche führt.
*) Carl Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen. S. 16.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/48>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.