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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Nebenwurzeln finden sich übrigens nicht blos am Wurzelkörper, son-
dern können auch an Stammtheilen entspringen, wenn sie unter solche
Verhältnisse gebracht werden, wie sie die Wurzelthätigkeit verlangt, d. h. in
den Erdboden. Wir wissen Alle, daß Weiden und italienische Pappeln
lediglich durch Stecklinge vermehrt werden. Es reicht aus, einen
Weidenzweig in die Erde zu stecken, um aus ihm ein Weidenbäumchen
werden zu lassen, indem aus dem in dem Erdboden steckenden Ende desselben
an beliebigen Stellen Adventivwurzeln durch die Rinde hervortreten.

Was nun den innern Bau der Wurzel unserer Waldbäume
anbelangt, so wissen wir zunächst bereits, daß ihr das Mark fehlt, in-
dem nur selten ein feines Fädchen davon übrig ist, in welchem die Mark-
strahlen zusammenstoßen. Die Markstrahlen sind dagegen bei manchen
Arten desto reichlicher entwickelt.

Das Wurzelholz ist von dem Stamm- und Astholz in vielen
Stücken sehr verschieden, wenigstens bei den Laubhölzern, weniger bei
den Nadelbäumen. Im Allgemeinen ist es weicher, lockerer und leichter,
einmal weil die Zellen dünnwandiger sind, einmal weil es reicher an
weiten Gefäßen ist, ja bei den meisten der Unterschied zwischen weiten
und (ganz fehlenden) engen Gefäßen ganz wegfällt (S. 104, wo sie große
und kleine Gefäße genannt wurden). Neben diesen auch schon auf S. 107
mitgetheilten Unterschieden des Wurzelholzes sei noch hinzugefügt, daß
auch der Unterschied zwischen Frühjahrs- und Herbstholz (S. 105) mit
den Jahresringen bei dem Wurzelholze mehr oder weniger wegfällt.

Leider ist unsere Kenntniß von den Verschiedenheiten des Wurzelholzes
unserer Bäume noch sehr hinter der vom Stammholze zurück, weil man
selten Gelegenheit hat, Baumwurzeln zu bekommen, da von manchen
Bäumen, namentlich in gemischten Mittel- und Niederwald-Beständen die
Stöcke selten oder nicht gerodet werden, sondern zum Stockausschlag
stehen bleiben.

Die Rinde der Wurzeln gleicht zwar in der Hauptsache der des
Stammes, aber selbst an den stärksten Wurzelästen ist sie meist viel
schwächer als am Stamme, an den dünnen dagegen meist etwas dicker
und fleischiger als an gleichstarken Zweigen.

Eine so starke Borkenbildung wie am Stamme findet selbst an den
stärksten Wurzelästen nicht statt, dagegen sehr häufig eine nicht unbedeutende

Nebenwurzeln finden ſich übrigens nicht blos am Wurzelkörper, ſon-
dern können auch an Stammtheilen entſpringen, wenn ſie unter ſolche
Verhältniſſe gebracht werden, wie ſie die Wurzelthätigkeit verlangt, d. h. in
den Erdboden. Wir wiſſen Alle, daß Weiden und italieniſche Pappeln
lediglich durch Stecklinge vermehrt werden. Es reicht aus, einen
Weidenzweig in die Erde zu ſtecken, um aus ihm ein Weidenbäumchen
werden zu laſſen, indem aus dem in dem Erdboden ſteckenden Ende deſſelben
an beliebigen Stellen Adventivwurzeln durch die Rinde hervortreten.

Was nun den innern Bau der Wurzel unſerer Waldbäume
anbelangt, ſo wiſſen wir zunächſt bereits, daß ihr das Mark fehlt, in-
dem nur ſelten ein feines Fädchen davon übrig iſt, in welchem die Mark-
ſtrahlen zuſammenſtoßen. Die Markſtrahlen ſind dagegen bei manchen
Arten deſto reichlicher entwickelt.

Das Wurzelholz iſt von dem Stamm- und Aſtholz in vielen
Stücken ſehr verſchieden, wenigſtens bei den Laubhölzern, weniger bei
den Nadelbäumen. Im Allgemeinen iſt es weicher, lockerer und leichter,
einmal weil die Zellen dünnwandiger ſind, einmal weil es reicher an
weiten Gefäßen iſt, ja bei den meiſten der Unterſchied zwiſchen weiten
und (ganz fehlenden) engen Gefäßen ganz wegfällt (S. 104, wo ſie große
und kleine Gefäße genannt wurden). Neben dieſen auch ſchon auf S. 107
mitgetheilten Unterſchieden des Wurzelholzes ſei noch hinzugefügt, daß
auch der Unterſchied zwiſchen Frühjahrs- und Herbſtholz (S. 105) mit
den Jahresringen bei dem Wurzelholze mehr oder weniger wegfällt.

Leider iſt unſere Kenntniß von den Verſchiedenheiten des Wurzelholzes
unſerer Bäume noch ſehr hinter der vom Stammholze zurück, weil man
ſelten Gelegenheit hat, Baumwurzeln zu bekommen, da von manchen
Bäumen, namentlich in gemiſchten Mittel- und Niederwald-Beſtänden die
Stöcke ſelten oder nicht gerodet werden, ſondern zum Stockausſchlag
ſtehen bleiben.

Die Rinde der Wurzeln gleicht zwar in der Hauptſache der des
Stammes, aber ſelbſt an den ſtärkſten Wurzeläſten iſt ſie meiſt viel
ſchwächer als am Stamme, an den dünnen dagegen meiſt etwas dicker
und fleiſchiger als an gleichſtarken Zweigen.

Eine ſo ſtarke Borkenbildung wie am Stamme findet ſelbſt an den
ſtärkſten Wurzeläſten nicht ſtatt, dagegen ſehr häufig eine nicht unbedeutende

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[121/0145] Nebenwurzeln finden ſich übrigens nicht blos am Wurzelkörper, ſon- dern können auch an Stammtheilen entſpringen, wenn ſie unter ſolche Verhältniſſe gebracht werden, wie ſie die Wurzelthätigkeit verlangt, d. h. in den Erdboden. Wir wiſſen Alle, daß Weiden und italieniſche Pappeln lediglich durch Stecklinge vermehrt werden. Es reicht aus, einen Weidenzweig in die Erde zu ſtecken, um aus ihm ein Weidenbäumchen werden zu laſſen, indem aus dem in dem Erdboden ſteckenden Ende deſſelben an beliebigen Stellen Adventivwurzeln durch die Rinde hervortreten. Was nun den innern Bau der Wurzel unſerer Waldbäume anbelangt, ſo wiſſen wir zunächſt bereits, daß ihr das Mark fehlt, in- dem nur ſelten ein feines Fädchen davon übrig iſt, in welchem die Mark- ſtrahlen zuſammenſtoßen. Die Markſtrahlen ſind dagegen bei manchen Arten deſto reichlicher entwickelt. Das Wurzelholz iſt von dem Stamm- und Aſtholz in vielen Stücken ſehr verſchieden, wenigſtens bei den Laubhölzern, weniger bei den Nadelbäumen. Im Allgemeinen iſt es weicher, lockerer und leichter, einmal weil die Zellen dünnwandiger ſind, einmal weil es reicher an weiten Gefäßen iſt, ja bei den meiſten der Unterſchied zwiſchen weiten und (ganz fehlenden) engen Gefäßen ganz wegfällt (S. 104, wo ſie große und kleine Gefäße genannt wurden). Neben dieſen auch ſchon auf S. 107 mitgetheilten Unterſchieden des Wurzelholzes ſei noch hinzugefügt, daß auch der Unterſchied zwiſchen Frühjahrs- und Herbſtholz (S. 105) mit den Jahresringen bei dem Wurzelholze mehr oder weniger wegfällt. Leider iſt unſere Kenntniß von den Verſchiedenheiten des Wurzelholzes unſerer Bäume noch ſehr hinter der vom Stammholze zurück, weil man ſelten Gelegenheit hat, Baumwurzeln zu bekommen, da von manchen Bäumen, namentlich in gemiſchten Mittel- und Niederwald-Beſtänden die Stöcke ſelten oder nicht gerodet werden, ſondern zum Stockausſchlag ſtehen bleiben. Die Rinde der Wurzeln gleicht zwar in der Hauptſache der des Stammes, aber ſelbſt an den ſtärkſten Wurzeläſten iſt ſie meiſt viel ſchwächer als am Stamme, an den dünnen dagegen meiſt etwas dicker und fleiſchiger als an gleichſtarken Zweigen. Eine ſo ſtarke Borkenbildung wie am Stamme findet ſelbſt an den ſtärkſten Wurzeläſten nicht ſtatt, dagegen ſehr häufig eine nicht unbedeutende

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/145>, abgerufen am 17.05.2024.