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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Zwote Betr. Daß das gegenwärtige
zu hoffen habe, das soll alle die Laster und Boshei-
ten, die man seine Lebenszeit über begangen, wieder
gut machen. Da soll Christi Verdienst und Leiden,
welches man nie zu schätzen wuste, und wohl gar
auf eine verwegene Weise verspottete, auf einmal
alle Sünden zudecken. Wie ungerecht, widersin-
nig und verkehrt ist nicht diese Erwartung! Gewiß,
das ist die Lehre Christi und seiner Apostel nicht,
sondern derselben gerade entgegen.

Was der Mensch (hier auf Erden) säet, das
wird er ernden.
Ein Gleichnis, welches nicht pas-
sender seyn könnte! Es würde wohl unvernünftig
seyn, wenn der Landmann, welcher nichts als Un-
kraut auf seinen Acker gesäet hat, den besten Wei-
tzen zu ernden hofte. Und eben so unnatürlich wür-
de es seyn, wenn der lasterhafte Thor, dessen Herz
gleich einem Acker voller Dornen und Disteln, mit
allen Bosheiten erfüllt war, in ienem Leben die
Freuden der Tugend und Gottseeligkeit einernden
sollte. Nein, ein beharrlich lasterhaftes Leben, und
eine boshafte Gesinnung, die niemals in eine bessere
verändert worden, kan nichts anders als Jammer
und Unglück am Ende zur Folge haben. Wer auf
sein Fleisch säet,
seine verkehrten Lüste und Begier-
den gleichsam den Acker seyn lässet, den er besäet,
das ist, solche Thaten ausübet, die dem bösen Her-
zen gemäß sind, der wird von dem Fleisch, von
seinen herrschenden Lastern und Sünden das Ver-
derben,
ewigen Jammer und Strafe einernden.

Es ist also nach diesem Ausspruch des Apostels
eine nothwendige, unwandelbare Verbindung zwi-
schen unserm Verhalten in dieser Welt, und unserm

Schick-

Zwote Betr. Daß das gegenwärtige
zu hoffen habe, das ſoll alle die Laſter und Boshei-
ten, die man ſeine Lebenszeit über begangen, wieder
gut machen. Da ſoll Chriſti Verdienſt und Leiden,
welches man nie zu ſchätzen wuſte, und wohl gar
auf eine verwegene Weiſe verſpottete, auf einmal
alle Sünden zudecken. Wie ungerecht, widerſin-
nig und verkehrt iſt nicht dieſe Erwartung! Gewiß,
das iſt die Lehre Chriſti und ſeiner Apoſtel nicht,
ſondern derſelben gerade entgegen.

Was der Menſch (hier auf Erden) ſäet, das
wird er ernden.
Ein Gleichnis, welches nicht paſ-
ſender ſeyn könnte! Es würde wohl unvernünftig
ſeyn, wenn der Landmann, welcher nichts als Un-
kraut auf ſeinen Acker geſäet hat, den beſten Wei-
tzen zu ernden hofte. Und eben ſo unnatürlich wür-
de es ſeyn, wenn der laſterhafte Thor, deſſen Herz
gleich einem Acker voller Dornen und Diſteln, mit
allen Bosheiten erfüllt war, in ienem Leben die
Freuden der Tugend und Gottſeeligkeit einernden
ſollte. Nein, ein beharrlich laſterhaftes Leben, und
eine boshafte Geſinnung, die niemals in eine beſſere
verändert worden, kan nichts anders als Jammer
und Unglück am Ende zur Folge haben. Wer auf
ſein Fleiſch ſäet,
ſeine verkehrten Lüſte und Begier-
den gleichſam den Acker ſeyn läſſet, den er beſäet,
das iſt, ſolche Thaten ausübet, die dem böſen Her-
zen gemäß ſind, der wird von dem Fleiſch, von
ſeinen herrſchenden Laſtern und Sünden das Ver-
derben,
ewigen Jammer und Strafe einernden.

Es iſt alſo nach dieſem Ausſpruch des Apoſtels
eine nothwendige, unwandelbare Verbindung zwi-
ſchen unſerm Verhalten in dieſer Welt, und unſerm

Schick-
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[16/0028] Zwote Betr. Daß das gegenwärtige zu hoffen habe, das ſoll alle die Laſter und Boshei- ten, die man ſeine Lebenszeit über begangen, wieder gut machen. Da ſoll Chriſti Verdienſt und Leiden, welches man nie zu ſchätzen wuſte, und wohl gar auf eine verwegene Weiſe verſpottete, auf einmal alle Sünden zudecken. Wie ungerecht, widerſin- nig und verkehrt iſt nicht dieſe Erwartung! Gewiß, das iſt die Lehre Chriſti und ſeiner Apoſtel nicht, ſondern derſelben gerade entgegen. Was der Menſch (hier auf Erden) ſäet, das wird er ernden. Ein Gleichnis, welches nicht paſ- ſender ſeyn könnte! Es würde wohl unvernünftig ſeyn, wenn der Landmann, welcher nichts als Un- kraut auf ſeinen Acker geſäet hat, den beſten Wei- tzen zu ernden hofte. Und eben ſo unnatürlich wür- de es ſeyn, wenn der laſterhafte Thor, deſſen Herz gleich einem Acker voller Dornen und Diſteln, mit allen Bosheiten erfüllt war, in ienem Leben die Freuden der Tugend und Gottſeeligkeit einernden ſollte. Nein, ein beharrlich laſterhaftes Leben, und eine boshafte Geſinnung, die niemals in eine beſſere verändert worden, kan nichts anders als Jammer und Unglück am Ende zur Folge haben. Wer auf ſein Fleiſch ſäet, ſeine verkehrten Lüſte und Begier- den gleichſam den Acker ſeyn läſſet, den er beſäet, das iſt, ſolche Thaten ausübet, die dem böſen Her- zen gemäß ſind, der wird von dem Fleiſch, von ſeinen herrſchenden Laſtern und Sünden das Ver- derben, ewigen Jammer und Strafe einernden. Es iſt alſo nach dieſem Ausſpruch des Apoſtels eine nothwendige, unwandelbare Verbindung zwi- ſchen unſerm Verhalten in dieſer Welt, und unſerm Schick-

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/28>, abgerufen am 17.07.2024.