Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierzehnte Betr. Von der nothwend.
Dieser edle, große Gedanke ist unsern Seelen im-
mer gegenwärtig. Wir schätzen das für die aller-
gröste Wohlthat, daß uns Gott ein so unaus-
sprechlich großes Glück zugedacht hat, welches al-
len Freuden und Herrlichkeiten der Erde unendlich
weit vorzuziehen ist. Daraus entstehet Liebe und
aufrichtige Dankbegierde gegen Gott und unsern
Erlöser. Wir erkennen unsere große Verbindlich-
keit, unser ganzes Leben nach dem Wohlgefallen
desienigen einzurichten, der uns so unverdient auf
eine so ausnehmende Art begnadiget hat. Es ist
uns nichts fürchterlicher als der Gedanke, daß wir
dieses hohe Glück etwa doch noch verscherzen möch-
ten, und nichts angenehmer als die Vorstellung,
daß wir endlich zum vollkommenen, ungestörten Be-
sitz der uns zugedachten Seeligkeit gelangen werden.
Wir halten es für den schändlichsten Undank, eine
Wohlthat, die uns so theuer erworben worden ist,
gering zu achten, oder wohl gar muthwillig zu
verscherzen. Ihr seyd theuer erkauft, schreibt
Paulus 1 Kor. 6, 20. darum preiset Gott an
eurem Leibe,
vermittelst des rechten Gebrauchs
aller eurer Glieder, und an eurem Geiste, durch
rechte, Gott wohlgefällige Anwendung aller eurer
Seelenkräfte, welche sind Gottes, welche Gott
wegen der Schöpfung und Erlösung ganz zugehö-
ren.

Wer eine solche Gesinnung hat, dem wird es
nicht schwer seine sündlichen Begierden zu beherr-
schen. Es werden sich zwar noch sehr oft unordent-
liche Neigungen und Leidenschaften in seinem Her-
zen regen; aber er wird ihnen gleich Anfangs wi-

der-

Vierzehnte Betr. Von der nothwend.
Dieſer edle, große Gedanke iſt unſern Seelen im-
mer gegenwärtig. Wir ſchätzen das für die aller-
gröſte Wohlthat, daß uns Gott ein ſo unaus-
ſprechlich großes Glück zugedacht hat, welches al-
len Freuden und Herrlichkeiten der Erde unendlich
weit vorzuziehen iſt. Daraus entſtehet Liebe und
aufrichtige Dankbegierde gegen Gott und unſern
Erlöſer. Wir erkennen unſere große Verbindlich-
keit, unſer ganzes Leben nach dem Wohlgefallen
desienigen einzurichten, der uns ſo unverdient auf
eine ſo ausnehmende Art begnadiget hat. Es iſt
uns nichts fürchterlicher als der Gedanke, daß wir
dieſes hohe Glück etwa doch noch verſcherzen möch-
ten, und nichts angenehmer als die Vorſtellung,
daß wir endlich zum vollkommenen, ungeſtörten Be-
ſitz der uns zugedachten Seeligkeit gelangen werden.
Wir halten es für den ſchändlichſten Undank, eine
Wohlthat, die uns ſo theuer erworben worden iſt,
gering zu achten, oder wohl gar muthwillig zu
verſcherzen. Ihr ſeyd theuer erkauft, ſchreibt
Paulus 1 Kor. 6, 20. darum preiſet Gott an
eurem Leibe,
vermittelſt des rechten Gebrauchs
aller eurer Glieder, und an eurem Geiſte, durch
rechte, Gott wohlgefällige Anwendung aller eurer
Seelenkräfte, welche ſind Gottes, welche Gott
wegen der Schöpfung und Erlöſung ganz zugehö-
ren.

Wer eine ſolche Geſinnung hat, dem wird es
nicht ſchwer ſeine ſündlichen Begierden zu beherr-
ſchen. Es werden ſich zwar noch ſehr oft unordent-
liche Neigungen und Leidenſchaften in ſeinem Her-
zen regen; aber er wird ihnen gleich Anfangs wi-

der-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0230" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierzehnte Betr. Von der nothwend.</hi></fw><lb/>
Die&#x017F;er edle, große Gedanke i&#x017F;t un&#x017F;ern Seelen im-<lb/>
mer gegenwärtig. Wir &#x017F;chätzen das für die aller-<lb/>
grö&#x017F;te Wohlthat, daß uns Gott ein &#x017F;o unaus-<lb/>
&#x017F;prechlich großes Glück zugedacht hat, welches al-<lb/>
len Freuden und Herrlichkeiten der Erde unendlich<lb/>
weit vorzuziehen i&#x017F;t. Daraus ent&#x017F;tehet Liebe und<lb/>
aufrichtige Dankbegierde gegen Gott und un&#x017F;ern<lb/>
Erlö&#x017F;er. Wir erkennen un&#x017F;ere große Verbindlich-<lb/>
keit, un&#x017F;er ganzes Leben nach dem Wohlgefallen<lb/>
desienigen einzurichten, der uns &#x017F;o unverdient auf<lb/>
eine &#x017F;o ausnehmende Art begnadiget hat. Es i&#x017F;t<lb/>
uns nichts fürchterlicher als der Gedanke, daß wir<lb/>
die&#x017F;es hohe Glück etwa doch noch ver&#x017F;cherzen möch-<lb/>
ten, und nichts angenehmer als die Vor&#x017F;tellung,<lb/>
daß wir endlich zum vollkommenen, unge&#x017F;törten Be-<lb/>
&#x017F;itz der uns zugedachten Seeligkeit gelangen werden.<lb/>
Wir halten es für den &#x017F;chändlich&#x017F;ten Undank, eine<lb/>
Wohlthat, die uns &#x017F;o theuer erworben worden i&#x017F;t,<lb/>
gering zu achten, oder wohl gar muthwillig zu<lb/>
ver&#x017F;cherzen. <hi rendition="#fr">Ihr &#x017F;eyd theuer erkauft,</hi> &#x017F;chreibt<lb/>
Paulus 1 Kor. 6, 20. <hi rendition="#fr">darum prei&#x017F;et Gott an<lb/>
eurem Leibe,</hi> vermittel&#x017F;t des rechten Gebrauchs<lb/>
aller eurer Glieder, <hi rendition="#fr">und an eurem Gei&#x017F;te,</hi> durch<lb/>
rechte, Gott wohlgefällige Anwendung aller eurer<lb/>
Seelenkräfte, <hi rendition="#fr">welche &#x017F;ind Gottes,</hi> welche Gott<lb/>
wegen der Schöpfung und Erlö&#x017F;ung ganz zugehö-<lb/>
ren.</p><lb/>
        <p>Wer eine &#x017F;olche Ge&#x017F;innung hat, dem wird es<lb/>
nicht &#x017F;chwer &#x017F;eine &#x017F;ündlichen Begierden zu beherr-<lb/>
&#x017F;chen. Es werden &#x017F;ich zwar noch &#x017F;ehr oft unordent-<lb/>
liche Neigungen und Leiden&#x017F;chaften in &#x017F;einem Her-<lb/>
zen regen; aber er wird ihnen gleich Anfangs wi-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0230] Vierzehnte Betr. Von der nothwend. Dieſer edle, große Gedanke iſt unſern Seelen im- mer gegenwärtig. Wir ſchätzen das für die aller- gröſte Wohlthat, daß uns Gott ein ſo unaus- ſprechlich großes Glück zugedacht hat, welches al- len Freuden und Herrlichkeiten der Erde unendlich weit vorzuziehen iſt. Daraus entſtehet Liebe und aufrichtige Dankbegierde gegen Gott und unſern Erlöſer. Wir erkennen unſere große Verbindlich- keit, unſer ganzes Leben nach dem Wohlgefallen desienigen einzurichten, der uns ſo unverdient auf eine ſo ausnehmende Art begnadiget hat. Es iſt uns nichts fürchterlicher als der Gedanke, daß wir dieſes hohe Glück etwa doch noch verſcherzen möch- ten, und nichts angenehmer als die Vorſtellung, daß wir endlich zum vollkommenen, ungeſtörten Be- ſitz der uns zugedachten Seeligkeit gelangen werden. Wir halten es für den ſchändlichſten Undank, eine Wohlthat, die uns ſo theuer erworben worden iſt, gering zu achten, oder wohl gar muthwillig zu verſcherzen. Ihr ſeyd theuer erkauft, ſchreibt Paulus 1 Kor. 6, 20. darum preiſet Gott an eurem Leibe, vermittelſt des rechten Gebrauchs aller eurer Glieder, und an eurem Geiſte, durch rechte, Gott wohlgefällige Anwendung aller eurer Seelenkräfte, welche ſind Gottes, welche Gott wegen der Schöpfung und Erlöſung ganz zugehö- ren. Wer eine ſolche Geſinnung hat, dem wird es nicht ſchwer ſeine ſündlichen Begierden zu beherr- ſchen. Es werden ſich zwar noch ſehr oft unordent- liche Neigungen und Leidenſchaften in ſeinem Her- zen regen; aber er wird ihnen gleich Anfangs wi- der-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/230
Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/230>, abgerufen am 24.11.2024.