glücklich machen. Dieser wichtige Ausspruch des Apostels verdient unsere sorgfältige Ueberlegung.
Wer seinen unordentlichen Begierden und Leidenschaften die Herrschaft gestattet, der macht sich unglücklich. Lehrt dieß nicht schon die Erfahrung? Was hat denn der Wollüstige am En- de für für Vortheile davon, daß er sich seinen Trie- ben blindlings überläßt, und seinem Herzen keine Freude versagt? Er richtet seine Gesundheit, und gar oft sein zeitliches Vermögen zu Grunde, macht sich zu allen ernsthaften, nützlichen Beschäftigun- gen untüchtig, verliert die Achtung aller Rechtschaf- fenen, und verkürzet sich das Leben vor der Zeit. Das wenige Vergnügen, welches er dabey genies- set, ist von ungemein kurzer Dauer, und hat die elendesten, betrübtesten Folgen. Der Zornige, der nicht bey Zeiten Herr über seine Leidenschaft wird, macht sich nicht nur durch sein auffahrendes, hitziges, polterndes Wesen, unzählichen Verdrus, sondern es geräth auch sein Geblüt in eine völlige Unordnung, sein Körper wird schwach und elend, und er bringt sich vor der Zeit unter die Erde. Betrachtet ienen Geitzigen, ienen Eigennützigen, ienen Neidischen, ienen Ehrsüchtigen! Er könnte ver- gnügt leben. Gott hat ihm so viel von dem Gü- tern dieses Lebens zugeworfen, daß er nicht Ursa- che hat, sich mit Sorgen der Nahrung zu plagen. Aber blos durch seine Begierden und Leidenschaften, die er nicht zu beherrschen gelernt hat, wird er ein unglücklicher Mensch, und hat wenig vergnügte Stunden auf der Welt. Seine Einbildungskraft erschaft ihm oft ganz unversehens einen Verdruß,
Wer ſeinen unordentlichen Begierden und Leidenſchaften die Herrſchaft geſtattet, der macht ſich unglücklich. Lehrt dieß nicht ſchon die Erfahrung? Was hat denn der Wollüſtige am En- de für für Vortheile davon, daß er ſich ſeinen Trie- ben blindlings überläßt, und ſeinem Herzen keine Freude verſagt? Er richtet ſeine Geſundheit, und gar oft ſein zeitliches Vermögen zu Grunde, macht ſich zu allen ernſthaften, nützlichen Beſchäftigun- gen untüchtig, verliert die Achtung aller Rechtſchaf- fenen, und verkürzet ſich das Leben vor der Zeit. Das wenige Vergnügen, welches er dabey genieſ- ſet, iſt von ungemein kurzer Dauer, und hat die elendeſten, betrübteſten Folgen. Der Zornige, der nicht bey Zeiten Herr über ſeine Leidenſchaft wird, macht ſich nicht nur durch ſein auffahrendes, hitziges, polterndes Weſen, unzählichen Verdrus, ſondern es geräth auch ſein Geblüt in eine völlige Unordnung, ſein Körper wird ſchwach und elend, und er bringt ſich vor der Zeit unter die Erde. Betrachtet ienen Geitzigen, ienen Eigennützigen, ienen Neidiſchen, ienen Ehrſüchtigen! Er könnte ver- gnügt leben. Gott hat ihm ſo viel von dem Gü- tern dieſes Lebens zugeworfen, daß er nicht Urſa- che hat, ſich mit Sorgen der Nahrung zu plagen. Aber blos durch ſeine Begierden und Leidenſchaften, die er nicht zu beherrſchen gelernt hat, wird er ein unglücklicher Menſch, und hat wenig vergnügte Stunden auf der Welt. Seine Einbildungskraft erſchaft ihm oft ganz unverſehens einen Verdruß,
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[212/0224]
Vierzehnte Betr. Von der nothwend.
glücklich machen. Dieſer wichtige Ausſpruch des
Apoſtels verdient unſere ſorgfältige Ueberlegung.
Wer ſeinen unordentlichen Begierden und
Leidenſchaften die Herrſchaft geſtattet, der
macht ſich unglücklich. Lehrt dieß nicht ſchon die
Erfahrung? Was hat denn der Wollüſtige am En-
de für für Vortheile davon, daß er ſich ſeinen Trie-
ben blindlings überläßt, und ſeinem Herzen keine
Freude verſagt? Er richtet ſeine Geſundheit, und
gar oft ſein zeitliches Vermögen zu Grunde, macht
ſich zu allen ernſthaften, nützlichen Beſchäftigun-
gen untüchtig, verliert die Achtung aller Rechtſchaf-
fenen, und verkürzet ſich das Leben vor der Zeit.
Das wenige Vergnügen, welches er dabey genieſ-
ſet, iſt von ungemein kurzer Dauer, und hat die
elendeſten, betrübteſten Folgen. Der Zornige,
der nicht bey Zeiten Herr über ſeine Leidenſchaft
wird, macht ſich nicht nur durch ſein auffahrendes,
hitziges, polterndes Weſen, unzählichen Verdrus,
ſondern es geräth auch ſein Geblüt in eine völlige
Unordnung, ſein Körper wird ſchwach und elend,
und er bringt ſich vor der Zeit unter die Erde.
Betrachtet ienen Geitzigen, ienen Eigennützigen,
ienen Neidiſchen, ienen Ehrſüchtigen! Er könnte ver-
gnügt leben. Gott hat ihm ſo viel von dem Gü-
tern dieſes Lebens zugeworfen, daß er nicht Urſa-
che hat, ſich mit Sorgen der Nahrung zu plagen.
Aber blos durch ſeine Begierden und Leidenſchaften,
die er nicht zu beherrſchen gelernt hat, wird er ein
unglücklicher Menſch, und hat wenig vergnügte
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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/224>, abgerufen am 18.07.2024.
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