Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Zwölfte Betr. Die Widerw. des Leb. ren. Jer. 5, 3. Aber nicht alle Sünder sind soverstockt und fühllos, wenn sie von Gott gezüchti- get werden. Manche fühlen die väterliche Ruthe ihres Gottes, beßern sich, oder werden doch we- nigstens erweckt und gerührt, daß sie in sich ge- hen, und einen Anfang zur Bekehrung machen. So machten es ehedem die Brüder Josephs, da sie sich in Angst und Noth sahen: Das haben wir sprechen sie, an unserm Bruder verschuldet. Und noch heutiges Tages trift gar oft ein, was der Prophet Jesaias Kap. 26, 16. seiner Weissagun- gen längst geschrieben hat: Herr wenn Trübsal da ist, so suchet man dich. Und so soll es auch seyn. So wird die heilsame Absicht der göttlichen Züchtigungen erreicht. So ist oft eine schmerzhaf- te Krankheit, ein unvermutheter Unglücksfall für einen Sünder der erwünschte Anfang zu seiner Bes- serung, ein Mittel seiner wahren Zufriedenheit ge- worden. Aber können denn Leiden und Widerwär- tigkeiten auch zweitens wahren Christen in dieser Absicht Beförderungsmittel ihrer geistlichen Wohl- farth und Glückseeligkeit werden? Allerdings; und das auf mehr als eine Art. Ja, bey diesen wird gemeiniglich die göttliche Absicht am sichersten und gewißesten erlangt, weil sie schon mit den Wegen Gottes bekannt sind. Sie können mit wohlgearte- ten Kindern verglichen werden, die wie man zu sa- gen pflegt, ihren Vater auf den Wink gehen, auch das, was ihnen am angenehmsten ist, liegen und stehen laßen, wenn es ihnen untersagt wird, und noch mehr eine iede scharfe Züchtigung sich zur Bes- serung auf das Zukünftige dienen laßen. Durch
Zwölfte Betr. Die Widerw. des Leb. ren. Jer. 5, 3. Aber nicht alle Sünder ſind ſoverſtockt und fühllos, wenn ſie von Gott gezüchti- get werden. Manche fühlen die väterliche Ruthe ihres Gottes, beßern ſich, oder werden doch we- nigſtens erweckt und gerührt, daß ſie in ſich ge- hen, und einen Anfang zur Bekehrung machen. So machten es ehedem die Brüder Joſephs, da ſie ſich in Angſt und Noth ſahen: Das haben wir ſprechen ſie, an unſerm Bruder verſchuldet. Und noch heutiges Tages trift gar oft ein, was der Prophet Jeſaias Kap. 26, 16. ſeiner Weiſſagun- gen längſt geſchrieben hat: Herr wenn Trübſal da iſt, ſo ſuchet man dich. Und ſo ſoll es auch ſeyn. So wird die heilſame Abſicht der göttlichen Züchtigungen erreicht. So iſt oft eine ſchmerzhaf- te Krankheit, ein unvermutheter Unglücksfall für einen Sünder der erwünſchte Anfang zu ſeiner Beſ- ſerung, ein Mittel ſeiner wahren Zufriedenheit ge- worden. Aber können denn Leiden und Widerwär- tigkeiten auch zweitens wahren Chriſten in dieſer Abſicht Beförderungsmittel ihrer geiſtlichen Wohl- farth und Glückſeeligkeit werden? Allerdings; und das auf mehr als eine Art. Ja, bey dieſen wird gemeiniglich die göttliche Abſicht am ſicherſten und gewißeſten erlangt, weil ſie ſchon mit den Wegen Gottes bekannt ſind. Sie können mit wohlgearte- ten Kindern verglichen werden, die wie man zu ſa- gen pflegt, ihren Vater auf den Wink gehen, auch das, was ihnen am angenehmſten iſt, liegen und ſtehen laßen, wenn es ihnen unterſagt wird, und noch mehr eine iede ſcharfe Züchtigung ſich zur Beſ- ſerung auf das Zukünftige dienen laßen. Durch
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Zwölfte Betr. Die Widerw. des Leb.
ren. Jer. 5, 3. Aber nicht alle Sünder ſind ſo
verſtockt und fühllos, wenn ſie von Gott gezüchti-
get werden. Manche fühlen die väterliche Ruthe
ihres Gottes, beßern ſich, oder werden doch we-
nigſtens erweckt und gerührt, daß ſie in ſich ge-
hen, und einen Anfang zur Bekehrung machen.
So machten es ehedem die Brüder Joſephs, da
ſie ſich in Angſt und Noth ſahen: Das haben wir
ſprechen ſie, an unſerm Bruder verſchuldet.
Und noch heutiges Tages trift gar oft ein, was
der Prophet Jeſaias Kap. 26, 16. ſeiner Weiſſagun-
gen längſt geſchrieben hat: Herr wenn Trübſal
da iſt, ſo ſuchet man dich. Und ſo ſoll es auch
ſeyn. So wird die heilſame Abſicht der göttlichen
Züchtigungen erreicht. So iſt oft eine ſchmerzhaf-
te Krankheit, ein unvermutheter Unglücksfall für
einen Sünder der erwünſchte Anfang zu ſeiner Beſ-
ſerung, ein Mittel ſeiner wahren Zufriedenheit ge-
worden. Aber können denn Leiden und Widerwär-
tigkeiten auch zweitens wahren Chriſten in dieſer
Abſicht Beförderungsmittel ihrer geiſtlichen Wohl-
farth und Glückſeeligkeit werden? Allerdings; und
das auf mehr als eine Art. Ja, bey dieſen wird
gemeiniglich die göttliche Abſicht am ſicherſten und
gewißeſten erlangt, weil ſie ſchon mit den Wegen
Gottes bekannt ſind. Sie können mit wohlgearte-
ten Kindern verglichen werden, die wie man zu ſa-
gen pflegt, ihren Vater auf den Wink gehen, auch
das, was ihnen am angenehmſten iſt, liegen und
ſtehen laßen, wenn es ihnen unterſagt wird, und
noch mehr eine iede ſcharfe Züchtigung ſich zur Beſ-
ſerung auf das Zukünftige dienen laßen.
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