Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Zwölfte Betr. Die Widerw. des Le. nen -- für wirkliche Wohlthaten -- für Beförde-rungsmittel ihrer wahren Glückseeligkeit Diese in der Erfahrung gegründete Wahrheit verdient eine nähere Betrachtung. Vor allen Dingen müßen wir den Satz, daß Alles
Zwölfte Betr. Die Widerw. des Le. nen — für wirkliche Wohlthaten — für Beförde-rungsmittel ihrer wahren Glückſeeligkeit Dieſe in der Erfahrung gegründete Wahrheit verdient eine nähere Betrachtung. Vor allen Dingen müßen wir den Satz, daß Alles
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Zwölfte Betr. Die Widerw. des Le.
nen — für wirkliche Wohlthaten — für Beförde-
rungsmittel ihrer wahren Glückſeeligkeit Dieſe in
der Erfahrung gegründete Wahrheit verdient eine
nähere Betrachtung.
Vor allen Dingen müßen wir den Satz, daß
Widerwärtigkeiten unſere wahre Wohlfarth beför-
dern, recht verſtehen. Unſere zeitlichen Umſtände
werden freylich durch widrige Zufälle, durch Krank-
heiten, Verfolgungen und andere unangenehme
Begegniße nicht verbeßert. Es muß uns viel-
mehr ſehr ſchmerzlich fallen, wenn wir einen ſtar-
ken Verluſt unſers zeitlichen Vermögens leiden,
wenn wir die Unſrigen verlieren, wenn wir Schmer-
zen an unſerm eigenen Leibe fühlen, wenn wir an
unſerer Ehre und gutem Nahmen gekränket, oder,
in andere unangenehme Umſtände verſetzt werden.
Wir ſind Menſchen, und durch das Chriſtenthum
ſelbſt wird die natürliche Empfindung des Schmerzens
nicht ausgerottet; wir werden nur durch daſſelbe in den
Stand geſetzt, uns unter dem Leiden einen Muth zu faſ-
ſen, und uns dem Willen Gottes gedultig zu unterwer-
fen. Ich nehme hier das Wort Glückſeeligkeit in
dem Verſtand, wie wir es immer nehmen ſollten,
wenn wir uns anders als Geſchöpfe betrachten, die
zu einer Ewigkeit geſchaffen ſind, und erſt in einer
künftigen Welt die Entſcheidung ihres Schickſals
erwarten. In dieſem Betracht ſind wir nemlich
alsdann glücklich, wann mir bey einem guten Ge-
wißen und dem Bewuſiſeyn der Gnade unſers
Schöpfers für das Gegenwärtige zufrieden, und
wegen der Zukunft mit froher Hofnung erfüllt ſind.
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