Unmögliche, was darin liegt, beschäftigt den Verstand durch seine Unwahrheit und überrascht die Phantasie -- nicht mit der Naivität des Mährchens, dessen kindliche Unerfahrenheit noch mit den Schranken des Daseins spielt, sondern mit dem Raffinement des blasirten Wahnwitzes. Wir haben zuvor Bertram aus Scribe's und Delavigne's Robert dem Teufel angeführt, zu zeigen, daß derselbe keinen wirk¬ lichen Contrast zu seinem Sohn darstellt; auch gegen Alice contrastirt er nicht, da diese ein "junges Mädchen aus der Normandie", kein Dämon, wie er, ist; aber das Pikante soll eben darin bestehen, daß der Teufel einen Sohn hat, den er zärtlich liebt und den er, weil er ihn liebt, zu ver¬ derben, den er, weil er ihn liebt, zum Genossen der Hölle zu machen bestrebt ist. Diese Liebe läßt ihn nun z B. Act III. No. 9. nach der bei uns üblichen Uebersetzung von Theod. Hell singen:
O mein Sohn, o Robert! Für dich,
Der mir der Güter höchstes, Trotzte ich schon dem Himmel, Trotzte der Hölle ich. --
Für den Ruhm, der nun entwichen,
Für den Glanz, der nun verblichen, Warst du mein Trost allein, Durch dich fand ich Ruh!
Dieser ganz unteuflische Teufel soll eben durch die väterliche Sentimentalität interessant werden. Ein liebender Teufel, der Trost und Ruhe in seinem Sohne findet, war freilich noch nicht dagewesen! (20.)
Es ist begreiflich, daß die Kritik durch solche Pro¬ ductionen öfter in Verlegenheit gesetzt werden kann, weil die Falschheit des Widerspruchs sich zu verstecken vermag. Wir
Unmögliche, was darin liegt, beſchäftigt den Verſtand durch ſeine Unwahrheit und überraſcht die Phantaſie — nicht mit der Naivität des Mährchens, deſſen kindliche Unerfahrenheit noch mit den Schranken des Daſeins ſpielt, ſondern mit dem Raffinement des blaſirten Wahnwitzes. Wir haben zuvor Bertram aus Scribe's und Delavigne's Robert dem Teufel angeführt, zu zeigen, daß derſelbe keinen wirk¬ lichen Contraſt zu ſeinem Sohn darſtellt; auch gegen Alice contraſtirt er nicht, da dieſe ein „junges Mädchen aus der Normandie“, kein Dämon, wie er, iſt; aber das Pikante ſoll eben darin beſtehen, daß der Teufel einen Sohn hat, den er zärtlich liebt und den er, weil er ihn liebt, zu ver¬ derben, den er, weil er ihn liebt, zum Genoſſen der Hölle zu machen beſtrebt iſt. Dieſe Liebe läßt ihn nun z B. Act III. No. 9. nach der bei uns üblichen Ueberſetzung von Theod. Hell ſingen:
O mein Sohn, o Robert! Für dich,
Der mir der Güter höchſtes, Trotzte ich ſchon dem Himmel, Trotzte der Hölle ich. —
Für den Ruhm, der nun entwichen,
Für den Glanz, der nun verblichen, Warſt du mein Troſt allein, Durch dich fand ich Ruh!
Dieſer ganz unteufliſche Teufel ſoll eben durch die väterliche Sentimentalität intereſſant werden. Ein liebender Teufel, der Troſt und Ruhe in ſeinem Sohne findet, war freilich noch nicht dageweſen! (20.)
Es iſt begreiflich, daß die Kritik durch ſolche Pro¬ ductionen öfter in Verlegenheit geſetzt werden kann, weil die Falſchheit des Widerſpruchs ſich zu verſtecken vermag. Wir
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Unmögliche, was darin liegt, beſchäftigt den Verſtand durch
ſeine Unwahrheit und überraſcht die Phantaſie — nicht mit
der Naivität des Mährchens, deſſen kindliche Unerfahrenheit
noch mit den Schranken des Daſeins ſpielt, ſondern mit dem
Raffinement des blaſirten Wahnwitzes. Wir haben zuvor
Bertram aus Scribe's und Delavigne's Robert
dem Teufel angeführt, zu zeigen, daß derſelbe keinen wirk¬
lichen Contraſt zu ſeinem Sohn darſtellt; auch gegen Alice
contraſtirt er nicht, da dieſe ein „junges Mädchen aus der
Normandie“, kein Dämon, wie er, iſt; aber das Pikante
ſoll eben darin beſtehen, daß der Teufel einen Sohn hat,
den er zärtlich liebt und den er, weil er ihn liebt, zu ver¬
derben, den er, weil er ihn liebt, zum Genoſſen der Hölle
zu machen beſtrebt iſt. Dieſe Liebe läßt ihn nun z B. Act III.
No. 9. nach der bei uns üblichen Ueberſetzung von Theod.
Hell ſingen:
O mein Sohn, o Robert! Für dich,
Der mir der Güter höchſtes,
Trotzte ich ſchon dem Himmel,
Trotzte der Hölle ich. —
Für den Ruhm, der nun entwichen,
Für den Glanz, der nun verblichen,
Warſt du mein Troſt allein,
Durch dich fand ich Ruh!
Dieſer ganz unteufliſche Teufel ſoll eben durch die
väterliche Sentimentalität intereſſant werden. Ein liebender
Teufel, der Troſt und Ruhe in ſeinem Sohne findet, war
freilich noch nicht dageweſen! (20.)
Es iſt begreiflich, daß die Kritik durch ſolche Pro¬
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Falſchheit des Widerſpruchs ſich zu verſtecken vermag. Wir
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/117>, abgerufen am 24.11.2024.
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