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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Regularität wie Irregularität können eben deshalb
durch ihre Entgegensetzung komisch werden. Die erstere wird
es z. B. im Pedantismus, die zweite in seiner Verspottung.
Der Pedantismus möchte das Leben gern in seine Regeln
einschnüren und selbst einem Gewitter nicht gestatten, anders,
als zu gelegener Zeit, seine artige Aufwartung zu machen.
Weil sein Zwang ein für die Sache unnützer und selbstge¬
wollter ist, so wird er komisch, und die Irregularität, die
als ein schalkiger Kobold ihm seine mühsam gezogenen Kreise
stört, wird komisch als die gerechte Persiflage solcher Thorheit,
die das Leben gegen seinen Begriff als Maschine zu behandeln
sich unterfängt.

Soll die Einheit mit dem Unterschied vereint werden,
so kann dies zunächst dadurch geschehen, daß die Gestalt sich
zwar wiederholt, in dieser Wiederholung aber zugleich als
Inversion umkehrt. Die Wiederholung der Gestalt ist
die Gleichheit der Regularität; die Umkehr der Ordnung
ist die Ungleichheit der Irregularität. Diese Form der in
der Ungleichheit dennoch identischen Gleichheit ist die eigentliche
Symmetrie. So haben die Alten die beiden Dioskuren
in schöner Symmetrie dargestellt, wie jeder ein sich auf¬
bäumendes Pferd hält, der eine mit der linken, der andere
mit der rechten Hand; der eine mit dem linken, der andere
mit dem rechten Fuß vortretend; die Köpfe der Pferde nach
Innen gegen, oder nach Außen hin auseinander gewandt.
Auf beiden Seiten ist hier dasselbe vorhanden und doch ist
es unterschieden; es ist nicht blos ein einfach Anderes, sondern
es ist das eine die Umkehr des andern und damit die Be¬
ziehung
auf dasselbe. Die Symmetrie stellt also nicht eine
bloße Einheit, nicht eine bloße Verschiedenheit oder einfache
Unterschiedenheit; nicht eine bloße Regularität oder Irregu¬

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Regularität wie Irregularität können eben deshalb
durch ihre Entgegenſetzung komiſch werden. Die erſtere wird
es z. B. im Pedantismus, die zweite in ſeiner Verſpottung.
Der Pedantismus möchte das Leben gern in ſeine Regeln
einſchnüren und ſelbſt einem Gewitter nicht geſtatten, anders,
als zu gelegener Zeit, ſeine artige Aufwartung zu machen.
Weil ſein Zwang ein für die Sache unnützer und ſelbſtge¬
wollter iſt, ſo wird er komiſch, und die Irregularität, die
als ein ſchalkiger Kobold ihm ſeine mühſam gezogenen Kreiſe
ſtört, wird komiſch als die gerechte Perſiflage ſolcher Thorheit,
die das Leben gegen ſeinen Begriff als Maſchine zu behandeln
ſich unterfängt.

Soll die Einheit mit dem Unterſchied vereint werden,
ſo kann dies zunächſt dadurch geſchehen, daß die Geſtalt ſich
zwar wiederholt, in dieſer Wiederholung aber zugleich als
Inverſion umkehrt. Die Wiederholung der Geſtalt iſt
die Gleichheit der Regularität; die Umkehr der Ordnung
iſt die Ungleichheit der Irregularität. Dieſe Form der in
der Ungleichheit dennoch identiſchen Gleichheit iſt die eigentliche
Symmetrie. So haben die Alten die beiden Dioskuren
in ſchöner Symmetrie dargeſtellt, wie jeder ein ſich auf¬
bäumendes Pferd hält, der eine mit der linken, der andere
mit der rechten Hand; der eine mit dem linken, der andere
mit dem rechten Fuß vortretend; die Köpfe der Pferde nach
Innen gegen, oder nach Außen hin auseinander gewandt.
Auf beiden Seiten iſt hier daſſelbe vorhanden und doch iſt
es unterſchieden; es iſt nicht blos ein einfach Anderes, ſondern
es iſt das eine die Umkehr des andern und damit die Be¬
ziehung
auf daſſelbe. Die Symmetrie ſtellt alſo nicht eine
bloße Einheit, nicht eine bloße Verſchiedenheit oder einfache
Unterſchiedenheit; nicht eine bloße Regularität oder Irregu¬

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[83/0105] Regularität wie Irregularität können eben deshalb durch ihre Entgegenſetzung komiſch werden. Die erſtere wird es z. B. im Pedantismus, die zweite in ſeiner Verſpottung. Der Pedantismus möchte das Leben gern in ſeine Regeln einſchnüren und ſelbſt einem Gewitter nicht geſtatten, anders, als zu gelegener Zeit, ſeine artige Aufwartung zu machen. Weil ſein Zwang ein für die Sache unnützer und ſelbſtge¬ wollter iſt, ſo wird er komiſch, und die Irregularität, die als ein ſchalkiger Kobold ihm ſeine mühſam gezogenen Kreiſe ſtört, wird komiſch als die gerechte Perſiflage ſolcher Thorheit, die das Leben gegen ſeinen Begriff als Maſchine zu behandeln ſich unterfängt. Soll die Einheit mit dem Unterſchied vereint werden, ſo kann dies zunächſt dadurch geſchehen, daß die Geſtalt ſich zwar wiederholt, in dieſer Wiederholung aber zugleich als Inverſion umkehrt. Die Wiederholung der Geſtalt iſt die Gleichheit der Regularität; die Umkehr der Ordnung iſt die Ungleichheit der Irregularität. Dieſe Form der in der Ungleichheit dennoch identiſchen Gleichheit iſt die eigentliche Symmetrie. So haben die Alten die beiden Dioskuren in ſchöner Symmetrie dargeſtellt, wie jeder ein ſich auf¬ bäumendes Pferd hält, der eine mit der linken, der andere mit der rechten Hand; der eine mit dem linken, der andere mit dem rechten Fuß vortretend; die Köpfe der Pferde nach Innen gegen, oder nach Außen hin auseinander gewandt. Auf beiden Seiten iſt hier daſſelbe vorhanden und doch iſt es unterſchieden; es iſt nicht blos ein einfach Anderes, ſondern es iſt das eine die Umkehr des andern und damit die Be¬ ziehung auf daſſelbe. Die Symmetrie ſtellt alſo nicht eine bloße Einheit, nicht eine bloße Verſchiedenheit oder einfache Unterſchiedenheit; nicht eine bloße Regularität oder Irregu¬ 6 *

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/105>, abgerufen am 24.11.2024.