mehr hinabgegangen bin. Selbunter hat mein Meister einmal das Wort gesagt: "Gib Acht, Andreas, daß du nicht so gescheidt wirst, wie deine Frau Muhme!"
Wir haben lauter blaue und rothe Regen- schirme gemacht, haben sie dann in großen Bünden auf Jahrmärkte getragen und verkauft. Einen gro- ßen Schirm haben wir über unsere Waare ge- spannt, und die Marktbude ist fertig gewesen. Und wenn das Geschäft so gut ist gegangen, daß wir letztlich auch die Bude verkauft, so sind wir allbeide in ein Wirthshaus gegangen, und haben uns was gut sein lassen. Ansonsten aber haben wir die Waare in Bünden wieder nach Hause getragen und daheim eine warme Suppe ge- nossen.
Wie mein Meister über die siebzig Jahr alt ist, wird ihm das blaue und rothe Zwilchtuch jählings nicht mehr recht; hat müssen ein ander Gezelt haben -- ist mir gestorben. Gestorben wie mein Vater.
Ich bin der Erbe gewesen. Zweithalb Dutzend Schirme sind da; die pack' ich eines Tages auf und trag sie dem Markte zu. Auf demselbigen Markt hab ich Glück gehabt. Er ist in einem Thal nicht gar weit von der Stadt. Menschen in Ueber- fluß, aber die Wenigsten werden sich zur Morgen-
mehr hinabgegangen bin. Selbunter hat mein Meiſter einmal das Wort geſagt: „Gib Acht, Andreas, daß du nicht ſo geſcheidt wirſt, wie deine Frau Muhme!“
Wir haben lauter blaue und rothe Regen- ſchirme gemacht, haben ſie dann in großen Bünden auf Jahrmärkte getragen und verkauft. Einen gro- ßen Schirm haben wir über unſere Waare ge- ſpannt, und die Marktbude iſt fertig geweſen. Und wenn das Geſchäft ſo gut iſt gegangen, daß wir letztlich auch die Bude verkauft, ſo ſind wir allbeide in ein Wirthshaus gegangen, und haben uns was gut ſein laſſen. Anſonſten aber haben wir die Waare in Bünden wieder nach Hauſe getragen und daheim eine warme Suppe ge- noſſen.
Wie mein Meiſter über die ſiebzig Jahr alt iſt, wird ihm das blaue und rothe Zwilchtuch jählings nicht mehr recht; hat müſſen ein ander Gezelt haben — iſt mir geſtorben. Geſtorben wie mein Vater.
Ich bin der Erbe geweſen. Zweithalb Dutzend Schirme ſind da; die pack’ ich eines Tages auf und trag ſie dem Markte zu. Auf demſelbigen Markt hab ich Glück gehabt. Er iſt in einem Thal nicht gar weit von der Stadt. Menſchen in Ueber- fluß, aber die Wenigſten werden ſich zur Morgen-
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mehr hinabgegangen bin. Selbunter hat mein
Meiſter einmal das Wort geſagt: „Gib Acht,
Andreas, daß du nicht ſo geſcheidt wirſt, wie deine
Frau Muhme!“
Wir haben lauter blaue und rothe Regen-
ſchirme gemacht, haben ſie dann in großen Bünden
auf Jahrmärkte getragen und verkauft. Einen gro-
ßen Schirm haben wir über unſere Waare ge-
ſpannt, und die Marktbude iſt fertig geweſen. Und
wenn das Geſchäft ſo gut iſt gegangen, daß wir
letztlich auch die Bude verkauft, ſo ſind wir
allbeide in ein Wirthshaus gegangen, und haben
uns was gut ſein laſſen. Anſonſten aber haben
wir die Waare in Bünden wieder nach Hauſe
getragen und daheim eine warme Suppe ge-
noſſen.
Wie mein Meiſter über die ſiebzig Jahr alt
iſt, wird ihm das blaue und rothe Zwilchtuch
jählings nicht mehr recht; hat müſſen ein ander
Gezelt haben — iſt mir geſtorben. Geſtorben wie
mein Vater.
Ich bin der Erbe geweſen. Zweithalb Dutzend
Schirme ſind da; die pack’ ich eines Tages auf
und trag ſie dem Markte zu. Auf demſelbigen
Markt hab ich Glück gehabt. Er iſt in einem Thal
nicht gar weit von der Stadt. Menſchen in Ueber-
fluß, aber die Wenigſten werden ſich zur Morgen-
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/46>, abgerufen am 06.07.2024.
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