nisse verhüllen sich. Es naht die Charwoche, der würdevolle Palmsonntag, der geheimnißreiche Grün- donnerstag, der düstere, tiefbetrübte Charfreitag, der stille Samstag. In der ernsten Ruhe liegt ein Ahnen und Sehnen und leise mahnt des Profeten Wort: Sein Grab wird herrlich sein! -- Noch einmal verdüstert sich das Gotteshaus, wie Golgatha in der Finsterniß; aber die rothen und grünen Lampen glühen, die Festkerzen strahlen -- da erschallt hell und freudevoll der Ruf: Er ist auferstanden! -- Jetzt klingen die Glocken, klingt die Musik, knallen die Pöller; und die Fahnen wehen, und die Menschenschaar zieht in das Freie, und ihre Lichter flammen in Abenddämmerung hin durch den Wald.
In den Städten haben sie einen noch viel größeren, einen schweren Prunk. Aber wo nehmen sie die Stimmung und wo nehmen sie die wahre, hoffende Freude an der Auferstehung, die in der gläubigen Armut liegt!
Lenzmonat 1831.
Ich hebe bereits an, aus der Erbschaft Bauten aufzuführen. Ich baue mir in Winkelsteg ein großes, schönes Haus, größer, wie der Pfarrhof. Den Plan dazu hab ich schon fertig. Aber ich selber mag darin nicht wohnen, so lang ich, gleichwol so jung
niſſe verhüllen ſich. Es naht die Charwoche, der würdevolle Palmſonntag, der geheimnißreiche Grün- donnerſtag, der düſtere, tiefbetrübte Charfreitag, der ſtille Samſtag. In der ernſten Ruhe liegt ein Ahnen und Sehnen und leiſe mahnt des Profeten Wort: Sein Grab wird herrlich ſein! — Noch einmal verdüſtert ſich das Gotteshaus, wie Golgatha in der Finſterniß; aber die rothen und grünen Lampen glühen, die Feſtkerzen ſtrahlen — da erſchallt hell und freudevoll der Ruf: Er iſt auferſtanden! — Jetzt klingen die Glocken, klingt die Muſik, knallen die Pöller; und die Fahnen wehen, und die Menſchenſchaar zieht in das Freie, und ihre Lichter flammen in Abenddämmerung hin durch den Wald.
In den Städten haben ſie einen noch viel größeren, einen ſchweren Prunk. Aber wo nehmen ſie die Stimmung und wo nehmen ſie die wahre, hoffende Freude an der Auferſtehung, die in der gläubigen Armut liegt!
Lenzmonat 1831.
Ich hebe bereits an, aus der Erbſchaft Bauten aufzuführen. Ich baue mir in Winkelſteg ein großes, ſchönes Haus, größer, wie der Pfarrhof. Den Plan dazu hab ich ſchon fertig. Aber ich ſelber mag darin nicht wohnen, ſo lang ich, gleichwol ſo jung
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niſſe verhüllen ſich. Es naht die Charwoche, der
würdevolle Palmſonntag, der geheimnißreiche Grün-
donnerſtag, der düſtere, tiefbetrübte Charfreitag, der
ſtille Samſtag. In der ernſten Ruhe liegt ein Ahnen
und Sehnen und leiſe mahnt des Profeten Wort:
Sein Grab wird herrlich ſein! — Noch einmal
verdüſtert ſich das Gotteshaus, wie Golgatha in der
Finſterniß; aber die rothen und grünen Lampen
glühen, die Feſtkerzen ſtrahlen — da erſchallt hell
und freudevoll der Ruf: Er iſt auferſtanden! —
Jetzt klingen die Glocken, klingt die Muſik, knallen
die Pöller; und die Fahnen wehen, und die
Menſchenſchaar zieht in das Freie, und ihre Lichter
flammen in Abenddämmerung hin durch den Wald.
In den Städten haben ſie einen noch viel
größeren, einen ſchweren Prunk. Aber wo nehmen
ſie die Stimmung und wo nehmen ſie die wahre,
hoffende Freude an der Auferſtehung, die in der
gläubigen Armut liegt!
Lenzmonat 1831.
Ich hebe bereits an, aus der Erbſchaft Bauten
aufzuführen. Ich baue mir in Winkelſteg ein großes,
ſchönes Haus, größer, wie der Pfarrhof. Den Plan
dazu hab ich ſchon fertig. Aber ich ſelber mag
darin nicht wohnen, ſo lang ich, gleichwol ſo jung
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/356>, abgerufen am 22.11.2024.
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