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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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hoch in der Luft, es ist wahr, und sie musiziren
sogar. Ich hab nit g'wußt, was das bedeut't, und
wer denn da tobt so mit Freud. Die Lämmlein
sein g'sprungen drauf eins nach dem andern auf;
das feiste hat so lieblich plärrt, wie es das Wunder
hat g'hört. Drauf seh ich -- hab g'meint, 's ist
ein' Mähr, kleine Bub'n fliegen in Lüften umher,
wie die Spatzen und die Fledermäus grad, fliegen
sie hin über die Betlehemstadt. -- Ein Engel fliegt
grad auf mich zua, den frag ich: was gibt's denn
heut, Bua? Da schreit er gleich lustig und froh:
Gloria in excelsis Deo! -- Das kunnt ich, mein
Eid nicht verstehn: Geh, Bübel, mußt deutsch mit
mir red'n; ich bin ein armer Hirt in der G'mein,
und die Lämmlein können auch nit latein. -- So
mach sich der Hirt nur geschwind auf und geh Er
nach Betlehem drauf, dort wird er finden ein neu-
gebor'n Kindelein; ja gar ein wunderschön Kind,
liegt zwischen Esel und Rind. Nicht in einem
Königssaal, nur in einem Ochsenstall liegt unser
eing'fatschter Gott, der uns hilft aus aller Noth.
-- Ei, ei, sag ich, Alles recht schön, aber Eins
kann ich doch nicht versteh'n: Was steh'n denn für
bucklige Rösser dabei? Die heilig drei König sein
da alle drei. Guld, Weihrauch und Myrrhen, das
ist nit gar viel für drei solche Männer, wenn
man's nehmen will. Thät' ich ein heilig drei König

hoch in der Luft, es iſt wahr, und ſie muſiziren
ſogar. Ich hab nit g’wußt, was das bedeut’t, und
wer denn da tobt ſo mit Freud. Die Lämmlein
ſein g’ſprungen drauf eins nach dem andern auf;
das feiſte hat ſo lieblich plärrt, wie es das Wunder
hat g’hört. Drauf ſeh ich — hab g’meint, ’s iſt
ein’ Mähr, kleine Bub’n fliegen in Lüften umher,
wie die Spatzen und die Fledermäus grad, fliegen
ſie hin über die Betlehemſtadt. — Ein Engel fliegt
grad auf mich zua, den frag ich: was gibt’s denn
heut, Bua? Da ſchreit er gleich luſtig und froh:
Gloria in excelsis Deo! — Das kunnt ich, mein
Eid nicht verſtehn: Geh, Bübel, mußt deutſch mit
mir red’n; ich bin ein armer Hirt in der G’mein,
und die Lämmlein können auch nit latein. — So
mach ſich der Hirt nur geſchwind auf und geh Er
nach Betlehem drauf, dort wird er finden ein neu-
gebor’n Kindelein; ja gar ein wunderſchön Kind,
liegt zwiſchen Eſel und Rind. Nicht in einem
Königsſaal, nur in einem Ochſenſtall liegt unſer
eing’fatſchter Gott, der uns hilft aus aller Noth.
— Ei, ei, ſag ich, Alles recht ſchön, aber Eins
kann ich doch nicht verſteh’n: Was ſteh’n denn für
bucklige Röſſer dabei? Die heilig drei König ſein
da alle drei. Guld, Weihrauch und Myrrhen, das
iſt nit gar viel für drei ſolche Männer, wenn
man’s nehmen will. Thät’ ich ein heilig drei König

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[336/0346] hoch in der Luft, es iſt wahr, und ſie muſiziren ſogar. Ich hab nit g’wußt, was das bedeut’t, und wer denn da tobt ſo mit Freud. Die Lämmlein ſein g’ſprungen drauf eins nach dem andern auf; das feiſte hat ſo lieblich plärrt, wie es das Wunder hat g’hört. Drauf ſeh ich — hab g’meint, ’s iſt ein’ Mähr, kleine Bub’n fliegen in Lüften umher, wie die Spatzen und die Fledermäus grad, fliegen ſie hin über die Betlehemſtadt. — Ein Engel fliegt grad auf mich zua, den frag ich: was gibt’s denn heut, Bua? Da ſchreit er gleich luſtig und froh: Gloria in excelsis Deo! — Das kunnt ich, mein Eid nicht verſtehn: Geh, Bübel, mußt deutſch mit mir red’n; ich bin ein armer Hirt in der G’mein, und die Lämmlein können auch nit latein. — So mach ſich der Hirt nur geſchwind auf und geh Er nach Betlehem drauf, dort wird er finden ein neu- gebor’n Kindelein; ja gar ein wunderſchön Kind, liegt zwiſchen Eſel und Rind. Nicht in einem Königsſaal, nur in einem Ochſenſtall liegt unſer eing’fatſchter Gott, der uns hilft aus aller Noth. — Ei, ei, ſag ich, Alles recht ſchön, aber Eins kann ich doch nicht verſteh’n: Was ſteh’n denn für bucklige Röſſer dabei? Die heilig drei König ſein da alle drei. Guld, Weihrauch und Myrrhen, das iſt nit gar viel für drei ſolche Männer, wenn man’s nehmen will. Thät’ ich ein heilig drei König

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/346>, abgerufen am 28.07.2024.