es zu nennen. Aber jener Speiker hat es getroffen, als er vor einem Jahre bei der Köhlerhochzeit die Worte gesagt: "Um uns schiert sich kein Pfarrer und kein Herrgott. Dem Elend und dem Teufel sind wir verschrieben. Für uns ist auch ein Hunds- fottleben gut genug; wir sind ja die Winkler!"
Aber der Speiker kann's noch erleben und mein Trinkspruch wird in Erfüllung gehen. Ich bin seit der Hochzeit wieder um ein Jahr jünger geworden. Die Winkelwäldler werden eine Kirche bekommen.
Will ein Volk aus wilder Ursprünglichkeit sich aufbauen zu einer schönen, ebenmäßigen Höhe, so muß der Gottestempel zu dem Baue das Gerüste sein.
Darum beginne ich in den Winkelwäldern mit der Kirche.
Ich habe drängen und dringen müssen. Der Herr von Schrankenheim hat seinen Palast mitten in der Stadt; da schallt zu jedem Fenster eine andere Kirchenglocke herein, und zwischen den Fen- stern auf zierlichen Gestellen prangen hundert Bücher für Herz und Geist. Wer ahnt es da, was in den fernen Wäldern so ein Klang und ein Predigtstuhl bedeutet! Endlich aber hat es der Gutsherr doch eingesehen, und heute sind schon Männer da, um die Baustelle zu prüfen.
Da drüben neben dem Winkelhüterhaus, schnur- gerade vom Steg herauf, der über die Winkel führt,
es zu nennen. Aber jener Speiker hat es getroffen, als er vor einem Jahre bei der Köhlerhochzeit die Worte geſagt: „Um uns ſchiert ſich kein Pfarrer und kein Herrgott. Dem Elend und dem Teufel ſind wir verſchrieben. Für uns iſt auch ein Hunds- fottleben gut genug; wir ſind ja die Winkler!“
Aber der Speiker kann’s noch erleben und mein Trinkſpruch wird in Erfüllung gehen. Ich bin ſeit der Hochzeit wieder um ein Jahr jünger geworden. Die Winkelwäldler werden eine Kirche bekommen.
Will ein Volk aus wilder Urſprünglichkeit ſich aufbauen zu einer ſchönen, ebenmäßigen Höhe, ſo muß der Gottestempel zu dem Baue das Gerüſte ſein.
Darum beginne ich in den Winkelwäldern mit der Kirche.
Ich habe drängen und dringen müſſen. Der Herr von Schrankenheim hat ſeinen Palaſt mitten in der Stadt; da ſchallt zu jedem Fenſter eine andere Kirchenglocke herein, und zwiſchen den Fen- ſtern auf zierlichen Geſtellen prangen hundert Bücher für Herz und Geiſt. Wer ahnt es da, was in den fernen Wäldern ſo ein Klang und ein Predigtſtuhl bedeutet! Endlich aber hat es der Gutsherr doch eingeſehen, und heute ſind ſchon Männer da, um die Bauſtelle zu prüfen.
Da drüben neben dem Winkelhüterhaus, ſchnur- gerade vom Steg herauf, der über die Winkel führt,
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es zu nennen. Aber jener Speiker hat es getroffen,
als er vor einem Jahre bei der Köhlerhochzeit die
Worte geſagt: „Um uns ſchiert ſich kein Pfarrer
und kein Herrgott. Dem Elend und dem Teufel
ſind wir verſchrieben. Für uns iſt auch ein Hunds-
fottleben gut genug; wir ſind ja die Winkler!“
Aber der Speiker kann’s noch erleben und mein
Trinkſpruch wird in Erfüllung gehen. Ich bin ſeit
der Hochzeit wieder um ein Jahr jünger geworden.
Die Winkelwäldler werden eine Kirche bekommen.
Will ein Volk aus wilder Urſprünglichkeit ſich
aufbauen zu einer ſchönen, ebenmäßigen Höhe, ſo
muß der Gottestempel zu dem Baue das Gerüſte ſein.
Darum beginne ich in den Winkelwäldern mit
der Kirche.
Ich habe drängen und dringen müſſen. Der
Herr von Schrankenheim hat ſeinen Palaſt mitten
in der Stadt; da ſchallt zu jedem Fenſter eine
andere Kirchenglocke herein, und zwiſchen den Fen-
ſtern auf zierlichen Geſtellen prangen hundert Bücher
für Herz und Geiſt. Wer ahnt es da, was in den
fernen Wäldern ſo ein Klang und ein Predigtſtuhl
bedeutet! Endlich aber hat es der Gutsherr doch
eingeſehen, und heute ſind ſchon Männer da, um
die Bauſtelle zu prüfen.
Da drüben neben dem Winkelhüterhaus, ſchnur-
gerade vom Steg herauf, der über die Winkel führt,
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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/190>, abgerufen am 04.05.2024.
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