Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und be- ginnt in den Kleidungsstücken und anderen Geräthen herumzukramen. Ich glaube, sie hat den Pathen- groschen gesucht.
Der Köhler im Winkel aber wäscht und reibt sich. Mehrmals wechselt er das Wasser, und immer wird es schier schwarz wie Dinte. Endlich aber bleibt es nur grau, da läßt der Ruß-Bartelmei ab und trocknet sich; dann kleidet er sich an, setzt sich auf die Thürschwelle, und aufathmend sagt er: "Ja, Leut', die eine Haut hätt' ich jetzt herunter und die andere ist noch ein wenig oben."
Dieselbe aber, die noch ein wenig oben, ist sehr roth geworden, ist stellenweise gar noch ein bischen braun, und es soll doch immer noch der Ruß-Bartelmei sein, der morgen seiner Schwester zur Hochzeit geht.
Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht in der Hütte bleibe und die Braut setzt mir gast- lich eine Eierspeise vor, weil ich der "gelehrte Mann," der, käme die Zeit und hätten die Kinder einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.
Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abend- ruh' aufgetrieben; da kommen sie nun zu mir auf das Tischchen und machen hohe Krägen über den Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen sie zuletzt gar ihre Eier wieder zurückhaben?
11*
Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und be- ginnt in den Kleidungsſtücken und anderen Geräthen herumzukramen. Ich glaube, ſie hat den Pathen- groſchen geſucht.
Der Köhler im Winkel aber wäſcht und reibt ſich. Mehrmals wechſelt er das Waſſer, und immer wird es ſchier ſchwarz wie Dinte. Endlich aber bleibt es nur grau, da läßt der Ruß-Bartelmei ab und trocknet ſich; dann kleidet er ſich an, ſetzt ſich auf die Thürſchwelle, und aufathmend ſagt er: „Ja, Leut’, die eine Haut hätt’ ich jetzt herunter und die andere iſt noch ein wenig oben.“
Dieſelbe aber, die noch ein wenig oben, iſt ſehr roth geworden, iſt ſtellenweiſe gar noch ein bischen braun, und es ſoll doch immer noch der Ruß-Bartelmei ſein, der morgen ſeiner Schweſter zur Hochzeit geht.
Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht in der Hütte bleibe und die Braut ſetzt mir gaſt- lich eine Eierſpeiſe vor, weil ich der „gelehrte Mann,“ der, käme die Zeit und hätten die Kinder einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.
Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abend- ruh’ aufgetrieben; da kommen ſie nun zu mir auf das Tiſchchen und machen hohe Krägen über den Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen ſie zuletzt gar ihre Eier wieder zurückhaben?
11*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0173"n="163"/><p>Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und be-<lb/>
ginnt in den Kleidungsſtücken und anderen Geräthen<lb/>
herumzukramen. Ich glaube, ſie hat den Pathen-<lb/>
groſchen geſucht.</p><lb/><p>Der Köhler im Winkel aber wäſcht und reibt<lb/>ſich. Mehrmals wechſelt er das Waſſer, und immer<lb/>
wird es ſchier ſchwarz wie Dinte. Endlich aber<lb/>
bleibt es nur grau, da läßt der Ruß-Bartelmei ab<lb/>
und trocknet ſich; dann kleidet er ſich an, ſetzt ſich<lb/>
auf die Thürſchwelle, und aufathmend ſagt er:<lb/>„Ja, Leut’, die eine Haut hätt’ ich jetzt herunter<lb/>
und die andere iſt noch ein wenig oben.“</p><lb/><p>Dieſelbe aber, die noch ein wenig oben, iſt<lb/>ſehr roth geworden, iſt ſtellenweiſe gar noch ein<lb/>
bischen braun, und es ſoll doch immer noch der<lb/>
Ruß-Bartelmei ſein, der morgen ſeiner Schweſter<lb/>
zur Hochzeit geht.</p><lb/><p>Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht<lb/>
in der Hütte bleibe und die Braut ſetzt mir gaſt-<lb/>
lich eine Eierſpeiſe vor, weil ich der „gelehrte<lb/>
Mann,“ der, käme die Zeit und hätten die Kinder<lb/>
einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.</p><lb/><p>Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abend-<lb/>
ruh’ aufgetrieben; da kommen ſie nun zu mir auf<lb/>
das Tiſchchen und machen hohe Krägen über den<lb/>
Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen ſie<lb/>
zuletzt gar ihre Eier wieder zurückhaben?</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">11*</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[163/0173]
Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und be-
ginnt in den Kleidungsſtücken und anderen Geräthen
herumzukramen. Ich glaube, ſie hat den Pathen-
groſchen geſucht.
Der Köhler im Winkel aber wäſcht und reibt
ſich. Mehrmals wechſelt er das Waſſer, und immer
wird es ſchier ſchwarz wie Dinte. Endlich aber
bleibt es nur grau, da läßt der Ruß-Bartelmei ab
und trocknet ſich; dann kleidet er ſich an, ſetzt ſich
auf die Thürſchwelle, und aufathmend ſagt er:
„Ja, Leut’, die eine Haut hätt’ ich jetzt herunter
und die andere iſt noch ein wenig oben.“
Dieſelbe aber, die noch ein wenig oben, iſt
ſehr roth geworden, iſt ſtellenweiſe gar noch ein
bischen braun, und es ſoll doch immer noch der
Ruß-Bartelmei ſein, der morgen ſeiner Schweſter
zur Hochzeit geht.
Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht
in der Hütte bleibe und die Braut ſetzt mir gaſt-
lich eine Eierſpeiſe vor, weil ich der „gelehrte
Mann,“ der, käme die Zeit und hätten die Kinder
einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.
Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abend-
ruh’ aufgetrieben; da kommen ſie nun zu mir auf
das Tiſchchen und machen hohe Krägen über den
Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen ſie
zuletzt gar ihre Eier wieder zurückhaben?
11*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/173>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.