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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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allein machen sie es schon deswegen nicht, weil --
weil's völlig so ausschaut, wie wenn ich der Bräu-
tigam wär'."

Dieses Wort gehört, bin ich stillgestanden, hab
den Burschen eine Weile angestarrt und gedacht,
wie das böse wäre, wenn unten die Braut und
die ganze Hochzeit harren und harren thäten, und
der Bräutigam steckt oben im Rauchfenster der
Sennhütte.

Der junge Mann hat mich hierauf höflich zu
seinem Ehrentag eingeladen. Er hat mich getreulich
geführt; wir sind hinabgestiegen durch den finsteren
Wald, bis zum engen Thale des Winkelegg.

Ein Berg von ausgeschälten Holzblöcken liegt
da; das ist der Winkelegger Wald, der auf einer
langen Riese Stamm an Stamm herangerutscht
gekommen ist. Neben dem Holzhaufen stehen die
drei schwarzen, großmächtigen Betten der Meiler,
über denen langsam und still milchweißer Rauch
emporqualmt zu den Kronen der Schirmtannen
und zum nächtlichen Herbsthimmel.

Der Holzmeistersohn von den Lautergräben
hat mich genöthigt, mit ihm in die Klause zu
treten, die unter den Schirmtannen steht. In der
Klause sind drei Menschen, zwei Hühner, eine
Katze und die Herdflamme. Sonst habe ich kein
lebendiges Wesen gesehen.


allein machen ſie es ſchon deswegen nicht, weil —
weil’s völlig ſo ausſchaut, wie wenn ich der Bräu-
tigam wär’.“

Dieſes Wort gehört, bin ich ſtillgeſtanden, hab
den Burſchen eine Weile angeſtarrt und gedacht,
wie das böſe wäre, wenn unten die Braut und
die ganze Hochzeit harren und harren thäten, und
der Bräutigam ſteckt oben im Rauchfenſter der
Sennhütte.

Der junge Mann hat mich hierauf höflich zu
ſeinem Ehrentag eingeladen. Er hat mich getreulich
geführt; wir ſind hinabgeſtiegen durch den finſteren
Wald, bis zum engen Thale des Winkelegg.

Ein Berg von ausgeſchälten Holzblöcken liegt
da; das iſt der Winkelegger Wald, der auf einer
langen Rieſe Stamm an Stamm herangerutſcht
gekommen iſt. Neben dem Holzhaufen ſtehen die
drei ſchwarzen, großmächtigen Betten der Meiler,
über denen langſam und ſtill milchweißer Rauch
emporqualmt zu den Kronen der Schirmtannen
und zum nächtlichen Herbſthimmel.

Der Holzmeiſterſohn von den Lautergräben
hat mich genöthigt, mit ihm in die Klauſe zu
treten, die unter den Schirmtannen ſteht. In der
Klauſe ſind drei Menſchen, zwei Hühner, eine
Katze und die Herdflamme. Sonſt habe ich kein
lebendiges Weſen geſehen.


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[159/0169] allein machen ſie es ſchon deswegen nicht, weil — weil’s völlig ſo ausſchaut, wie wenn ich der Bräu- tigam wär’.“ Dieſes Wort gehört, bin ich ſtillgeſtanden, hab den Burſchen eine Weile angeſtarrt und gedacht, wie das böſe wäre, wenn unten die Braut und die ganze Hochzeit harren und harren thäten, und der Bräutigam ſteckt oben im Rauchfenſter der Sennhütte. Der junge Mann hat mich hierauf höflich zu ſeinem Ehrentag eingeladen. Er hat mich getreulich geführt; wir ſind hinabgeſtiegen durch den finſteren Wald, bis zum engen Thale des Winkelegg. Ein Berg von ausgeſchälten Holzblöcken liegt da; das iſt der Winkelegger Wald, der auf einer langen Rieſe Stamm an Stamm herangerutſcht gekommen iſt. Neben dem Holzhaufen ſtehen die drei ſchwarzen, großmächtigen Betten der Meiler, über denen langſam und ſtill milchweißer Rauch emporqualmt zu den Kronen der Schirmtannen und zum nächtlichen Herbſthimmel. Der Holzmeiſterſohn von den Lautergräben hat mich genöthigt, mit ihm in die Klauſe zu treten, die unter den Schirmtannen ſteht. In der Klauſe ſind drei Menſchen, zwei Hühner, eine Katze und die Herdflamme. Sonſt habe ich kein lebendiges Weſen geſehen.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/169>, abgerufen am 04.05.2024.