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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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145 Werste südlich von Kasan (Breite 57° 59' 20"), N002
auch auf dem linken Wolga-Ufer, liegen die merk- N003
würdigen Ruinen von Bulghar, der Hauptstadt der alten N004
Wolga-Bulgharen, die als die grössten und ältesten N005
Ruinen, die sich in Russland befinden, wir nicht un- N006
besucht lassen durften. Wir schifften uns deshalb den N007
Mittag des 5ten Juni auf einem der Wachtschiffe, welche N008
die Wolga auf und niederfahren, mit dem Grafen Polier N009
ein, nahmen aber unsere Wagen, die auf ein anderes N010
Boot geladen wurden, mit, um zu Lande zurückkehren N011
zu können, da die Rückkehr auf der Wolga, strom- N012
aufwärts zu lange gedauert haben würde. Wir fuhren N013
zuerst die Kasanka hinab bis zur Wolga, wo wir noch N014
den herrlichsten Blick auf die Stadt hatten, die sich N015
an dem Abhange der Höhen höchst malerisch erhebt, N016
und die Wolga gewährte uns nun wieder dieselbe N017
angenehme Fahrt wie früher. Der grosse Strom war N018
noch wie früher von den grossen Wolgaschiffen be- N019
fahren, aber der ihnen günstige Wind hatte sich ge- N020
legt, daher sie alle ihre Segel eingezogen hatten. Sie N021
mussten nun stromaufwärts gezogen werden, was auf N022
die gewöhnliche Weise nicht geschehen kann, da an N023
dem hohen steilen Ufer der Wolga kein Leinpfad vor- N024
handen ist, sondern durch eine, am Vordertheil des N025
Schiffes angebrachte Winde bewerkstelligt wird, mit- N026
telst welcher sich die Schiffsmannschaft zu Ankern N027
heranzieht, die auf einem besondern Boote vorausge- N028
führt und in gewissen Entfernungen von dem Schiffe N029
ausgeworfen werden. Wir sahen diese mühsame Arbeit N030
bei allen den Schiffen, bei denen wir vorüberfuhren, N031
aber auch wir hatten keinen Wind; wir konnten nur N032
mit Rudern vorwärts kommen, und brauchten auf diese N033
Weise zu unserer Fahrt den Nachmittag, die Nacht N034
und den Vormittag des folgenden Tages.

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Erst gegen Mittag landeten wir. An dem Ufer N002
erwarteten uns schon die Bauern des Russischen Dor- N003
fes Bolgarü mit ihren Pferden, die bestellt waren uns

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145 Werste südlich von Kasan (Breite 57° 59' 20"), N002
auch auf dem linken Wolga-Ufer, liegen die merk- N003
würdigen Ruinen von Bulghar, der Hauptstadt der alten N004
Wolga-Bulgharen, die als die grössten und ältesten N005
Ruinen, die sich in Russland befinden, wir nicht un- N006
besucht lassen durften. Wir schifften uns deshalb den N007
Mittag des 5ten Juni auf einem der Wachtschiffe, welche N008
die Wolga auf und niederfahren, mit dem Grafen Polier N009
ein, nahmen aber unsere Wagen, die auf ein anderes N010
Boot geladen wurden, mit, um zu Lande zurückkehren N011
zu können, da die Rückkehr auf der Wolga, strom- N012
aufwärts zu lange gedauert haben würde. Wir fuhren N013
zuerst die Kasanka hinab bis zur Wolga, wo wir noch N014
den herrlichsten Blick auf die Stadt hatten, die sich N015
an dem Abhange der Höhen höchst malerisch erhebt, N016
und die Wolga gewährte uns nun wieder dieselbe N017
angenehme Fahrt wie früher. Der grosse Strom war N018
noch wie früher von den grossen Wolgaschiffen be- N019
fahren, aber der ihnen günstige Wind hatte sich ge- N020
legt, daher sie alle ihre Segel eingezogen hatten. Sie N021
mussten nun stromaufwärts gezogen werden, was auf N022
die gewöhnliche Weise nicht geschehen kann, da an N023
dem hohen steilen Ufer der Wolga kein Leinpfad vor- N024
handen ist, sondern durch eine, am Vordertheil des N025
Schiffes angebrachte Winde bewerkstelligt wird, mit- N026
telst welcher sich die Schiffsmannschaft zu Ankern N027
heranzieht, die auf einem besondern Boote vorausge- N028
führt und in gewissen Entfernungen von dem Schiffe N029
ausgeworfen werden. Wir sahen diese mühsame Arbeit N030
bei allen den Schiffen, bei denen wir vorüberfuhren, N031
aber auch wir hatten keinen Wind; wir konnten nur N032
mit Rudern vorwärts kommen, und brauchten auf diese N033
Weise zu unserer Fahrt den Nachmittag, die Nacht N034
und den Vormittag des folgenden Tages.

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Erst gegen Mittag landeten wir. An dem Ufer N002
erwarteten uns schon die Bauern des Russischen Dor- N003
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[96/0130] N001 145 Werste südlich von Kasan (Breite 57° 59' 20"), N002 auch auf dem linken Wolga-Ufer, liegen die merk- N003 würdigen Ruinen von Bulghar, der Hauptstadt der alten N004 Wolga-Bulgharen, die als die grössten und ältesten N005 Ruinen, die sich in Russland befinden, wir nicht un- N006 besucht lassen durften. Wir schifften uns deshalb den N007 Mittag des 5ten Juni auf einem der Wachtschiffe, welche N008 die Wolga auf und niederfahren, mit dem Grafen Polier N009 ein, nahmen aber unsere Wagen, die auf ein anderes N010 Boot geladen wurden, mit, um zu Lande zurückkehren N011 zu können, da die Rückkehr auf der Wolga, strom- N012 aufwärts zu lange gedauert haben würde. Wir fuhren N013 zuerst die Kasanka hinab bis zur Wolga, wo wir noch N014 den herrlichsten Blick auf die Stadt hatten, die sich N015 an dem Abhange der Höhen höchst malerisch erhebt, N016 und die Wolga gewährte uns nun wieder dieselbe N017 angenehme Fahrt wie früher. Der grosse Strom war N018 noch wie früher von den grossen Wolgaschiffen be- N019 fahren, aber der ihnen günstige Wind hatte sich ge- N020 legt, daher sie alle ihre Segel eingezogen hatten. Sie N021 mussten nun stromaufwärts gezogen werden, was auf N022 die gewöhnliche Weise nicht geschehen kann, da an N023 dem hohen steilen Ufer der Wolga kein Leinpfad vor- N024 handen ist, sondern durch eine, am Vordertheil des N025 Schiffes angebrachte Winde bewerkstelligt wird, mit- N026 telst welcher sich die Schiffsmannschaft zu Ankern N027 heranzieht, die auf einem besondern Boote vorausge- N028 führt und in gewissen Entfernungen von dem Schiffe N029 ausgeworfen werden. Wir sahen diese mühsame Arbeit N030 bei allen den Schiffen, bei denen wir vorüberfuhren, N031 aber auch wir hatten keinen Wind; wir konnten nur N032 mit Rudern vorwärts kommen, und brauchten auf diese N033 Weise zu unserer Fahrt den Nachmittag, die Nacht N034 und den Vormittag des folgenden Tages. N001 Erst gegen Mittag landeten wir. An dem Ufer N002 erwarteten uns schon die Bauern des Russischen Dor- N003 fes Bolgarü mit ihren Pferden, die bestellt waren uns

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/130>, abgerufen am 22.11.2024.