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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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offene. -- Nun, dann mag der Strauß für uns Beide sein! rief ich so unbefangen als möglich. Wir wollen ihn in dein Zimmer stellen, hier, wo ich schlafe, würde mich der starke Blumenduft stören.

Franz nahm den Strauß und sagte mir gute Nacht. Kaum hatte er die Thür seiner Stube geschlossen, als ich leise Tritte und gleich darauf ein Pochen an der meinigen vernahm. Das mußte Kascha sein. Richtig. Behutsam öffnete sie und fragte, ob sie noch eintreten dürfe. Komm nur, Kascha, sagte ich, du hast mir dein Herz wieder auszuschütten, also rede!

Ein rascher Blick nach dem Tische zeigte ihr, daß die Blumen fehlten. Hat er sie doch mitgenommen? rief sie mit höchst vergnügtem Gesicht. Natürlich sind sie für ihn, ich sagte es ihm gleich, aber er wurde ordentlich böse und stellte sie hier herein.

Sage mir nur, Kascha, war es denn wirklich die Marie? -- Versteht sich; ich habe sie ja gesprochen. Aber daß sie schon am Fenster gewesen war, wußte ich nicht. Kurz, ich stehe im Garten bei meinen Bohnen, da sehe ich was vorbeischleichen. Sogleich erkenn' ich auch das Mädchen und rufe ihr zu: Marie, wohin so eilig? Bleib doch hier, mein Kind! -- Ich ging ihr schnell nach, und da stand sie feuerroth im Gesicht, weil ich sie ertappt hatte. Na, dacht' ich, du willst erst gar nicht fragen, warum sie hier ist, und sagte: Das ist schön, daß du mich einmal besuchst. Komm in den Garten, mein Sohn ist nicht zu Hause. Sie machte Umstände,

offene. — Nun, dann mag der Strauß für uns Beide sein! rief ich so unbefangen als möglich. Wir wollen ihn in dein Zimmer stellen, hier, wo ich schlafe, würde mich der starke Blumenduft stören.

Franz nahm den Strauß und sagte mir gute Nacht. Kaum hatte er die Thür seiner Stube geschlossen, als ich leise Tritte und gleich darauf ein Pochen an der meinigen vernahm. Das mußte Kascha sein. Richtig. Behutsam öffnete sie und fragte, ob sie noch eintreten dürfe. Komm nur, Kascha, sagte ich, du hast mir dein Herz wieder auszuschütten, also rede!

Ein rascher Blick nach dem Tische zeigte ihr, daß die Blumen fehlten. Hat er sie doch mitgenommen? rief sie mit höchst vergnügtem Gesicht. Natürlich sind sie für ihn, ich sagte es ihm gleich, aber er wurde ordentlich böse und stellte sie hier herein.

Sage mir nur, Kascha, war es denn wirklich die Marie? — Versteht sich; ich habe sie ja gesprochen. Aber daß sie schon am Fenster gewesen war, wußte ich nicht. Kurz, ich stehe im Garten bei meinen Bohnen, da sehe ich was vorbeischleichen. Sogleich erkenn' ich auch das Mädchen und rufe ihr zu: Marie, wohin so eilig? Bleib doch hier, mein Kind! — Ich ging ihr schnell nach, und da stand sie feuerroth im Gesicht, weil ich sie ertappt hatte. Na, dacht' ich, du willst erst gar nicht fragen, warum sie hier ist, und sagte: Das ist schön, daß du mich einmal besuchst. Komm in den Garten, mein Sohn ist nicht zu Hause. Sie machte Umstände,

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[0087] offene. — Nun, dann mag der Strauß für uns Beide sein! rief ich so unbefangen als möglich. Wir wollen ihn in dein Zimmer stellen, hier, wo ich schlafe, würde mich der starke Blumenduft stören. Franz nahm den Strauß und sagte mir gute Nacht. Kaum hatte er die Thür seiner Stube geschlossen, als ich leise Tritte und gleich darauf ein Pochen an der meinigen vernahm. Das mußte Kascha sein. Richtig. Behutsam öffnete sie und fragte, ob sie noch eintreten dürfe. Komm nur, Kascha, sagte ich, du hast mir dein Herz wieder auszuschütten, also rede! Ein rascher Blick nach dem Tische zeigte ihr, daß die Blumen fehlten. Hat er sie doch mitgenommen? rief sie mit höchst vergnügtem Gesicht. Natürlich sind sie für ihn, ich sagte es ihm gleich, aber er wurde ordentlich böse und stellte sie hier herein. Sage mir nur, Kascha, war es denn wirklich die Marie? — Versteht sich; ich habe sie ja gesprochen. Aber daß sie schon am Fenster gewesen war, wußte ich nicht. Kurz, ich stehe im Garten bei meinen Bohnen, da sehe ich was vorbeischleichen. Sogleich erkenn' ich auch das Mädchen und rufe ihr zu: Marie, wohin so eilig? Bleib doch hier, mein Kind! — Ich ging ihr schnell nach, und da stand sie feuerroth im Gesicht, weil ich sie ertappt hatte. Na, dacht' ich, du willst erst gar nicht fragen, warum sie hier ist, und sagte: Das ist schön, daß du mich einmal besuchst. Komm in den Garten, mein Sohn ist nicht zu Hause. Sie machte Umstände,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:15:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:15:33Z)

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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/87>, abgerufen am 04.05.2024.