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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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auch sie hatte mich zuletzt als den glücklichen Gatten gesehen. Franz führte uns in sein Schulhaus ein. Aber so sehr er auch strebte, mich von den wieder erwachenden Gedanken des Kummers abzuziehen, seine Mutter arbeitete ihm entgegen. Sie konnte nicht ruhen, mich über die ganze Leidenszeit auszufragen, über meinen jungen Knaben, meine Familie, und so wurde durch ihren gutmüthigen Antheil die kaum geschlossene Schmerzenswunde heut lebhafter wieder geöffnet. Victor fühlte sich sehr unbehaglich dabei. Er versuchte durch ein Paar scherzhafte Wendungen unsere Unterhaltung gewaltsam in eine andere Bahn zu bringen, doch mißlang es ihm, und er erntete nur strafende Blicke von Kascha. Franz wußte ihn endlich in ein besonderes Gespräch zu ziehen und überließ mich seiner Mutter. Sie forderte mich auf, mit ihr das für mich bereitete Zimmer zu mustern, ob auch Alles darin nach meiner Bequemlichkeit sei. Ich sprach ihr meine Zufriedenheit mit der Einrichtung aus, so sehr sie sich auch beklagte, daß nicht Alles so sein könne, als ich es zu Hause gewohnt sei.

Plötzlich setzte sie sich nieder. Ernstchen, begann sie, Das mit dem Franz haben Sie auch wohl schon gemerkt? (Sie nannte mich bald du und Ernstchen, bald Sie und Herr Ernst.) -- Ich fragte verwundert, was sie meine? -- Na, Sie waren ja heut den ganzen Tag mit ihm und den Leuten bei-- Ich verstand noch immer nicht. Sie hatte, wie ich wohl merlte, ein Geheimniß auf der Seele,

auch sie hatte mich zuletzt als den glücklichen Gatten gesehen. Franz führte uns in sein Schulhaus ein. Aber so sehr er auch strebte, mich von den wieder erwachenden Gedanken des Kummers abzuziehen, seine Mutter arbeitete ihm entgegen. Sie konnte nicht ruhen, mich über die ganze Leidenszeit auszufragen, über meinen jungen Knaben, meine Familie, und so wurde durch ihren gutmüthigen Antheil die kaum geschlossene Schmerzenswunde heut lebhafter wieder geöffnet. Victor fühlte sich sehr unbehaglich dabei. Er versuchte durch ein Paar scherzhafte Wendungen unsere Unterhaltung gewaltsam in eine andere Bahn zu bringen, doch mißlang es ihm, und er erntete nur strafende Blicke von Kascha. Franz wußte ihn endlich in ein besonderes Gespräch zu ziehen und überließ mich seiner Mutter. Sie forderte mich auf, mit ihr das für mich bereitete Zimmer zu mustern, ob auch Alles darin nach meiner Bequemlichkeit sei. Ich sprach ihr meine Zufriedenheit mit der Einrichtung aus, so sehr sie sich auch beklagte, daß nicht Alles so sein könne, als ich es zu Hause gewohnt sei.

Plötzlich setzte sie sich nieder. Ernstchen, begann sie, Das mit dem Franz haben Sie auch wohl schon gemerkt? (Sie nannte mich bald du und Ernstchen, bald Sie und Herr Ernst.) — Ich fragte verwundert, was sie meine? — Na, Sie waren ja heut den ganzen Tag mit ihm und den Leuten bei— Ich verstand noch immer nicht. Sie hatte, wie ich wohl merlte, ein Geheimniß auf der Seele,

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[0048] auch sie hatte mich zuletzt als den glücklichen Gatten gesehen. Franz führte uns in sein Schulhaus ein. Aber so sehr er auch strebte, mich von den wieder erwachenden Gedanken des Kummers abzuziehen, seine Mutter arbeitete ihm entgegen. Sie konnte nicht ruhen, mich über die ganze Leidenszeit auszufragen, über meinen jungen Knaben, meine Familie, und so wurde durch ihren gutmüthigen Antheil die kaum geschlossene Schmerzenswunde heut lebhafter wieder geöffnet. Victor fühlte sich sehr unbehaglich dabei. Er versuchte durch ein Paar scherzhafte Wendungen unsere Unterhaltung gewaltsam in eine andere Bahn zu bringen, doch mißlang es ihm, und er erntete nur strafende Blicke von Kascha. Franz wußte ihn endlich in ein besonderes Gespräch zu ziehen und überließ mich seiner Mutter. Sie forderte mich auf, mit ihr das für mich bereitete Zimmer zu mustern, ob auch Alles darin nach meiner Bequemlichkeit sei. Ich sprach ihr meine Zufriedenheit mit der Einrichtung aus, so sehr sie sich auch beklagte, daß nicht Alles so sein könne, als ich es zu Hause gewohnt sei. Plötzlich setzte sie sich nieder. Ernstchen, begann sie, Das mit dem Franz haben Sie auch wohl schon gemerkt? (Sie nannte mich bald du und Ernstchen, bald Sie und Herr Ernst.) — Ich fragte verwundert, was sie meine? — Na, Sie waren ja heut den ganzen Tag mit ihm und den Leuten bei— Ich verstand noch immer nicht. Sie hatte, wie ich wohl merlte, ein Geheimniß auf der Seele,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:15:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:15:33Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/48>, abgerufen am 24.11.2024.