Capacität besitzen, und denen es sonst am Fleis- se und andern einem rechtschaffenen Bedienten nöthigen Eigenschafften zu fehlen pfleget.
§. 35. Es ist nicht wohl gethan, ein wichti- ges Amt einem solchen anzuvertrauen, welcher in seinen eigenen Sitten und Hauß-Geschäff- ten unordentlich ist. Denn nachdem er sein ei- gen Interesse, welches man als den Probier- Stein seiner Geschicklichkeit betrachten soll, so schlecht beobachtet, wie kan man wohl in Herr- schafftlichen Verrichtungen eine bessere Auf- führung und grössere Geschicklichkeit von ihm erwarten. Gewißlich, eine allzugrosse Nei- gung zum Spiel, zur Schwelgerey und andern nichts nützenden Zeitvertreib schickt sich gar schlecht zu demjenigen Fleiß und Aufmercksam- keit, so zu denen Geschäfften erfordert wird, immassen es gar schwer ist, daß diejenigen, wel- che sich durch solche Zuneigung einnehmen las- sen, allen Pflichten ihres Amtes ein Genügen zu thun vermögend sind, ja es geschiehet wohl gar bißweilen, daß ihre Treue in harte Versuchung gesetzt wird, um nur ihre unordentlichen Be- gierden zu vergnügen.
§. 36. Es müssen die Officianten und Be- amten die Unterthanen und andere, wenn sie et- was bey ihnen suchen, und sich einigen Raths erhohlen, oder eine Resolution auswürcken
wollen,
Capacitaͤt beſitzen, und denen es ſonſt am Fleiſ- ſe und andern einem rechtſchaffenen Bedienten noͤthigen Eigenſchafften zu fehlen pfleget.
§. 35. Es iſt nicht wohl gethan, ein wichti- ges Amt einem ſolchen anzuvertrauen, welcher in ſeinen eigenen Sitten und Hauß-Geſchaͤff- ten unordentlich iſt. Denn nachdem er ſein ei- gen Intereſſe, welches man als den Probier- Stein ſeiner Geſchicklichkeit betrachten ſoll, ſo ſchlecht beobachtet, wie kan man wohl in Herr- ſchafftlichen Verrichtungen eine beſſere Auf- fuͤhrung und groͤſſere Geſchicklichkeit von ihm erwarten. Gewißlich, eine allzugroſſe Nei- gung zum Spiel, zur Schwelgerey und andern nichts nuͤtzenden Zeitvertreib ſchickt ſich gar ſchlecht zu demjenigen Fleiß und Aufmerckſam- keit, ſo zu denen Geſchaͤfften erfordert wird, immaſſen es gar ſchwer iſt, daß diejenigen, wel- che ſich durch ſolche Zuneigung einnehmen laſ- ſen, allen Pflichten ihres Amtes ein Genuͤgen zu thun vermoͤgend ſind, ja es geſchiehet wohl gar bißweilen, daß ihre Treue in harte Verſuchung geſetzt wird, um nur ihre unordentlichen Be- gierden zu vergnuͤgen.
§. 36. Es muͤſſen die Officianten und Be- amten die Unterthanen und andere, wenn ſie et- was bey ihnen ſuchen, und ſich einigen Raths erhohlen, oder eine Reſolution auswuͤrcken
wollen,
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Capacitaͤt beſitzen, und denen es ſonſt am Fleiſ-
ſe und andern einem rechtſchaffenen Bedienten
noͤthigen Eigenſchafften zu fehlen pfleget.
§. 35. Es iſt nicht wohl gethan, ein wichti-
ges Amt einem ſolchen anzuvertrauen, welcher
in ſeinen eigenen Sitten und Hauß-Geſchaͤff-
ten unordentlich iſt. Denn nachdem er ſein ei-
gen Intereſſe, welches man als den Probier-
Stein ſeiner Geſchicklichkeit betrachten ſoll, ſo
ſchlecht beobachtet, wie kan man wohl in Herr-
ſchafftlichen Verrichtungen eine beſſere Auf-
fuͤhrung und groͤſſere Geſchicklichkeit von ihm
erwarten. Gewißlich, eine allzugroſſe Nei-
gung zum Spiel, zur Schwelgerey und andern
nichts nuͤtzenden Zeitvertreib ſchickt ſich gar
ſchlecht zu demjenigen Fleiß und Aufmerckſam-
keit, ſo zu denen Geſchaͤfften erfordert wird,
immaſſen es gar ſchwer iſt, daß diejenigen, wel-
che ſich durch ſolche Zuneigung einnehmen laſ-
ſen, allen Pflichten ihres Amtes ein Genuͤgen zu
thun vermoͤgend ſind, ja es geſchiehet wohl gar
bißweilen, daß ihre Treue in harte Verſuchung
geſetzt wird, um nur ihre unordentlichen Be-
gierden zu vergnuͤgen.
§. 36. Es muͤſſen die Officianten und Be-
amten die Unterthanen und andere, wenn ſie et-
was bey ihnen ſuchen, und ſich einigen Raths
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 818. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/838>, abgerufen am 23.11.2024.
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